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NBA - David Robinson im Interview: "Für mich war Trash-Talk ein Zeichen von Schwäche"

Von DAZN/SPOX
David Robinson lieferte sich in den 90ern unter anderem mit Hakeem Olajuwon hitzige Duelle.
© getty

David Robinson gehört zu den größten NBA-Legenden der 90er Jahre und gewann neben zwei Meisterschaften 1995 auch den MVP-Award. DAZN und SPOX trafen den früheren Spurs-Center zum großen Interview vor dem Saisonstart.

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Robinson sprach dabei über die Änderungen bei seiner alten Franchise, die vielleicht letzte Saison von Dirk Nowitzki sowie die Unterschiede zwischen der heutigen Zeit und den 90ern. Außerdem: Warum der Wechsel von LeBron James nach L.A. keine große Bedeutung für die Liga hat.

DAZN/SPOX: Mr. Robinson, wir müssen mit den Spurs beginnen. Ihr altes Team hat sich über den Sommer sehr verändert. Was erwarten Sie von den Spurs im kommenden Jahr?

David Robinson: Es ist auf jeden Fall ein ganz anderes Team. Ich persönlich bin wohl einer der traurigsten Leute deswegen, weil all meine Freunde nicht mehr da sind. (lacht) Alle Spieler, mit denen ich noch zusammengespielt habe, sind weg. Daher wird alles anders sein. Trotzdem gefällt mir das Team - ein großartiger Coach wie Pop ist für sich schon viel wert, dazu hast du etablierte Veteranen wie Patty Mills und LaMarcus Aldridge, die das System schon gut kennen. LaMarcus war letztes Jahr fantastisch. Und jetzt kommt noch ein DeMar DeRozan dazu, der ebenfalls extrem talentiert ist und Plays am Ende des Spiels machen kann. Für mich ist das immer noch eins der sechs oder sieben besten Teams der Liga, das sogar den Titel holen könnte, wenn alles richtig läuft.

DAZN/SPOX: Das größte Thema der Offseason war wohl der Wechsel von LeBron James. Wie sehr hat sein Wechsel in den Westen die Liga verändert?

Robinson: Für mich überhaupt nicht. Natürlich hat es die Lakers besser gemacht, aber die Top-Teams sind immer noch die gleichen. Und ich sehe nicht, wie die Lakers, selbst mit LeBron, nächstes Jahr um eine Championship mitspielen sollen. Wenn sie es tun, bin ich der erste, der sich eine Kamera sucht und sagt, dass LeBron der beste Spieler aller Zeiten ist. Das wäre wirklich bemerkenswert. Aber ich glaube nicht, dass sie so weit sind.

DAZN/SPOX: Wie gefällt Ihnen das aktuelle Spiel als Zuschauer? Was sind die größten Unterschiede zu Ihrer aktiven Zeit?

Robinson: Das Spiel ist auf jeden Fall aufregend und es wird viel gescort. Wovon ich persönlich kein großer Fan bin, sind schlechte, ineffektive Würfe, deswegen finde ich es nicht so gut, wie viele Dreier heutzutage geworfen werden. Es ist einfach kein hochprozentiger Wurf und es gibt nur eine Handvoll Stephen Currys, Klay Thompsons, Kevin Durants oder James Hardens. Die restlichen Spieler müssen sich teilweise etwas besser überlegen, wann sie das Ding werfen und wann nicht. Wir haben damals offensichtlich Spiele mit unserer Defense gewonnen und mit hochprozentiger, disziplinierter Offense. Das ist ein Bereich, in dem es mir nicht so gefällt, wie sich die Liga entwickelt hat. Aber: Es gibt unglaubliches junges Talent in der Liga, und ich habe beispielsweise fast noch nie jemandem so gerne zugesehen wie Curry. Auch die Generation von Athleten, die jetzt nachkommt, hat enormes Potenzial. Deswegen glaube ich, dass die Liga in einem guten Zustand ist - auch wenn sie in einigen Bereichen erwachsener werden sollte.

DAZN/SPOX: Dann gefällt Ihnen auch die Big Man-Evolution nicht wirklich?

Robinson: Ich glaube, sie bewegt sich immer ein bisschen im Kreis. Es gab zu meiner Zeit die dominanten Big Men, Patrick Ewing, Hakeem Olajuwon, Shaq oder Rik Smits - das war großartig, aber die Entwicklung geht ständig weiter und jetzt hat sie sich so weit nach draußen verlagert, dass auch die 7-Footer alle Dreier werfen wollen. Es werden aber auch bald wieder Leute merken, dass sie auch dann viel Geld verdienen können, wenn sie in die Zone gehen und dort ihren Job erledigen. Davon gibt es auch jetzt einige, die vielleicht keine extremen Statistiken auflegen, aber gut dafür bezahlt werden, dass sie unterm Korb um jeden Zentimeter kämpfen. Ich glaube, die Entwicklung wird wieder mehr in diese Richtung gehen. Und es gibt ja auch jetzt schon wieder junge Bigs, die auch unterm Korb dominant sein können, wie Karl Towns, Anthony Davis oder Joel Embiid.

DAZN/SPOX: Ein weiterer Aspekt, den es zu Ihrer Zeit so nicht gab, sind Analytics. Wie stehen Sie zu den neuen Statistiken?

