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Butterfly Effect: Wie der Trade von Kevin Garnett zu den Celtics die NBA veränderte

Kevin Garnett warf LeBron James mit den Boston Celtics zweimal aus den Playoffs.
© getty
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Der zweite KG-Trade sicherte Bostons Zukunft

Für die Celtics wiederum entwickelte sich der Deal kurz- und langfristig zum Hauptgewinn. Direkt in ihrer ersten Saison gewannen Garnett, Pierce und Allen den Titel gegen die Lakers, die statt Garnett während der Saison Pau Gasol per Trade geholt hatten, 2009 bremste sie eine Verletzung von KG, 2010 erreichten sie erneut die Finals und verloren erst im siebten Spiel bei der Revanche gegen L.A.

Bis 2012 blieben sie im Contender-Kreis und in der Folge wuchs das Profil der Big 3, die ohnehin schon alle auf Hall-of-Fame-Kurs gewesen waren, noch einmal um einiges an - keiner hatte zuvor einen Titel gewonnen, zusammen verkörperten sie für eine gewisse Zeit ein ideales Team, auch wenn am Ende "nur" ein Ring heraussprang. Auch wenn Allen sich als Free Agent schon 2012 verabschiedete.

Ein Jahr später verabschiedete Ainge auch Garnett und Pierce, in diesem Fall aber absichtlich: Der Trade der beiden alternden Stars nach Brooklyn schmerzte zwar, hat Boston jedoch die Zukunft gesichert. Ohne die Picks, die sie damals von den Nets zurückbekamen, hätten sie heute weder Kyrie Irving, noch Jayson Tatum oder Jaylen Brown - oder eine Favoritenrolle im Osten für die Saison 18/19.

Der zweite KG-Trade im Überblick

Brooklyn bekamBoston bekam
Kevin GarnettKeith Bogans
Paul PierceMarShon Brooks
Jason TerryKris Humphires
D.J. WhiteKris Joseph
1st-Rounder 2017 (Kyle Kuzma)Gerald Wallace
2nd-Rounder 2017 (Aleksandar Vezenkov)1st-Rounder 2014 (James Young)
1st-Rounder 2016 (Jaylen Brown)
1st-Rounder 2017 (Markelle Fultz)
1st-Rounder 2018 (Collin Sexton)

Die Boston Celtics waren LeBron James im Weg

Das wäre sozusagen die Mikro-Wirkung für die Celtics (und die Nets) - der KG-Trade hat auf einer Makro-Ebene allerdings noch wesentlich mehr bewirkt. Denn dieses Celtics-Team war nicht der einzige, aber zumindest einer der treibenden Faktoren hinter dem nächsten einschneidenden Ereignis in der NBA.

2007 hatte LeBron James mit seinen Cleveland Cavaliers überraschend die NBA Finals erreicht, dort aber chancenlos gegen die San Antonio Spurs verloren. Dennoch schien der damals 23-jährige James prädestiniert, die Eastern Conference über die nächsten Jahre mit den Cavs zu dominieren, zumal nach dem Ende der Pistons und Heat ein wirklich starker Konkurrent fehlte. Doch dann formte sich in Boston ein Team, das in der Folge zu Clevelands Albtraum wurde.

Sowohl 2008 als auch 2010 warfen die Celtics die Cavs aus den Playoffs (2009 war es Orlando), schlimmer als das war aber die Art und Weise: Gerade Pierce und Garnett nahmen jede Gelegenheit wahr, James auf seine Playoff-Misserfolge hinzuweisen und ihn zu demütigen, nicht selten auf ziemlich persönliche Art.

Die Heatles als Reaktion auf die Boston Celtics

Über einige Zeit waren die alten, fiesen Celtics eine Art Schulhof-Rüpel in der Eastern Conference, zumal ihnen der immer besser werdende Rondo auch intern eine Frischzellenkur verpasste. Ihr Championship-Fenster würde zwar nicht ewig geöffnet sein, für den Moment kam James jedoch nicht an ihnen vorbei, auch weil das Front Office der Cavaliers mit allen möglichen Versuchen, ihm einen vernünftigen Supporting Cast an die Seite zu stellen, immer wieder scheiterte.

Boston war 2010 sicherlich nicht der einzige Grund, der LeBron aus Cleveland heraustrieb, eine Rolle spielten die Celtics aber dabei - zumal sie auch gewissermaßen legitimierten, dass sich in Miami ein neues Superteam formen konnte. Zwar waren Pierce, Allen und Garnett deutlich älter und unter anderen Umständen zusammengekommen, eine gewisse Vorbildfunktion hatten sie aber wohl für James, Chris Bosh und Dwyane Wade, die sie alle nicht alleine besiegen konnten.

Es war insofern auch kein Zufall, dass LeBron in den Conference Finals 2012, mit dem Rücken zur Wand bei Spiel 6 in Boston, seinen endgültigen Playoff-Durchbruch feierte und die Celtics-Dämonen erledigen musste, bevor er wenige Wochen später (endlich) seine erste Meisterschaft feiern konnte.

Die Auswirkungen der "Decision"

Was die "Decision" und die "Heatles" dann wiederum über Jahre ausgelöst haben, ist bekannt: Für Superstars ist es heute viel salonfähiger, mal das Team zu wechseln oder Deals anzustreben, die sie mit anderen Superstars zusammenspielen lassen. Die Spieler kontrollieren ihre eigenen Situationen mehr denn je, insbesondere James hat heute wohl mehr Macht als jeder Superstar vor ihm.

Das Superteam-Thema auf die Spitze getrieben hat wiederum Durant, der sich 2016 dem ohnehin schon besten Team der Liga um Stephen Curry (und nicht Jonny Flynn!) in Golden State anschloss und den Rest der Liga damit, zumindest kurzfristig, Schachmatt gesetzt hat. Ausgerechnet Durant.

Der Schmetterlingseffekt

In irgendeinem Parallel-Universum hätten die Celtics 2007 den No.1- oder 2-Pick bekommen, KD gedraftet und diesen zum großen Rivalen von James aufgebaut. Garnett hätte in diesem Universum vielleicht mit Baron Davis bei den Warriors zusammengespielt, Curry wäre ziemlich sicher von einem anderen Team gedraftet worden. Im nächsten Parallel-Universum hätten Ainge und Rivers in Boston ihren Job verloren, Pierce hätte Boston verlassen die Celtics, wie auch der Rest der Liga, eine komplett andere Richtung eingeschlagen.

Die Szenarien lassen sich fast beliebig weiterspinnen, und genau das definiert den Schmetterlingseffekt: Jede Transaktion, so klein sie im Moment auch wirken mag, kann unvorhersehbar große Auswirkungen haben.

Der KG-Trade wirkte schon im Moment alles andere als klein - aber niemand hätte 2007 voraussagen können, wie sehr die NBA durch ihn auch auf der Makro-Ebene auf den Kopf gestellt wurde. Gut möglich, dass diese Auswirkungen auch heute, elf Jahre später, noch längst nicht alle erkennbar sind.

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