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Milwaukee Bucks mit Coach Joe Prunty: Wenn Zahlen nicht die Wahrheit sagen

Die Milwaukee Bucks stehen im Moment auf Platz sechs der Eastern Conference
© getty

Die Milwaukee Bucks haben unter dem neuen Coach Joe Prunty zehn von 14 Spielen gewonnen. Dabei half jedoch auch der leichte Spielplan. Was hat sich mit dem Nachfolger von Jason Kidd verändert und wie macht sich Jabari Parker nach seinem zweiten Kreuzbandriss?

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In Milwaukee war bei vielen Fans Erleichterung vernehmbar, als Jason Kidd nach über drei Jahren als Head Coach der Bucks die Papiere bekam. Der Hall-of-Famer wurde etwas überraschend entlassen, wohl auch aufgrund des Drucks von außen sowie Differenzen mit dem Front Office. Es war auch ein Zeichen dafür, dass man in Wisconsin diese Saison noch einiges vorhat und die Saison gewissermaßen retten wollte. Die Verantwortlichen trauen dem Team anscheinend einen tiefen Playoff-Run zu.

Vorübergehend sitzt nun der ehemalige Assistent Joe Prunty auf der Kommandobrücke und seine Bilanz von bisher 10-4 lässt sich durchaus sehen. Doch der Schein trügt ein wenig. Lediglich gegen die Sixers (ohne Joel Embiid) und die Raptors konnten Siege gegen potenzielle Playoff-Teams eingefahren werden; gegen Minnesota, Miami, Denver und New Orleans setzte es dagegen Pleiten.

Natürlich können die Bucks nichts für den Spielplan - auch die vermeintlich schwachen Gegner muss man in der NBA erstmal schlagen und das erledigten sie seriös. Ein Defensiv-Rating von 101,6 ist hinter Utah das beste, seitdem Prunty verantwortlich ist. Unter Coach Kidd hatten die Bucks noch auf einem desaströsen 25. Platz gelegen.

Bucks: Gute Defense trügt

Doch auch bei der verbesserten Defense lohnt es sich, einen zweiten Blick auf die Statistiken zu werfen. Ein Kritikpunkt an Kidd war, dass die aggressive Defense gegen das Pick'n'Roll zu leicht überspielt werden konnte und die Gegner so viele leichte Abschlüsse am Ring bekamen. Prunty hat daran nur minimal geschraubt, wie auch Khris Middleton gegenüber ESPN kurz vor dem All-Star Break zugab. "Wir haben noch immer die gleichen Prinzipien in der Defense, nur sein Coaching Style ist ein bisschen anders."

Das unterstreichen auch die Zahlen. Kein Team lässt seit dem 22. Januar (der Inthronisierung Pruntys) mehr Versuche in der Restricted Area (32,2 FGA pro Spiel) zu, da hilft es auch nicht, dass die Bucks diese immerhin mittelmäßig verteidigen. Gegen ein kreatives Team wie Denver um Nikola Jokic kassierten die Bucks 134 Zähler, weil der Serbe sie wie ein Chirurg sezierte und alle Schwächen im Schema schonungslos ausnutzte.

Gegner treffen den offenen Dreier nicht

Warum die Bucks dennoch ein solch herausragendes Defensiv-Rating unter Prunty haben, lässt sich teilweise mit der gegnerischen Dreierquote begründen. 31,6 Prozent ihrer Distanzwürfe trafen die Gegner Milwaukees in den vergangenen 14 Spielen, das bedeutet Platz zwei in der kompletten Liga.

Das kann einerseits an guten Closeouts liegen, aber auch daran, dass der Gegner seine Triples einfach nicht trifft - diese Werte unterliegen traditionell einer nicht unerheblichen Streuung. Von durchschnittlich 31,6 Dreiern pro Spiel, die Milwaukee zulässt, sind immerhin 13 laut nba.com völlig frei. Die Gegner versenken davon nur 30,8 Prozent, was die Bucks nach Indiana zum glücklichsten Team der Liga macht.

Verlassen kann man sich darauf aber natürlich nicht. Gegen die Nuggets, die astronomische 60 Prozent von draußen trafen, waren 12 Versuche 'wide open', neun davon gingen durch die Reuse.

Bucks-CoachDefRtgGegn. ZonenpunkteGegn. DreierGegn. 3FGGegn. offene 3FG
Kidd107,544,726,138,142,8
Prunty101,449,629,431,630,8

Verletzungssorgen und Parker-Comeback

Allerdings kämpft Milwaukee auch mit einigen personellen Problemen. Center John Henson fiel einige Spiele aus, dazu ist die Guard-Rotation nach den Verletzungen von Rookie of the Year Malcolm Brogdon und Matthew Dellavedova arg ausgedünnt. So musste Prunty den 40-jährigen Jason Terry häufiger spielen lassen, als ihm lieb ist, auch wenn der Jet im biblischen Alter noch immer in der Lage ist, seine Dreier zu treffen - wie beim OT-Sieg in Toronto, als Terry 14 Punkte markierte und im vierten Viertel sowie der Verlängerung einige wichtige Plays machte.

