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Wenn sich der König nicht so fühlt…

LeBron James zeigte den Celtics in Spiel 1, wer den Osten regiert
© getty

LeBron James hat in Spiel 1 der Eastern Conference Finals die nächste Monster-Leistung hingelegt. Zu keiner Zeit hatten die Boston Celtics ein Mittel gegen den besten Spieler der Welt. Der fand seine Performance selbst aber gar nicht so gut.

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Noch nie hatte LeBron James in den Playoffs so lange Pause wie vor den Conference Finals. Neun Tage musste der King totschlagen, bis er sich sein nächstes Opfer zurechtlegen und es verspeisen konnte. Es kam aus Boston, trug Zopf und hörte auf den Namen Kelly Olynyk.

Ende des ersten Viertels sah sich James nach einem Switch dem Helden von Dienstagabend gegenüber. Respektlos drehte LBJ seinem Bewacher den Rücken zu, dribbelte den Ball betont lässig durch die Beine und flog dann an ihm vorbei. Schon wieder.

Sturm nach der Ruhe

Aufgrund der Verletzungsgefahr ließ Coach Tyronn Lue seine Jungs nach dem Sweep gegen die Toronto Raptors nicht Fünf gegen Fünf aufs ganze Feld spielen, sondern erlaubte lediglich Walk-Throughs oder leichte 3-on-3-Partien auf einen Korb.

Dementsprechend heiß kamen die Cavs schon zum Aufwärmen vor Spiel 1 aufs Parkett und statt einer Layup-Line musste die Korbanlage einen Dunk nach dem anderen verkraften. Das Team hielt die Intensität auch nach dem Tip-Off hoch und sprang den Celtics von Beginn an ins Gesicht.

Bei den ersten Bostoner Angriffen wurde Isaiah Thomas wie auch schon zuvor Paul George und DeMar DeRozan hart angegangen. Traps und Double-Teams sorgten dafür, dass der kleine Spielmacher keinen Rhythmus fand.

Fast zu leicht

Am anderen Ende des Courts hatte sich James vorgenommen, den Celtics gleich mal die defensiven Grenzen aufzuzeigen. Dank der Switches, die Brad Stevens gegen das Pick-and-Roll mit LeBron als Ballführer als Mittel der Wahl vorgegeben hatte, war es fast schon zu leicht für den King. Streichen wir das fast. Es war zu leicht.

Die Cavs nutzten ihre Big Men als Blocksteller, sodass sich LeBron entweder Al Horford, Tyler Zeller oder Olynyk gegenüber sah. Sie baten ihn geradezu darum, sie zu vernaschen.

Mit einem innerlichen Lächeln auf dem äußerlich regungslosen Gesicht spazierte James an ihnen vorbei, schüttelte im Vorbeigehen noch Big Papi in der ersten Reihe die Hand, trank einen grünen Tee und legte den Spalding anschließend in den Korb.

Die Ein-Mann-Abrissbirne

Seine ersten sieben Abschlüsse in Ringnähe waren allesamt drin, mit 14 Zonen-Punkten hatte er schon nach dem ersten Viertel fast seinen Playoff-Schnitt von 15,5 Zählern erreicht. Niemand ist ligaweit in dieser Hinsicht besser als das Ein-Mann-Abrissunternehmen aus Akron.

Um nicht im Dreier-Regen unterzugehen, blieben die anderen Celtics-Verteidiger an ihren Flügelspielern dran und halfen nur halbherzig - diese Taktik ging überhaupt nicht auf. LeBron konnte Schalten und Walten, wie er wollte.

"Er hat in den Playoffs bisher wirklich den Ton angegeben", sagte Lue über seinen Superstar: "Angefangen hat das in der zweiten Hälfte der Regular Season. Er hat offensiv seinen Groove gefunden und ihn mit in die Postseason genommen. Auf dieser Welle reiten wir."

Der geborene Anführer

Und der King trat nicht nur als Scorer in Erscheinung, sondern auch als Leader. Als die Celtics im dritten Viertel mit körperlicher Härte und psychischen Spielchen versuchten, in den Kopf von Rebound-Tier Tristan Thompson zu gelangen, nahm James ihn zur Seite und beruhigte seinen Center. Ein zweites Technical für ihn hätte Cleveland nicht gebrauchen können.

Mit dem Erfolg schraubte James seine Serie von aufeinanderfolgenden Playoff-Serien mit einem Auswärtssieg auf 29. Es war darüber hinaus LeBrons siebte Playoff-Partie in Folge mit mindestens 30 Punkten. Das schaffte zuletzt Shaquille O'Neal im Jahr 2003 - wenige Monate, bevor James in die Liga kam.

Eine weitere Statistik, die die Ausnahmestellung von LBJ unterstreicht: Erst zwei Spielern gelang es in der Liga-Geschichte, in zwei verschiedenen Saisons fünf aufeinanderfolgende 30-Punkte-Spiele in der Postseason aufs Parkett zu zaubern. Michael Jordan (1988, 1990) und LeBron James (2009, 2017).

Wir haben doch keine Zeit

Nach der 2-0 Führung der Golden State gegen die San Antonio Spurs schauen die Cavs auf die Uhr. Denn je länger sich eines der beiden Superteams mit den Conference Finals aufhält, desto größer der Nachteil in den Finals.

Eine Niederlage kann gleich zwei oder drei Tage weniger Vorbereitung sowie Regeneration bedeuten - für den ultimativen Titelkampf eine kostspielige Hypothek. Dass dieser zwischen den beiden Top-Favoriten ausgetragen wird, daran zweifelt kaum noch jemand.

"Habe mich nicht so gut gefühlt"

Im On-Court-Interview sagte James direkt nach dem finalen Buzzer: "Es war ein Spiel, um sich in die Serie reinzufühlen. Nach neun Tagen Pause habe ich mich nicht besonders gut gefühlt. Doch das wird sich in Spiel 2 ändern."

Wie bitte? 38 Punkte, 14/24 FG, 9 Rebounds, 7 Assists, 2 Steals - aber James hat sich nicht gut gefühlt?

In der Nacht auf Samstag steigt Spiel 2 in Boston. Wenn man seinen Worten Glauben schenken darf - und das darf man in der Regel - dann Gnade den Celtics Gott. Oder eine andere keltische Sagengestalt.

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