NBA

"Man sollte Russell nicht widersprechen"

Von Interview: Dirk Sing
Enes Kanter
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Können Sie beschreiben, wie sich die Spielweise der Thunder in Jahr eins nach KD verändert hat?

Kanter: Nun, ich denke, wenn man uns beobachtet, dann kann man sehr gut erkennen, dass wir in diesem Jahr den Ball deutlich mehr laufen lassen als zuvor. Dadurch ist jeder Akteur auf dem Court noch mehr in unser Spiel eingebunden, was uns gerade in der Offensive zusätzliche Optionen bietet. Auch wenn Russell bislang schon unser Anführer war, führt er das Team jetzt noch intensiver. Von der Entwicklung her befinden wir uns sicherlich auf einem sehr guten Weg.

SPOX: Hat sich mit dem Abgang von Kevin Durant auch Ihre Rolle und Verantwortung in der Mannschaft verändert?

Kanter: Das würde ich auf alle Fälle so sagen, ja! Meine Aufgabe ist es, von der Bank kommend, praktisch unsere zweite Fünf zu führen und auf beiden Seiten des Courts für möglichst viel Energie zu sorgen. Aber auch ansonsten bin ich jetzt noch wesentlich mehr ins Offensivspiel eingebunden. Gerade wenn Russell mit auf dem Feld steht, profitiere ich dabei ungemein. Er zieht oftmals mehrere Gegenspieler auf sich und hat dann das Auge für den freien Big Man. Darüber hinaus bekomme ich von unserem Coach Billy Donovan viel Vertrauen und stehe auch in knappen Partien am Ende auf dem Court. Das alles gibt mir sehr viel Selbstvertrauen.

SPOX: Viele Experten hatten dennoch vor Saisonbeginn erwartet, dass Sie Starter sein würden. Sind Sie selbst ein wenig enttäuscht, dass Sie "nur" von der Bank kommen beziehungsweise wie schwierig ist es, sofort den gewohnten Spiel-Rhythmus zu finden?

Kanter: Nein, enttäuscht bin ich darüber definitiv nicht. Unser Coach hat sich für eine Rotation entschieden, die momentan am besten für unser Team ist und die es uns ermöglicht, von Anfang bis zum Ende Druck auf unsere Gegner auszuüben. Ob du startest, von der Bank kommst, ob du eine oder 48 Minuten spielst - das ist letztlich zweitrangig. Wenn du auf dem Feld stehst, musst du deinen Job ganz einfach so gut wie möglich erfüllen. Letztlich geht es ausschließlich um den Erfolg der Mannschaft. Was den Rhythmus betrifft: Ich komme damit eigentlich ganz gut klar! Wenn ich zu Beginn auf der Bank sitze, versuche ich das Spiel so gut wie möglich zu beobachten und gleichzeitig ein Gefühl dafür zu entwickeln. Wenn der Coach dann meinen Namen ruft, bin ich mental schon drin in dieser Partie. Das hilft mir jedenfalls ungemein.

SPOX: Sie teilen sich die Center-Position zumeist mit Steven Adams, der - wenn man so will - letztlich auch so etwas wie Ihr Konkurrent im eigenen Team ist. Wie würden Sie das Verhältnis zu Ihren neuseeländischen Mannschaftskollegen beschreiben?

Kanter: Steven ist wie ein Bruder für mich! Seit meinem ersten Tag bei den Thunder verstehen wir uns prächtig. Er hat mir von Beginn an geholfen, dass ich mich hier - auch außerhalb der Basketball-Halle - bestens einlebe. Auf dem Court pushen wir uns sowohl in der Offensive als auch in der Defensive gegenseitig. Das macht uns beiden einen riesengroßen Spaß. Zudem schickt uns Donovan ja auch in den Spielen vermehrt gemeinsam aufs Feld, was richtig cool ist. Ich glaube, dass wir beide zusammen unseren Gegnern das Leben richtig schwer machen können. (lacht)

SPOX: Apropos Defensive: Ihre Verteidigungsarbeit galt bislang - gelinde ausgedrückt - nicht unbedingt als Ihre große Stärke. Ihr Teamkollege Westbrook meinte dazu auf Nachfrage von SPOX, dass Sie sich in diesem Bereich "deutlich verbessert" hätten. Würden Sie dem zustimmen?

Erlebe die NBA Live auf DAZN. Hol Dir jetzt Deinen Gratismonat

Kanter: Wenn Russell so etwas sagt, sollte man ihm natürlich nicht widersprechen. (lacht) Nein, ich habe im Sommer schon hauptsächlich an meiner Verteidigung gearbeitet. Das Hauptaugenmerk habe ich dabei auf meine Beinarbeit gelegt, damit ich mich einfach schneller und gezielter bewegen kann. Ich denke, dass das der entscheidende Faktor ist. Was das betrifft, fühle ich mich jetzt deutlich besser und beweglicher. Nachdem der Satz "Offense wins games, Defense wins championships" immer noch stimmt, musste ich mich in diesem Bereich ganz einfach verbessern.

SPOX: Ihr ehemaliger Mannschaftskamerad von den Utah Jazz, Rudy Gobert, hat vor wenigen Wochen in einem Interview gesagt, dass er sich augenblicklich für den besten Big Man in der NBA hält. Hat er recht beziehungsweise was halten Sie von dieser Aussage?

Kanter (grinst): Nun, Rudy kann ja sagen, was er will oder was er denkt. Das ist sein gutes Recht. Ob das jetzt stimmt oder nicht, will ich gar nicht groß kommentieren. Fakt ist, dass viele junge Center in dieser Liga immer besser und besser werden. Wer letztlich tatsächlich der beste Big Man in der NBA ist, sollen die Experten entscheiden. Ich denke, dass die Meinungen bei einem solchen Thema immer weit auseinander gehen.

SPOX: Stichwort Utah: Würden Sie heute sagen, dass Ihr Trade im Februar 2015 von den Jazz zu den Oklahoma City Thunder letztlich ein echter Glücksfall für Sie war?

Kanter: Ja, das würde ich zu 100 Prozent unterschreiben! Ich hatte das Glück, zu einem der besten Teams in der NBA getradet zu werden. Die Jungs haben mich super aufgenommen und ich war sofort ein wichtiger Teil der Rotation. Von dem her war es für mich auf alle Fälle ein deutliches Upgrade. Auch wenn wir dann in den Playoffs sehr unglücklich in den Conference Finals gegen die Warriors ausgeschieden sind, war es für mich eine tolle Erfahrung, von der ich heute mit Sicherheit profitiere.

SPOX: Zum Abschluss noch eine private Frage: Sie sind in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram sehr aktiv. Hat das einen bestimmten Grund?

Kanter: Es ist ganz einfach etwas, das mir sehr viel Spaß macht. Für mich persönlich ist es auch eine gute Möglichkeit, mit den Fans in Kontakt zu sein. Sie wollen wissen, was wir auf und neben dem Court so alles machen. Und diese Plattformen bieten dazu eben eine hervorragende Gelegenheit.

Alle Spieler von A-Z

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema