NBA

NBA: Die Offensive der New Orleans Pelicans: Big und easy

Anthony Davis gilt in dieser Spielzeit als heißer MVP-Kandidat.
© getty

Die New Orleans Pelicans haben mit 131 und 149 Punkten in den ersten beiden Saisonspielen mächtig für Furore gesorgt. Das Team von Head Coach Alvin Gentry spielt einerseits eine atemberaubende Pace, aber auch unglaublich kreativ im Halbfeld. Durch das Big Man-Trio um Anthony Davis, Nikola Mirotic und Julius Randle schwimmt man derzeit gegen den Strom - und das erfolgreich.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Wer die erste Woche der neuen NBA-Saison mit zumindest einem Auge verfolgt hat, der hat sicher festgestellt, dass sowohl Scoring als auch die Pace enorm angestiegen sind. Es ist ein Trend, den man im Auge behalten sollte und der sich über die Spielzeit wohl bestätigen wird. Viele Teams spielen nur noch mit einem traditionellen Big, dazu haben auch die kleineren Regeländerungen Einfluss auf die Scoring-Explosion.

Es wird kleinlicher gepfiffen, die Spieler werden nun noch mehr beschützt, dazu beginnt die Shotclock nach einem Offensiv-Rebound nun (wie bei der FIBA) bei 14 und nicht mehr bei 24 Sekunden. Das bedeutet mehr Ballbesitze, mehr Abschlüsse und natürlich auch mehr Spektakel.

Die New Orleans Pelicans hatten in der vergangenen Spielzeit die schnellste Pace der Liga vorzuweisen. Pro Spiel generierten sie knapp über 101 Ballbesitze, das wäre nach den ersten Spielen dieser Saison, einem zugegeben kleinen Zeitraum, der 24. Platz. Man darf davon ausgehen, dass das Tempo ein wenig zurückgehen wird, wenn Mitte der Saison erste Müdigkeitserscheinungen auftreten oder mehrere Back-to-Backs für die Teams anstehen, doch der Trend zu schnellerem Spiel wird sich bestätigen.

New Orleans Pelicans sind die beste Offensive der Liga

Auch die Pelicans sind in dieser Saison schon wieder in der Top 3 bei der Pace zu finden (108,75 Ballbesitze pro Spiel) und bestätigen diesen Trend - oder auch nicht?

Fakt ist: New Orleans hat in seinen zwei Saisonspielen, die beide gewonnen wurden, den Houston Rockets 131 und den Sacramento Kings sogar unfassbare 149 Punkte eingeschenkt. Dies ist aber nicht nur durch deutlich mehr Ballbesitze zu erklären, sondern auch durch eine Effizienz, die ihresgleichen sucht, wie das Offensiv-Rating von astronomischen 127,9 Punkten auf 100 Possessions zeigt.

Mit ziemlicher Sicherheit wird dieser Wert nicht zu halten sein, alleine die Dreierquote von satten 46,4 Prozent ist dafür viel zu hoch. Auch Spieler wie Nikola Mirotic haben in ihrer Karriere gezeigt, dass sie in Phasen gnadenlos heiß laufen können, wie dies gerade der Fall ist. 11 seiner 17 Distanzwürfe fanden bisher den Weg in den Korb, mit 33 Punkten pro Spiel belegt der Spanier in der Scorerliste Platz zwei hinter Kemba Walker von den Charlotte Hornets.

Anthony Davis, Nikola Mirotic und Julius Randle - die Bayou Bash Brothers

"Wir haben es bislang verstanden, die heiße Hand zu finden. Als Niko heiß lief, haben wir gute Sets für ihn gelaufen. Unsere Jungs haben es gut verstanden, ihm den Ball zu geben", analysierte Head Coach Alvin Gentry den überragenden Start seines Schützlings.

Und genau hier zeigt sich die Einzigartigkeit der Pelicans. Während die meisten anderen Teams auf jede Menge Spacing mit vielseitigen Flügelspielern und Shooting setzen, basiert das Spiel der Pelicans auf dem Big Man-Trio, den Bayou Bash Brothers, wie Mirotic, Anthony Davis und Julius Randle in Louisiana getauft wurden.

In den beiden Spielen legten die drei zusammen 74,5 Punkte, 33,5 Rebounds und 11 Assists auf. Im Spaß zweifelte Jrue Holiday nach dem Kings-Spiel sogar die Notwendigkeit seiner Existenz auf dem Feld an. "Warum sind wir überhaupt hier? Sie scoren, sie rebounden, sie blocken Würfe. Sie brauchen uns nicht."

Anthony Davis, Nikola Mirotic und Julius Randle sind die Bayou Bash Brothers
© getty
Anthony Davis, Nikola Mirotic und Julius Randle sind die Bayou Bash Brothers

Die Offense: Nicht neu, aber anders

Ganz so extrem ist es dann aber doch nicht, schließlich machten auch die Guards wie Holiday oder Neuzugang Elfrid Payton ihre Sache gut. Vor allem aber gebührt Gentry ein riesiges Lob. Sein Play Calling war wie schon in den Playoffs exzellent. New Orleans spielt eine der ansehnlichsten Offensiven der ganzen Liga, ohne dabei großartig vom Dreier abhängig zu sein. Nur 29 Prozent aller Abschlüsse kommen von jenseits des Perimeters (Platz 23 in der Liga).

Dabei sind die Sets, die gelaufen werden, nicht komplettes Neuland, doch die Pels interpretieren sie einfach anders - weil sie mit ihren drei Bigs das Personal dazu haben. Alle drei können mit dem Ball etwas anfangen, mit Abstrichen werfen, ergo besitzen sie ein Guard-ähnliches Skillset. So kommt es nicht selten vor, dass die Pelicans im Halbfeld mit einer üblichen HORNS-Aufstellung spielen - heißt: mit zwei Spielern an den Ecken der Freiwurflinie -, nur dass im Falle von New Orleans dies nicht die Bigs, sondern die kleinen Guards sind.

Die großen Spieler verbringen so auch einiges an Zeit am Perimeter, was ihnen erlaubt zu cutten, durch Blocks Position im Post zu erlangen oder auch aus der Distanz abzudrücken. Dies funktioniert auch nur mit einem Spieler wie Davis, der in der richtigen Position schlicht und einfach nicht zu verteidigen ist.

Pelicans: Der Ball muss in die Zone

Houstons Small Ball wurde so von Davis überpowert, während die Kings dies mit Größe kontern wollten. Das Ergebnis? Die drei Bigs von Sacramento hatten am Ende 15 Fouls eingesammelt. "Wenn Teams gegen uns klein spielen, haben wir Spieler, die das im Post bestrafen können", erklärte Davis. "Das schafft Räume für unsere Guards, die den Korb attackieren können."

Es erlaubt New Orleans, mit Payton einen Akteur ohne Wurf mühelos zu verstecken; der Ex-Magic-Spieler sammelte stattdessen seine Zähler mit klugen Cuts. "Wir versuchen alles Mögliche, dass wir den Ball in die Zone kriegen und dann leichte Würfe bekommen", beschrieb Davis die Strategie weiter.

Bisher mit Erfolg. In beiden Spielen erzielten die Pelicans je 76 Punkte in der Zone. Das hatten zuletzt die Phoenix Suns 2008/09 in aufeinanderfolgenden Spielen geschafft. Der Coach hieß damals übrigens Alvin Gentry.

Der Kader der New Orleans Pelicans

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Elfrid PaytonJrue HolidayE'Twaun MooreNikola MiroticAnthony Davis
Tim FrazierIan ClarkDarius MillerJulius RandleJahlil Okafor
Frank JacksonTrevon BluiettSolomon Hill Cheick Diallo
Wesley Johnson

Pelicans: Anthony Davis macht den Unterschied

In New Orleans besitzt Gentry nun den perfekten Spieler in seinem System, eine Urgewalt, die im Eins-gegen-Eins fast ausschließlich durch Fouls (Davis nimmt bisher 9,5 Freiwürfe pro Spiel) zu stoppen ist. Darüber hinaus trat AD auch vermehrt als Spielmacher auf, wie 16 Assists in zwei Partien zeigen.

Doch die Monobraue macht nicht nur offensiv den Unterschied aus, auch in der Verteidigung ist der MVP-Kandidat Herz und Seele des Teams. Die Voraussetzungen, ein elitärer Verteidiger zu sein, waren schon immer da, daran bestand kein Zweifel. Mit nun 25 Jahren und sechs Spielzeiten auf dem Buckel hat der ehemalige Kentucky-Spieler so ziemlich alles gesehen und verteidigt nun deutlich konservativer.

Noch vor nicht allzu langer Zeit war Davis' Ruf in der Defense deutlich besser, als er tatsächlich verteidigte. Zu oft jagte der Top-Pick aus dem Jahr 2012 Blocks hinterher und nahm sich Auszeiten, die auch Konzentrationsschwächen nach sich zogen.

Pelicans: Kann die Defense Schritt halten?

Schon die Playoffs, vor allem die Serie mit Portland, zeigten, dass Davis tatsächlich ein Anker sein kann. Hilfreich ist auch, dass New Orleans mit Holiday und Payton zwei exzellente Verteidiger am Ball auf den Guard-Positionen hat. Sollte einer der beiden dann doch geschlagen werden, ist meist Davis zur Stelle, der inzwischen auch kleine Spieler effektiv stellen kann.

Ganz zufrieden ist Coach Gentry mit der Verteidigung seines Teams aber noch nicht, wobei auch eine mittelmäßige Defense (Platz 16) durch die Vollgas-Offensive locker auszugleichen ist. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Tempo, das wir spielen, aber defensiv mangelt es manchmal noch an der Konzentration", bemängelte Gentry zurecht, nachdem die Kings in New Orleans ebenfalls 129 Zähler erzielt hatten.

Das dürfte die Gretchenfrage im Big Easy werden. Werden diese Pelicans genügend Stops generieren? Offensiv wird die Produktion wohl ein wenig zurückgehen, doch auch die Serie gegen die Golden State Warriors bewies, dass die Franchise aus Louisiana auch gegen eine Top 5-Verteidigung Punkte auf das Scoreboard zaubern kann. Über die fünf Partien erzielten die Pels 108,5 Zähler im Schnitt und blieben nur einmal unter 100 Punkten.

Julius Randle ist ein Coup

Diese neue Edition der Pelicans ist sicher nicht schlechter. Davis ist ein Jahr älter und erfahrener, der Abgang von Rajon Rondo weniger schwerwiegend als gedacht, weil Payton bisher seine Kritiker widerlegte. Als der große Coup der Offseason dürfte aber die Randle-Verpflichtung gelten. Für gerade einmal 8,6 Millionen Dollar spielt der Backup von AD und Mirotic diese Spielzeit, gemäß der ersten Eindrücke und bislang durchschnittlich 19 Punkten und 11 Rebounds, ist das ein echtes Schnäppchen.

"Unser Potenzial ist riesig", glaubt darum auch Davis. "Wenn wir defensiv über 48 Minuten fokussiert sind und die Abstimmung besser wird, werden die anderen mit uns rechnen müssen. Mir gefällt, was ich sehe und was wir hier machen." Wer möchte dem Superstar da widersprechen?

Artikel und Videos zum Thema