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Königlich gefrustet

Steht vor seiner fünften Niederlage in den NBA Finals: LeBron James
© getty

Nach der Niederlage in Spiel 4 der NBA Finals ist der Titel für die Cleveland Cavaliers und Superstar LeBron James nach menschlichem Ermessen außer Reichweite. James verzettelt sich in Scharmützeln mit Gegenspielern, auch die Referees bekommen ihr Fett weg. Alles nur, weil man einer unangenehmen Wahrheit nicht ins Auge blicken will. SPOX zeigt Spiel 5 am Dienstag um 3 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE.

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Wenn es noch etwas werden soll mit dem ersehnten Titel für Cleveland, müssen die Cavaliers drei Spiele in Folge gegen die Warriors gewinnen. Also nur gegen das Team, dass in dieser Saison bereits 88 Siege eingefahren hat, so viele wie noch kein einziges Team in der NBA-Historie. Also gegen ein Team, dass in der ganzen Saison überhaupt erst einmal zwei Spiele in Folge verloren hat. Und zwei Partien würden in der Oracle Arena stattfinden. Dort haben die Dubs in den letzten zwölf Monaten gerade einmal drei Spiele verloren. Und die ersten beiden Spiele der Finals mit 15 und 33 Punkten Vorsprung gewonnen.

Oh, und haben wir schon erwähnt, dass ein 1:3-Rückstand in den Finals noch nie wettgemacht wurde? 31 Franchises haben es versucht. 31 sind gescheitert. Cleveland wäre Nummer 32.

Kein Wunder, dass nach der 97:108-Heimniederlage am Freitag der Frust regierte.

Wobei der schon während der Partie aufflackerte, die LeBron James und Co. in der zweiten Halbzeit Stück für Stück aus den Fingern schlüpfte. Diesmal war es kein Blowout, wie schon so oft in den diesjährigen Playoffs. Sondern ein überlegenes Team, das sich langsam, aber sicher vom unterlegenen Gegner absetzt. Und deshalb schmerzte die Niederlage ganz besonders.

LeBron im Zwist mit Curry und Green

Vielleicht ist es so zu erklären, dass sich James, sonst eigentlich kein großer Freund von Konfrontationen auf dem Court, mit Gegenspielern anlegte. Einmal mit MVP Stephen Curry, dem er in der Schlussphase ein unnötig hartes Foul und danach noch ein paar Grußworte für die Heimreise mitgab. Und einmal mit Draymond Green, über den er demonstrativ steigen wollte - man denke an Allen Iverson und Cavs-Coach Tyronn Lue -, obwohl der schon im Begriff war, aufzustehen. Und dementsprechend reagierte Green dann auch not amused, schlug mal wieder um sich und geriet anschließend auch noch verbal mit James aneinander.

Der machte auf der anschließenden Pressekonferenz keinen Hehl daraus, was er von Greens Aktion hielt. Der Small-Ball-Center der Dubs sei eindeutig zu weit gegangen, auch in seiner Wortwahl. Green könnte nun eine Sperre drohen, sollte sein Verhalten nachträglich als Flagrant Foul eingestuft werden. "Ich weiß nicht, was die Konsequenz sein sollte. Das habe ich nicht zu entscheiden", so James. "Das ist Sache der Liga. Sie werden es sich anschauen."

James: "Green hat Grenze überschritten"

Verräterischer war da allerdings die Antwort auf die Frage, ob er mit einer Sperre seines Gegenspielers rechne. Kurz und knapp: "Nein." Schließlich war Green auch schon nach seinem - laut eigener Aussage unabsichtlichen - Tritt gegen Steven Adams davongekommen. Warum also diesmal mit einer harten Strafe rechnen.

James schimpft gegen Referees

Noch mehr Frust. Und wer gefrustet ist, der sucht Schuldige. In diesem Fall waren es bei James dann die Referees. Warum von einer Sperre ausgehen, wenn die Unparteiischen auch so schon für Warriors pfeifen? Oder, präziser gesagt: Gegen ihn. Und zwar schon das ganze Jahr.

