NBA

Die Hatz nach den Erwartungen

Von Max Marbeiter
Noah, Rose und Butler (v.l.n.r.) kassierten mit den Bulls zuletzt zwei Pleiten in Serie
© getty
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Derrick Rose

Überhaupt: Derrick Rose. Auch der MVP von 2011 trägt mit seiner teils unmotivierten Defense zu Chicagos Problemen bei. Doch auch allgemein darf er sich in letzter Zeit einiges anhören. Er treffe schlechte Entscheidungen, heißt es. Er nehme schlechte Würfe. Er ziehe zu selten in Richtung Ring. Kurz: Derrick Rose spiele einfach nicht gut.

Und tatsächlich: Derrick Rose spielt bislang größtenteils wirklich nicht gut. Seine Liebe zum Dreier erinnert mittlerweile eher Romeo und Julia als an William und Kate. Sie ist fast schon tragisch. 5,6 Mal drückt Rose von draußen ab, trifft dabei aber nur in 29,9 Prozent der Fälle. Das True Shooting des Playmakers liegt so bei schwachen 49,7 Prozent. In Sachen Player Efficiency Rating befindet sich Rose mit 16,05 auf Rang 103 in bester Gesellschaft von J.J. Barea und Victor Oladipo.

Es bleibt dabei: Derrick Rose spielt nicht gut. Man kann ihm nun vorwerfen, sich während seiner zwei Jahre Verletzungspause keinen verlässlichen Wurf angeeignet zu haben, immer noch eine seltsame Wurfbewegung zu besitzen und trotz schwacher Quoten weiter von draußen abzudrücken. Man kann ihm vorwerfen, sich nicht auf seine Stärken, auf den Drive zu besinnen.

Andererseits sollte niemand vorschnell urteilen. Klar, die Hälfte der Saison ist absolviert. Nur war Rose eben zwei Jahre lang verletzt, hatte zwei schwere Knieverletzung zu überstehen. Danach kommt niemand zurück und ist direkt wieder der Alte. Einerseits muss das Vertrauen in Spiel und Körper zurückkehren, andererseits der Rhythmus des Spiels wiedergefunden werden.

Rose braucht Zeit

Und genau das geht Rose noch ab. Mitunter wirkt es, als scheue er den Zug zum Korb, als sei er sich nicht sicher, wie er auf gewisse Situationen zu reagieren hat. Rose attackiert nicht, spielt sichere Pässe, versteift sich auf den Dreier. Meist sind das nicht einmal schlechte - sprich: gut verteidigte Würfe -, wie er selbst sagt. Nur bietet die Defense Rose den Distanzwurf eben nur an, da er ihn einfach zu selten trifft. Dass er zudem zu selten für seine Mitspieler kreiert (4,9 Assists), zu wenig attackiert, macht das Spiel des Point Guards derzeit ineffizient.

Doch noch mal: Kreuzband- und Mensikusrisse binnen weniger Monate lassen sich nicht ohne weiteres wegstecken. Zumal es für die Liga kein Qualitätsmerkmal wäre, käme einer nach zwei Jahren Verletzungspause zurück und zählte direkt wieder zu den zehn Besten. Im Rose' Falle gilt es einfach, den Gesamtkontext im Blick zu haben und ihm - so abgedroschen es klingen, so schwer es fallen mag - Zeit zu geben.

Positive Anzeichen

Zumal durchaus Belege der Stärke des Derrick Rose existieren. Kurz vor Weihnachten gewann er binnen zweier Nächste immerhin das direkte Duell gegen die beiden All-Star-Starter Kyle Lowry und John Wall. Nicht nur die Bulls entschieden die Spiele für sich, auch Rose spielte besser als seine Pendants. Speziell im letzten Viertel.

Überhaupt scheut sich Rose nicht, kurz vor Schluss Verantwortung zu übernehmen, trägt die Bulls bereits wieder durch den einen oder anderen Schlussabschnitt. Gegen Golden State traf er sogar den Gamewinner. Trotz zuvor schwacher Leistungen. In jenem Spiel gelang Rose übrigens das Kunststück, Steph Curry in der gesamten Hälfte inklusive Verlängerung keinen Dreier treffen zu lassen.

Es scheint, als könne der Playmaker in entscheidenden Phasen tatsächlich ein wenig zulegen. Und auch die Bulls scheinen Spiele gegen Playoff-Teams deutlich fokussierter und ernsthafter anzugehen, als jene gegen Kollegen aus der Lottery. Die Spurs hielt man beispielsweise bei 81 Punkten, Golden State brachte man die erste Heimpleite seit zwei Monaten bei.

Stark gegen West-Konkurrenz

So steht Chicagos Bilanz gegen Playoff-Teams aus dem Westen bei insgesamt 7:3. Vielleicht haben die Bulls tatsächlich begriffen, dass es wenig sinnvoll ist, jedes einzelne Regular-Season-Spiel anzugehen, als sei es das letzte, nur um während der Playoffs schlussendlich einzubrechen. Der Titel ist das Ziel in Chicago.

Soll das gelingen, benötigen die Bulls allerdings ihre Starter. Sind alle Fünf fit, steht man bei 12 Siegen und lediglich 3 Niederlagen. Nur stehen Chicagos Starter derzeit eben nur äußerst selten gemeinsam auf dem Court. Momentan fehlt Mike Dunleavy. Und es ist kein Zufall, dass die Probleme der Bulls mit der Verletzung des Small Forward begannen, dass sie zwischenzeitlich sechs von acht Spielen verloren.

Schlüsselspieler Dunleavy

Dunleavys Shooting ist essentiell für Chicagos Spiel. Schließlich trifft kein Bull den Dreier so konstant wie der ehemalige Dukie. Dazu ist Dunleavy ein fähiger Teamdefender, stellt gute Screens, nimmt bereitwillig das Offensivfoul auf. Kurz: Mike Dunleavy Jr. ist der Glue Guy. Derjenige, der alles macht, sich für nichts zu schade ist. Diese Komponente fehlt Chicago derzeit.

Dunleavys Fehlen nun allein für die Probleme der Bulls verantwortlich zu machen, verliehe seiner Rolle allerdings zu großes Gewicht. Chicagos Probleme sind vielschichtig. Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass die Bulls die Erwarungen bislang nicht erfüllen. Allerdings müssen sie das auch noch nicht. Erst in den Playoffs gilt es.

Natürlich weiß niemand, ob Chicago bis dahin wirklich funktioniert, ob Derrick Rose seinen Rhythmus, Tom Thibodeau die richtige Rotation gefunden hat. Zu sehr nach unten schrauben sollte seine Erwartungen an die Chicago Bulls dennoch niemand.

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