NBA

Nicht das erste Rodeo

Dirk Nowitzki und die Mavs mussten 2005 vor allem das Rätsel Tracy McGrady lösen
© getty

Die Dallas Mavericks stehen in der Nacht von Freitag auf Samstag mit dem Rücken zur Wand. Die Situation ist für die Mavs indes nicht neu - vor genau zehn Jahren schafften sie nach einem 0:2-Rückstand noch das Comeback. Der Gegner? Die Houston Rockets. Ein Rückblick auf eine bemerkenswerte Serie.

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Tracy McGrady erlebte am 25. April 2005 einen perfekten Tag. Die Erstrundenserie gegen den verhassten Staatsrivalen aus Dallas lief viel besser als gedacht: Houston entführte beide Spiele und führte in der Best-of-Seven-Serie mit 2:0. Nach einem deutlichen Sieg in Spiel eins mussten die Rockets in der zweiten Partie zwar länger zittern, für T-Mac war das aber kein Problem.

2,2 Sekunden vor Schluss stieg er bei Gleichstand zum Jumper hoch und warf den Ball über den ausgestreckten Arm von Keith Van Horn - nichts als Netz. "Das einzige, woran ich dachte, war der Sieg. Yao [Ming] hat mir einen guten Block gestellt. Ich habe ihn genutzt und konnte den Game-Winner versenken", freute sich Houstons Superstar nach der Partie.

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Der spielentscheidende Wurf krönte eine sensationelle Leistung McGradys. Mit 28 Punkten, 10 Assists und 8 Rebounds gab er seinem Team alles, was es brauchte. Außerdem lieferte er mit einem fast schon menschenverachtenden Dunk über Shawn Bradley im ersten Viertel das Symbol für die ersten beiden Spiele. "Das wird ein Poster für meine Kinder", lächelte McGrady.

Yao dominiert die Zone

Der Swingman hatte allen Grund, gut gelaunt zu sein. Houston fuhr nicht nur mit einem 2:0-Polster nach Hause, die Rockets hatten auch Dallas' Dirk Nowitzki sehr gut im Griff - der Dirkster hatte in Spiel eins und zwei bloß 13 seiner 41 Wurfversuche versenkt.

Auf Rockets-Seite war Yao unstoppable: Der Chinese legte in Spiel zwei mit 33 Zählern sein Playoff-Career High auf und verfehlte gerade einmal einen seiner 14 Würfe. Die Mavs-Center Bradley und Erick Dampier waren mit "The Dynasty" völlig überfordert.

Entsprechend zerknirscht bügelte Nowitzki die Anfragen der Journalisten nach der Partie ab. "Wir müssen einfach besser verteidigen", analysierte der Deutsche. Besonders rosig waren die Aussichten nicht mehr für die Mavericks, die sich vor den Playoffs als viertplatziertes Team noch als Contender gewähnt hatten.

Lebenszeichen von Dirk und FinDog

Drei Tage später standen die Mavs in Houston also bereits mit dem Rücken zur Wand. Wie praktisch, dass ihr bester Spieler nun endlich aufwachte. Nowitzki hatte sich nach zwei schwachen Spielen endlich besser darauf eingestellt, von kleineren Gegnern verteidigt zu werden, und fand seinen Touch - mit 28 Punkten (9/16 FG) gab er gemeinsam mit Michael Finley (20 Punkte) den Ton an.

Auflösungserscheinungen in Dallas: Das große Missverständnis

Dallas sicherte sich einen knappen Sieg und kontrollierte dabei auch Houstons Stars endlich besser. "Wir hatten zu Beginn dieser Serie zwei unserer schlechtesten Spiele der Saison, was die Defense angeht", analysierte Mavs-Coach Avery Johnson, "heute sind unsere Kapitäne Dirk und Finley mit gutem Beispiel voran gegangen."

Es war ein erster Schritt, der für Dallas als Knotenlöser wirkte. Auch die nächsten beiden Spiele sicherten sich die Mavs knapp - die Spiele 3, 4 und 5 endeten insgesamt mit nur 11 Punkten Unterschied - und holten sich den Heimvorteil zurück.