So kurz vor dem kaum mehr vermeidbaren Saisonende musste deshalb der Frust raus beim vierfachen MVP. "So ist es doch schon über die gesamte Saison fast immer gewesen. Ich weiß nicht genau, was ich machen kann, um an die Linie zu kommen", beschwerte sich James. "Ich werde bei meinen Drives getroffen, aber die Refs sehen es anders." Es sei hart, in 46 Minuten Spielzeit nur viermal an die Linie zu gehen, "so oft wie ich den Korb attackiere."

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Der größte Basketballstar des vergangenen Jahrzehnts als schlechter Verlierer? Angesichts der nackten Zahlen kann man seinen Frust zumindest verstehen. 5,4 Freiwürfe pro Spiel in den Playoffs hatte es bis dato in seiner Karriere noch nicht gegeben, und auch in der regulären Saison (6,5 Freiwürfe/Spiel) ist er nur in seinem Rookie-Jahr seltener an die Linie marschiert. Sein Coach blies ins gleiche Horn: "Er bekommt nie Pfiffe", so Lue. "Ich meine, er greift immer an. [...] Und es wird nicht immer fair gepfiffen, weil er so stark ist und die anderen von ihm abprallen. Aber das sind trotzdem Fouls."

Unangenehme Wahrheit

Gerechtfertigt oder nicht: Eiserne Regel ist in einem solchen Fall, zumindest öffentlich nach einer Partie, keine Sündenböcke zu benennen, sondern die Schuld auf sich zu nehmen. Alles, nur kein schlechter Verlierer sein.

Dass James und auch Lue diese Maxime nach Spiel 4 ignorierten, ist der Verzweiflung geschuldet, die das Scoreboard hervorruft. 1-3. Sie wissen: Diese Serie ist so gut wie verloren. Aber solange noch ein Funken Hoffnung besteht, geht es auch darum, einer schmerzhaften Wahrheit nicht ins Auge sehen zu müssen. Nicht ins Auge sehen zu dürfen, will man noch an den Turnaround glauben. Und die lautet: Die Warriors sind schlicht und ergreifend besser.

Golden State zieht Schlinge zu

Bisher hatten beide Protagonisten eigentlich nur den Heimvorteil verteidigt, den "Aufschlag gehalten", wenn man so will. Und auch diesmal führten die Cavs im dritten Viertel, dank starker Rebound-Arbeit, gutem Shooting und einem frenetischen Publikum.

Doch dann zog der Titelverteidiger die Schlinge unerbittlich zu, immer fester und fester. Die Dreier von Steph und Klay fielen, das eigene Brett wurde besser verteidigt, die Defense härter und körperbetonter. Lue setzte auf seine Stars und ließ James und Irving das komplette Schlussviertel auf dem Court, doch deren Eins-gegen-eins-Attacken verpufften auf dem Weg in die Zone.

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"Unsere Offensive ist im vierten Viertel ins Stocken geraten", musste James zugeben. "Es war ein bisschen zu viel durcheinander, zu viele Dribble Drives, und dann haben wir uns durch den Rückstand zu schnell mit Dreiern abgefunden." Die Dubs dagegen spielten ihren Stiefel runter, so wie immer eben. Und stehen ganz kurz vor dem zweiten Titel in Serie.

Stars sollen es richten

Mehr als Durchhalteparolen bleiben vor Spiel 5 in der Nacht auf Dienstag (ab 3 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) nicht. Lue könnte den genesenen Kevin Love, der in Spiel 4 in 25 Minuten von der Bank kommend 11 Punkte und 5 Rebounds auflegte, wieder in die Starting Five beordern. Er könnte nach seiner Schiedsrichter-Schelte auf mehr Freiwürfe für seinen Superstar hoffen. Und darauf bauen, dass das Shooting der Splash Brothers keine Korrektur, sondern ein einmaliger Ausreißer nach oben war. Keine sonderlich aufmunternden Optionen.

Die drei Tage Pause dürften zumindest seinen Stars helfen, die am Freitag zunehmend ausgelaugt aussahen. Schließlich kündigte er bereits an, sie wieder so lange wie irgend möglich spielen zu lassen: "In den Finals muss man so viele Minuten spielen wie nötig, und wenn es 96 Minuten sind. Wir sind in den Finals, da muss man die Karten auf den Tisch legen. In neun Tagen können sie sich den ganzen Sommer lang erholen."

Vielleicht auch schon am Dienstag.

Der Spielplan im Überblick

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