Außerdem gilt es, Jabari Parker wieder zu integrieren. Der Forward kommt nach seinem zweiten Kreuzbandriss rund 20 Minuten pro Spiel zum Einsatz, zeigt aber schon vielversprechende Ansätze. In bislang acht Spielen legt der Forward 9,1 Punkte und 3,6 Rebounds bei Quoten von 46,8 Prozent aus dem Feld auf.

Noch viel wichtiger ist allerdings, dass er Giannis Antetokounmpo ein wenig entlasten kann. Der Grieche gab zuletzt zu, dass er in den vergangenen Jahren zu viele Minuten gespielt hat und der Coach versucht nun, die Einsatzzeit seiner wichtigsten Spieler ein wenig zu senken. Der MVP-Kandidat fehlte bereits einige Spiele wegen Knieproblemen.

Spieler unter PruntyMINPTSFG%3P%REBAST
Giannis Antetokounmpo36,525,850,428,610,95,8
Eric Bledsoe30,116,949,738,14,05,8
Khris Middleton35,220,049,039,25,43,4

Akzeptiert Jabari Parker die Bankrolle?

Über die Saison steht Giannis 37,2 Minuten pro Partie auf dem Feld, so viel wie kein anderer Spieler in der Liga, auch die zuletzt starken Eric Bledsoe und Khris Middleton mussten viele Minuten abreißen. Deswegen bastelt Prunty gerade ein wenig an seiner Rotation und ersetzt den Griechen bereits Mitte des ersten und dritten Viertels für längere Pausen durch Parker. Der hat zwar andere Stärken als der All-Star, kann aber zumindest das Scoring aufrechterhalten, auch weil er zumeist mit Bledsoe und Middleton zusammen auf dem Feld steht.

Doch kann das auf Dauer gut gehen? Wird Parker für den Rest der Saison die Rolle als Sixth Man akzeptieren? Der No.2-Pick aus dem Draft 2014 wird im Sommer Restricted Free Agent, es steht also jede Menge Geld für ihn auf dem Spiel. Laut Zach Lowe (ESPN) lehnte Parker im Oktober 2017, als er noch verletzt war, einen Dreijahresvertrag über 54 Millionen Dollar ab. Das deutet darauf hin, dass sich Parker selbst als Franchisespieler sieht, der auch entsprechend bezahlt werden möchte. Ob der ausgetrocknete Markt 2018 aber einen entsprechenden Deal für ihn hergeben wird, ist eine andere Frage.

Noch hält sich Parker zu seiner Bankrolle bedeckt, doch tut er dies auch, wenn die Playoffs anstehen und er noch immer den Edelreservisten geben muss? Die Idealposition für Parker auf der Vier ist mit Antetokounmpo blockiert, für einen Small Forward ist sein Sprungwurf wohl zu wacklig (Karriere: 34,2 Prozent Dreier), um das Spacing der Bucks nicht zu gefährden. Die ideale Kombination ist hier vermutlich noch nicht gefunden.

Bucks: Der Kampf um die Playoff-Plätze

Großen Spielraum zum Experimentieren hat Prunty allerdings eigentlich nicht mehr. Das Rennen um die Seeds im Osten ist wahnsinnig eng und hart umkämpft, wie auch der Greek Freak weiß: "Wir haben nichts mehr zu verschenken. Die letzten Saisonspiele sind wahnsinnig wichtig für uns. Wir brauchen eine weitere Serie."

Die Bucks werden sicherlich nach dem Heimvorteil schielen. Auf Platz sechs liegend beträgt der Rückstand auf Washington lediglich 1,5 Spiele, welcher in der Nacht auf Mittwoch verkleinert werden kann, wenn die Bucks in der Hautstadt gastieren (ab 2 Uhr live auf DAZN). Durch die vielen Spiele gegen schlechte Mannschaften warten nun vornehmlich bessere Gegner, es wird also nur noch wenige Geschenke vom "Tank-Bataillon" der Liga geben. Es braucht also noch mehr Auftritte wie den durchaus imposanten Auftritt der Bucks im Air Canade Centre, beim besten Heimteam der Liga (Toronto).

"Es warten harte Gegner auf uns", weiß auch Henson. "In sieben Wochen beginnen die Playoffs, die Zeit des Relaxens ist vorbei, wir müssen nun unsere Top-Form erreichen." Das dürfte nicht zuletzt auch darüber entscheiden, ob Prunty eine langfristige Zukunft als Kidd-Nachfolger in Milwauke hat.

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