In Spiel vier war es Jason Terry, der mit 32 Zählern sowie dem Game-Winner den Unterschied machte, Spiel fünf entschied Jerry Stackhouse mit Freiwürfen in der Crunchtime. Aus 0:2 mach 3:2 - und auf einmal war es McGrady, der zerknirscht Durchhalteparolen von sich geben musste: "Es heißt 'Win or go home.' Ich kenne das Gefühl. Wenn wir verlieren sollten, ist das eben so. Aber wir werden alles dafür tun, um nochmal für ein siebtes Spiel hier nach Dallas zu kommen."

Houston schlägt zurück

Dieses Teilziel erreichte das Team von Jeff Van Gundy im sechsten Spiel auch. Die Mavs ließen den Elan vermissen, der die vorigen Spiele gekennzeichnet hatte, und wurden folglich mit 101:83 aus der Halle geschossen. T-Mac legte 37 Punkte auf, Dikembe Mutombo zeigte defensiv eine grandiose Leistung und blockte alleine im letzten Durchgang vier Würfe.

Die Mavs hingegen mussten sich der einen oder anderen Schimpftirade ihres "kleinen Generals" Johnson aussetzen. "Unsere Jungs sind heute selbstzufrieden aufgetreten. Das ist inakzeptabel!", meckerte der Dallas-Coach nach der Partie mit seiner unverwechselbar giftigen Stimme.

Dallas hatte jedoch immer noch den Heimvorteil - und trotz der Niederlage in Spiel sechs war auch das allseits beliebte Momentum noch immer auf Seiten der Mavs. In jedem Fall wurde ein umkämpftes siebtes Spiel erwartet, in dem beide Mannschaften noch einmal alles abrufen würden. Die Realität sah jedoch anders aus.

Ein epischer Kollaps

6:41 Minuten waren im zweiten Viertel noch zu spielen, als T-Mac sich aus Frust ein Technical abholte und Terry den Freiwurf versenkte. Dallas führte von da an mit 49:25 und hatte den Sieg schon so gut wie in der Tasche.

"Niemand von uns hätte so etwas erwartet. Wir kamen ohne Elan ins Spiel und wurden von ihnen überrollt", sagte McGrady später. "Wir sind einfach zerbrochen", fügte Van Gundy hinzu. Wie mies Houston war? Nun, T-Mac und Ming erzielten zusammen 60 Punkte, ihre Mitspieler machten insgesamt 16.

In der Tat hatten die Rockets eine historische Pleite verpasst bekommen. Mit sage und schreibe 40 Punkten versohlten die Mavs ihren Mit-Texanern den Hintern und feierten damit den höchsten Game-7-Sieg der NBA-Geschichte. 116:76 lautete das beschämende Endergebnis.

Dallas wurde durch den Sieg zum dritten Team überhaupt, das nach zwei Heimniederlagen zum Auftakt noch eine Best-of-Seven-Serie gewinnen konnte - und das mit einem Blowout epischer Proportionen. Eine vergleichbar dominante Vorstellung in den Playoffs sollte es erst sechs Jahre später geben, als Dallas die Lakers auf dem Sieg zum Titel mit 122:86 aus der Postseason fegte.

"Verdammt lange her"

Die Mavs flogen 2005 eine Runde später mit 2:4 gegen den alten Kumpel Steve Nash und seine Suns raus, die Serie blieb dennoch in Erinnerung - auch Nowitzki: "Sie hatten damals ein echt starkes Team. Mit T-Mac, mit Yao. Das ist schon verdammt lange her."

Zehn Jahre, um genau zu sein. Nur drei der in Spiel sieben eingesetzten 21 Spieler sind heuer überhaupt noch in der Liga - und zufällig sind Nowitzki, Terry und Devin Harris alle an der 2015er Erstrundenserie zwischen Houston und Dallas beteiligt.

Wer verzweifelt nach Hoffnung für die Mavs sucht, darf dies durchaus als gutes Omen werten.

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