NBA

Triangle Offense - der Experten-Talk: "Das schlechteste LeBron-Team in den Finals"

Stephen Curry, Kevin Durant und LeBron James - die entscheidenden Protagonisten der Finals?
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Wegen Durant haben die Warriors ihre Identität verloren

Alex Schlüter: Dem stimme ich zu. Wir haben zwar auch in diesem Jahr den typischen Warriors-Basketball gesehen mit ihrem Ball Movement, und dann waren sie erfolgreich, auch mit Kevin Durant auf dem Platz. Trotzdem gab es im weiteren Verlauf der Playoffs vermehrt diese verkrampften Isolationen, die man so von ihnen nicht kannte - und das bereitet mir Sorgen. Denn ich fand es immer toll, dass sie eben diesen Basketball trotz ihrer vielen Stars nicht gespielt haben. Jetzt fallen sie jedoch auch immer wieder in diese Muster zurück - und da bin ich von Durant enttäuscht. Man erkennt dann einfach, was trotz seiner unglaublichen Fähigkeiten die größte Schwäche ist: Der Basketball-IQ. Er hat gegen die Rockets viele schlechte Entscheidungen getroffen.

Thorben Rybarczik: Ich denke mir auf der anderen Seite: Wenn es die schlechteste Option im Angriff ist, Durant zu isolieren, dann geht es einem eigentlich ganz gut. Außerdem haben sie sich mit der Verpflichtung von KD darauf eingelassen und wollten genau diese Option haben, wenn es mit dem Ball Movement mal nicht so klappt. Und das war gegen die Rockets der Fall: Sie machen die Motion-Angriffe der Dubs, die mit vielen Blocks abseits des Balles eingeleitet werden, mit ihrer Switch-Taktik kaputt. Und dann braucht man Iso-Optionen. Klar, es sind dann Sequenzen dabei, bei denen man den Kopf schüttelt, wenn KD seine schwierigen Würfe nicht trifft. Meistens ist es dann aber so, dass man beim Blick in den Boxscore plötzlich feststellt: Oh, er hat ja schon wieder 30 Punkte und über 50 Prozent aus dem Feld. Von daher sollte man da nicht auf ihm rumhacken. Gewinnen ist in den Playoffs wichtiger als Identität.

Andre Voigt: Da würde ich eher Thorben Recht geben. Man darf schließlich nicht vergessen, dass die Rockets das System der Warriors sehr gut verteidigt haben und eben dieses Ball Movement verhindert haben - mit welchen Mitteln, gerade im extrem physischen Game 7, sei mal dahingestellt. Und wenn du dann nicht frei wirst, dann hast du ein Problem. Außer du hast Durant als Alternative. Man kann also höchstens sagen, dass die Warriors ihre Identität haben vermissen lassen - was aber daran lag, dass die Rockets sie dazu gezwungen haben. Dieses Team wurde dafür zusammengebaut, um das Dubs-System zu stoppen und Durant ist dann die Komponente, die die Warriors als Alternative brauchen.

Ole Frerks: Eine Alternative, ja. Aber die Warriors haben sich in einigen Spielen schon extrem auf Isos konzentriert - und damit den Rockets ja durchaus auch in die Karten gespielt. Natürlich kannst du Durant nicht vom Punkten abhalten, weil er über jeden Verteidiger der Welt ohne Probleme drüber wirft. Aber unstoppable sind die Warriors als Team dann, wenn der Ball läuft, abseits des Ballhandlers Bewegung drin ist und das Tempo so hoch ist, dass die Verteidigung früher oder später den Zugriff verliert. Machen wir uns doch nichts vor: Es ist VIEL anstrengender, sowohl mental als auch physisch, gegen diese Art des Basketballs auf der Höhe zu bleiben, und gerade angesichts der Mini-Rotation der Rockets hätte man dies noch mehr nutzen können. Am stärksten sahen die Dubs aus, wenn sie "ihren" Basketball gespielt haben. Und das heißt dann im Detail: Das Spiel läuft über Curry und Green, Durant ist Vollstrecker und nicht derjenige, der alle Entscheidungen trifft. So ist er für mich ideal eingesetzt. Natürlich ist das Meckern auf hohem Niveau, aber wir reden hier auch vom talentiertesten Team der NBA-Geschichte. Dieses Team sollte es nicht nötig haben, wie ein besseres OKC aufzutreten. Diesen "Audio Assist" aus Spiel 5, als Kerr Durant von Michael Jordan erzählte und ihn darum bat, seinen Mitspielern zu vertrauen, fand ich sehr aufschlussreich. Zumal Durant ja nicht so wirkte, als würde ihn das groß interessieren. Im Idealfall sollten KD-Isos die Exit-Strategie sein und nicht der Ausgangspunkt der Offense.

Schlüter: Richtig - ich kann ja damit leben, dass man diese Iso-Optionen in der Hinterhand hat. Was mich nur gewundert hat, ist die Tatsache, dass die Warriors in vielen Spielen mit dieser Option ANGEFANGEN haben, bevor sie überhaupt den Weg des Ball Movements gegangen sind. Und wenn er dann den Ball hatte, verschwand der Rest des Teams auf der Weakside und hat zugeguckt.

Rybarczik: Ich glaube andererseits aber nicht, dass die Warriors diese Serie gewonnen hätten, wäre Durant nicht dabei gewesen. Vieles hat den Finals von 2016 geähnelt, als die Cavaliers abseits des Balles zu grenzwertigen Methoden griffen, um das Ball Movement und die Offball Screens zu entschärfen. Das hat die Warriors getötet, deshalb haben sie KD geholt.

Voigt: Ich möchte noch kurz auf den Basketball-IQ von Durant eingehen, den du angerissen hast, Alex: Wir dürfen nicht vergessen, wo er herkommt. Er hat den Großteil seiner Karriere bei OKC gespielt, wo es nur Iso-Ball gab. Da wurde nicht gefordert, den Ball mal ein bisschen laufen zu lassen, es ging nur um Abschlüsse aus dem Eins-gegen-Eins. Das hat Durant geprägt, ist doch logisch. Aus diesem Schema rauszukommen, ist nicht so einfach - vor allem wenn es darum geht, einen Mittelweg zu finden aus eben diesen Aktionen und der Erkenntnis ‚hey, ich habe zwei der besten Schützen der Welt um mich herum, wie profitiere ich davon.'