NBA

Defense: Auch Draymond macht sexy Sachen

Draymond Green beherrscht den Nahkampf unterm Korb wie kaum ein Zweiter
© getty
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Wie bei den von SPOX bereits vorgestellten Team-Statistiken gibt es auch für Spieler ein individuelles Defensiv-Rating, dieses ist allerdings ziemlich fehlerbehaftet: Das Ergebnis ist stark von der Effizienz des Teams abhängig, da die Formel einen Schätzwert für forcierte Non-Steal Turnover und Non-Block Fehlwürfe beinhaltet, der für alle Spieler gleich ist.

Wie jeder Basketballer allerdings weiß, ist natürlich nicht jeder Spieler in der Defense auf dem gleichen Niveau und gleichermaßen aktiv. Andre Roberson und Enes Kanter können das sicherlich bestätigen. Da Rebounds, Blocks und Steals zudem als absolute Zahlen in die Berechnung einfließen, haben Big Men gegenüber Wings oder Guards einen wohl zumindest etwas unfairen Vorteil.

Das belegt auch die Top 5 der vergangenen Saison: Andre Drummond, Draymond Green, Rudy Gobert, Hassan Whiteside und Dwight Howard sind allesamt Big Men, gerade Drummond taucht in der Liste nahezu ausschließlich wegen seiner verrückten Rebound-Zahlen auf und führt sie sogar an, dabei erhielt er nicht eine einzige Stimme bei der Wahl der All-NBA Defensive Teams.

DRPM: Das Beste unter Schlechten

Andere Zahlen wie das Defensive Box Plus/Minus (DBPM) oder Defensive Win Shares (DWS) scheinen die Realität etwas besser abzubilden, auch sie orientieren sich aber zu stark am klassischen Boxscore und übervorteilen damit die klassischen Zahlensammler. Beim DBPM etwa steht Westbrook auf Platz zwei, in der Top 10 taucht außerdem Pau Gasol auf - relativ absurd. Ebenso wie Drummond auf drei und Harden auf 18 bei den Win Shares.

Die aktuell präziseste Formel dürfte das Defensive Real Plus/Minus (DRPM) sein, das von Statistik-Guru Jeremias Engelmann entworfen wurde. Mit dieser Metrik wird versucht (und oft auch geschafft), den wirklich individuellen Beitrag der Spieler zu isolieren, indem der Effekt sämtlicher Mit- und Gegenspieler mit einbezogen wird, wofür pro Saison mehr als 230.000 Possessions analysiert und seziert werden.

Auch dies ist kein fehlerloses System, auch wenn man einen recht guten Eindruck davon bekommt, wer die besten Verteidiger der Liga sind - mit einigen eklatanten Ausnahmen. Vergangene Saison rankte Kevin Durant auf Platz 80 und Leonard auf 87, um zwei relativ böse Beispiele zu nennen. ESPN-Insider Kevin Pelton bezeichnete DRPM auch deshalb gegenüber VICE Sports als "schlechteste Metrik, wenn es nicht all die anderen gäbe."

Was durchaus aus Lob zu verstehen war - denn beim DRPM gibt es zumindest weniger Fehler als bei anderen Systemen. Die Top 3 der vergangenen Saison etwa wurde von Gobert (6,02), Green (5,59) und Andrew Bogut (4,34) gebildet, die letzten drei Plätze wurden von Bojan Bogdanovic (-3,42), Isaiah Thomas (-3,89) und Doug McDermott (-3,92) besetzt.

Saison 2016/17*
#SpielerDRPM#SpielerDRPM
1Rudy Gobert6,02459Trey Burke-3,09
2Draymond Green5,59460Andrew Wiggins-3,16
3Andrew Bogut4,34461Jamal Crawford-3,18
4Robert Covington4,32462Shabazz Muhammad-3,19
5Dewayne Dedmon3,94463Marcus Thornton-3,31
6Anthony Davis3,9464Jordan Clarkson-3,39
7Salah Mejri3,66465D.J. Augustin-3,4
8Nene Hilario3,62466Bojan Bogdanovic-3,42
9Amir Johnson3,58467Isaiah Thomas-3,89
10David West3,54468Doug McDermott-3,92

Spurs: Schlechter mit Kawhi auf dem Court?

Die Realität ist vermutlich, dass man noch eine ganze Weile suchen und forschen muss, bevor man eines Tages eine präzise Aussage treffen kann, ein wenig Streuung wird es aber wohl immer geben. Denn Defense funktioniert nicht individuell, wie Coach-Legende Mike Krzyzewski einst erklärte: "Defense ist: Ein Mann verteidigt den Ball und die anderen vier helfen ihm."

Der Kontext ist wichtig, die Qualität der Mitspieler und die Teamchemie ebenso. Da wären wir wieder bei einer Eigenschaft, die nicht zu messen ist. Um die Defensiv-Performance im Teamverbund zu beurteilen, gibt es aber ebenfalls noch ein nützliches Werkzeug: Die On/Off-Zahlen. Wie schneidet das Team ab, wenn der Spieler auf dem Court ist oder auf der Bank sitzt?

Auch hier ergeben sich aber einige kuriose Beispiele, wenn man etwas forscht. Nehmen wir die Spurs beziehungsweise erneut Kawhi: San Antonio hatte mit einem Defensiv-Rating von 100,9 den besten Defensiv-Wert der Liga, was niemanden überraschen dürfte.

Aber: Mit Kawhi lag der Wert lediglich bei 104, ohne ihn waren es 96 - die Defense wurde ohne Leonard also auf 100 Ballbesitze gerechnet um ganze 8 Punkte besser. Wieso?

Kontext und Zufall sind wichtig

Da wären wir wieder beim Kontext und beim schon erwähnten Vier-gegen-Vier-Problem. Wer immer von Kawhi verteidigt wurde, bewegte sich so weit in die Ecke, dass er kaum noch zu sehen war. Leonard blieb dran und wurde so aus dem Spiel genommen.

Während sein Gegenspieler dadurch abgemeldet war, mussten die anderen dann eben zu viert verteidigen - und das war gerade dann schwierig, wenn die Oldies Tony Parker und Pau Gasol ein Pick'n'Roll verteidigen sollten.

Leonard war dann allerdings so weit von dem Play entfernt, dass er nicht mehr aushelfen konnte. Das erklärt nicht alles, aber doch einen Teil der Differenz. Ein anderer Teil ist völlig zufällig: Gegnerische Spieler trafen fast 38 Prozent ihrer Dreier, wenn Kawhi auf dem Feld stand, aber nur 29,2 Prozent, wenn er pausierte.

Nicht sein Gegenspieler wohlgemerkt, sondern alle fünf, die zeitgleich mit ihm auf dem Court standen, zusammengerechnet. Selbst die größte Klaue der Welt könnte das nicht beeinflussen. Kein Wunder, dass seit Jahren erfolglos nach der richtigen Metrik gesucht wird...