Robinson: Ich halte sie für sehr wichtig und wertvoll. Aber es ist wie bei allem anderen: Wenn du sie nicht richtig einsetzt, hast du nicht viel davon. Computer sind fantastisch, aber es gibt viele Schulen, die kein Knowhow besitzen, wie man sie am besten einsetzt. Sie können ein wichtiger Teil von Erziehung sein, müssen aber nicht. Von daher hängt alles davon ab, wie man es nutzt. Aber ich glaube, dass Analytics einen riesengroßen Unterschied machen können. Wenn du nicht weißt, welchen Prozentsatz du beispielsweise triffst, wenn du über die rechte Hand nach zwei Dribblings zum Pull-Up hochgehst, triffst du vielleicht eine völlig falsche Entscheidung - vielleicht hättest du nach links gehend eine 30 Prozent höhere Trefferquote. Die Zahlen können dir sagen: "Geh' nach links!" Es gibt mittlerweile viele Spieler, die die Zahlen kennen und dadurch klüger und besser werden. LeBron weiß, wer von seinen Mitspielern an welchem Ort die beste Quote hat - einiges davon kommt bei ihm natürlich, anderes wird aber durch Analytics gefördert. Die Teams sind heute viel besser darin, Zahlen richtig auszuwerten und Mehrwert daraus zu ziehen.

DAZN/SPOX: Gerade die 90er waren sehr bekannt für Trash-Talk, Sie allerdings galten immer als sehr höflicher und freundlicher Mensch. Haben Sie sich trotzdem daran beteiligt?

Robinson (grinst): Ich habe immer stärker dazu tendiert, mein Spiel für sich sprechen zu lassen. Aber es spielt definitiv eine große Rolle auf diesem Level, es ist ein mentales Spiel und man muss das auch mögen, den Wettbewerb und den Kampf. Als Big Man, der lange Zeit im Zentrum der Aufmerksamkeit bei den Spurs stand, hatte ich keine Wahl, ich wurde in jedem einzelnen Spiel spielerisch und verbal herausgefordert. Aber dieser Wettbewerb hat mir Spaß gemacht und Trash-Talk ist einfach ein Teil davon. Ich war aber immer der Ansicht: Wenn du in meine Richtung Trash talkst, hast du Angst vor mir. Warum würdest du es sonst tun? Wenn du davon überzeugt wärst, dass du mich schlagen kannst, hättest du es nicht nötig. Aber wenn du laberst, um dir einen Vorteil zu verschaffen - für mich war Trash-Talk ein Zeichen von Schwäche. Das hat mich eher gefreut als eingeschüchtert. Die besten Spieler brauchten keinen Trash-Talk. Hakeem hat kaum geredet, aber du wusstest, dass es gegen ihn immer ein langer Abend sein würde. Spieler wie Reggie Miller, Gary Payton oder auch Michael Jordan haben das Gerede dagegen dafür eingesetzt, sich selbst zu motivieren - das war dann nochmal etwas anderes. Sie wussten, wie sie es für sich selbst nutzen konnten.

DAZN/SPOX: Wer war der beste Trash-Talker?

Robinson: Die genannten Jungs. Jemand wie Payton war sehr gut darin, ständig zu reden und einzuschüchtern und so wie er es eingesetzt hat, hatte es teilweise wirklich Erfolg und Gegenspieler von ihm haben aufgegeben. Manche Spieler kamen mit dieser Herausforderung nicht zurecht. Michael oder Larry Bird waren ebenfalls sehr gut darin. Aber nochmal: Die meisten großartigen Spieler ließen sich von Trash-Talk nicht einschüchtern, sondern höchstens anspornen.

DAZN/SPOX: Sie haben mit einigen dieser Spieler im Dream Team 1992 zusammengespielt - wie hat es damals funktioniert, so viele Wettkämpfer einem Ziel als Mannschaft unterzuordnen?

Robinson: Es war sehr schwierig, das war ja eine Ansammlung von starken Persönlichkeiten, von Alphatieren. Es reicht nicht, alle in einem Raum zu sperren und sagen: "Arbeitet zusammen." Die Hälfte von ihnen meint dann, dass alle Mann ihrer Führung folgen sollten. (lacht) Aber so funktioniert Basketball natürlich nicht. Es ist ein Spiel, in dem man sich hilft und man fünf Spieler hat, die versuchen, sich gegenseitig besser zu machen. Deswegen war das schwer, man braucht in so einer Situation auch einen Coach mit starker Persönlichkeit, der Spieler auf eine Linie bringen kann.

DAZN/SPOX: Wie haben Sie es dann spielerisch erlebt, zusammen mit den ganzen Legenden aufzulaufen?

Robinson: Es war einfach nur verrückt, eine unglaubliche Erfahrung. Auch für uns war es ja sehr selten, mit vier Jungs auf dem Court zu stehen, die alle mindestens so gut waren wie wir selbst. (lacht) Großartige Passer, großartige Shooter, großartiges Decision-Making - es war so einfach, es hat einfach nur Spaß gemacht. Wir haben uns gegenseitig gepusht, wodurch es teamintern schwer war - aber gleichzeitig war es so einfach ...

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