NBA

"Eine Kultur schaffen, die den Jazz gleicht"

Von Manuel Baraniak
Martin Schiller
© imago
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basketball.de: Sie sprechen sieben Jahre in der BBL an. Dort haben Sie unter John Patrick, Stefan Koch und Tyron McCoy gearbeitet, in Österreich unter Raoul Korner. Was ist das Wichtigste, das Sie von ihnen mitnehmen und jetzt auch selbst als Head Coach anwenden wollen?

Schiller: Für alle, inklusive Chris Fleming, gilt: Ich hatte extremes Glück, dass sie mir alle geholfen haben, mich zu entwickeln. Dass ihnen wirklich etwas daran lag, mir zu helfen. Und das will ich auch für meine Co-Trainer tun. Ich will, dass sie sehen, dass ich sie besser machen und ihnen helfen will. Das liegt mir stark am Herzen, weil ich das bei allen selbst erleben und erfahren durfte.

basketball.de: Gibt es auf der anderen Seite auch Dinge, die Sie anders machen wollen?

Schiller: Auf jeden Fall. Von jedem ein bisschen. Am Ende muss ich das jetzt selbst herausfinden. Ich kann schon jetzt nach wenigen Wochen ein paar Dinge besser verstehen, die ich vorher nicht verstanden habe. (lacht)

basketball.de: Inwieweit hat die G-League, damals noch D-League, in Ihrer Zeit als BBL-Assistant eine Rolle gespielt? Nur wenn es darum ging, Neuzugänge zu scouten?

Schiller: Das ist das einzige. Um Spieler zu rekrutieren. Für jedes BBL-Team kann die G-League ein Rekrutierungspool sein - für die einen mehr, die anderen weniger.

basketball.de: Es gibt in der G-League seit dieser Saison die "two-way Contracts", die Gehälter sind ein wenig gestiegen. Inwieweit denken Sie, dass die G-League immer mehr zur Konkurrenz für Europa wird?

Schiller: Ich glaube, dieses Jahr ist die G-League ein Konkurrent geworden, dadurch, dass es eben diese "two-way Guys" gibt. Es gibt 26 G-League-Teams, dann hast du 52 Spieler, die nicht am europäischen Markt sind, sondern hier in den "two-ways". Das ist eine Sache, die Europa auf alle Fälle geschwächt hat. Weil es einfach Spieler gibt, diese "Borderline-Spieler", die sagen, sie bleiben in den USA. Wie es in der Zukunft sein wird, wird man sehen. Keiner weiß, wie sich diese "two-way"-Sache entwickelt. Am Ende des Tages ist es trotzdem wenig Geld. Jeder von ihnen, der nicht nach Europa geht, hat Geld verloren. Du zahlst sozusagen Geld für den Traum, Spieler Nummer 17 eines NBA-Teams zu sein. Du kriegst ein wenig mehr Geld als die anderen Spieler in der G-League, aber es ist nicht viel Geld. Und überlege mal: Wenn du der 16. oder 17. Spieler einer NBA-Mannschaft bist, wann spielst du dann mal? Da muss ja schon viel passieren. Das ist keine Kritik am System - ich bin einfach gespannt, wie sich das entwickelt. Keiner weiß das momentan.

basketball.de: Sie sind nicht das einzige Mitglied des DBB-Teams von 2017, das in die G-League geht: Isaiah Hartenstein wird auch dort spielen, für die Vipers, das Farmteam der Rockets. Wie beurteilen Sie seinen Schritt, in die G-League zu gehen?

Schiller: Ich weiß es nicht, ich kann das echt nicht sagen. Er hat den Traum, in der NBA zu spielen. Die Rockets sagen, er solle in die G-League, und geben ihm die Aussicht, im nächsten Jahr oben zu spielen. Ich weiß nicht, wie wahr und realistisch das ist. Aber offensichtlich stuft Isaiah das so ein, als gäbe es eine gute Möglichkeit. Ich persönlich glaube, dass Isaiah eine sehr gute Chance hat. Er ist ein hochinteressanter Spieler.

basketball.de: Ein Assistant Coach der Jazz ist Igor Kokoskov. Als Nationaltrainer hat er Slowenien zum EM-Titel geführt. Nun musste er wegen der Nationalmannschaftsfenster als Nationaltrainer aufhören und ist nur noch in einer beratenden Rolle tätig. Welche Meinung haben Sie zu den Nationalmannschaftsfenstern?

Schiller (lacht): Da geht es auch wieder weiter. Ich bin richtig gespannt, wie das sein wird. Meine Meinung ist, dass sich Mannschaften qualifizieren werden, die sich vorher nicht qualifiziert haben. Die Regel führt dazu, dass es eine Schwächung der starken Nationen gibt und dass es eine riesige Chance für die kleinen Nationen ist, die geballt zusammenspielen, aber eben keine Euroleague-Spieler in ihren Reihen haben. Aber dadurch, dass sie A) keine schlechten Spieler haben und B) zusammen sind, haben sie einen kleinen Vorteil gegenüber der B-Nationalmannschaft von größeren Nationen. Wie werden jetzt im ersten Fenster Österreich-A gegen Deutschland-B oder -C haben. Das wird eine große Herausforderung. Ich glaube aber voll an unsere Jungs. Und Henrik wird vor allem auch einfach so viele Leute mobilisieren, wie nur möglich, weil Spieler für ihn spielen wollen. Dass wir eine gute Mannschaft aufs Parkett schicken, daran glaube ich ganz stark. Aber es gibt auch andere Gruppen. Es würde mich nicht wundern, wenn dort einige größere Nationen ins Straucheln kommen.

basketball.de: Ich hatte Jeff Van Gundy erwähnt, der die USA bei den Qualifikationsspielen trainieren und sich bei den G-League-Spielern bedienen wird. Heißt das, dass die G-League auch Pause macht?

Schiller: Nein, wir machen keine Pause. Die Spieler werden abgegeben. Wenn einer unserer Spieler berufen wird, dann spielt er für Team USA, und wir spielen ohne ihn weiter.

basketball.de: Das heißt auch, dass Sie nicht weiter als Assistant Coach für das DBB-Team zur Verfügung stehen.

Schiller: Ja, genau.

basketball.de: In der BBL kann man sich vor der Saison Ziele setzen. Als G-League-Coach stelle ich mir das schwieriger vor. Haben Sie sich bestimmte Ziele gesetzt?

Schiller: Ja, drei Ziele. Erstens: eine Kultur schaffen, die den Jazz gleicht. Wir wollen verteidigen, den Ball bewegen und uns als Mannschaft gut präsentieren. Zweitens: Wir wollen Spielern helfen, sich zu entwickeln. Drittens: Wenn wir diese beiden Sachen gut machen, glauben wir auch, ein paar Spiele zu gewinnen. Das sind vielleicht etwas lose Ziele, aber die haben wir uns gesetzt.

basketball.de: Und für Sie persönlich im ersten Jahr als Head Coach?

Schiller: So lose es klingt, ich will einfach besser werden in dem, was ich mache. Das ist mein erstes Jahr als Head Coach, das wird eine ganze neue Erfahrung. Ich bin selbst gespannt. Ich will einfach an meiner Fähigkeit feilen.

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