NBA

"Ich hatte Gänsehaut"

Von Aufgezeichnet von Daniel Herzog und Max Marbeiter
Dirk Nowitzki hat den nächsten Meilenstein in seiner Karriere erreicht
© getty

Mit seinen 23 Punkten ist Dirk Nowitzki in der All-Time-Scoring-List an Rockets-Legende Hakeem Olajuwon vorbeigezogen. Nach dem Erreichen des Meilensteins stand der Superstar deutschen Journalisten in einer Telefonkonferenz Rede und Antwort. Der Power Forward der Dallas Mavericks spricht über seine harte Anfangszeit in der NBA, Gänsehaut während der Auszeit und ein Abendessen mit Chris Kaman.

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Frage: Dirk, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer großartigen Leistung. Sie spielen seit mehr als 16 Jahren für die Dallas Mavericks. Ist dies ein Grund, warum Sie diesen Meilenstein erreicht haben?

Dirk Nowitzki: Das stimmt. Es ist etwas Besonderes für mich. Ich bin vor so langer Zeit hierher gekommen und wusste mit 20 nicht, was mich erwarten würde. Dallas hat mich so gut aufgenommen, die Leute hier waren immer nett und haben mich unterstützt. Natürlich vermisse ich Deutschland und habe das gerade zu Beginn getan, aber Dallas ist jetzt wie eine zweite Heimat für mich. Es hätte sich einfach nicht richtig angefühlt, zu einem anderen Team zu wechseln und woanders zu spielen. Ich wollte immer hier in Dallas sein.

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Frage: Ist Ihnen bewusst gewesen, dass der Rekord unmittelbar bevorstand?

Nowitzki: Natürlich bekommt man es durch die Medien oder auch beim Training mit. Deshalb war mir bewusst, dass ich nicht zu weit weg war. Als das Spiel begann, war ich aber nur auf meinen nächsten Wurf fokussiert und darauf, wie ich dem Team helfen konnte, zu gewinnen. Deshalb habe ich während des Spiels auch nicht daran gedacht. Als ich den entscheidenden Wurf dann traf, die Leute ausgeflippt sind und mir Standing Ovations gaben, war es schon ein ganz besonderer Moment. Gerade, weil ich ihn mit den Leuten teilen durfte, die mich so lange begleitet haben. Beim nächsten Timeout haben sie dann ein kleines Video gezeigt, um mich zu ehren. Da hatte ich Gänsehaut.

Frage: Was ging Ihnen in dem Moment, als ihre Highlights gezeigt wurden, durch den Kopf?

Nowitzki: Es war schon komisch. Coach Carlisle hat während des Timeouts ein Play aufgemalt und ich konnte mich nicht wirklich darauf konzentrieren, was er auf sein kleines Brett malte. Ich habe mir einige der Highlights angesehen, an meinen ersten NBA-Punkt gedacht, daran, wie ich meinen 5.000., 10.000., 15.000., 20.000. Punkt gemacht habe. Ich war einfach sprachlos, hatte Gänsehaut und habe daran gedacht, was für eine großartige Reise es bislang war, wie viel Glück ich hatte, hier gelandet zu sein. Dann denkst du natürlich an die harte Arbeit, die du investiert hast. An all die Sommer, in denen du versucht hast, immer besser zu werden. Und natürlich an dieses Glück, dass man so lange spielen kann und konnte, ohne große Verletzungen zu erleiden. Es kommen einem einige Dinge in den Sinn, die mich stolz auf das machen, was ich erreicht habe. Hoffentlich bleibe ich nun die nächsten zwei Jahre verletzungsfrei, kann noch auf einem hohen Level spielen und den Jungen dann langsam das Zepter übergeben.

Frage: Werden Europäer in der NBA nun weniger kritisch gesehen als während Ihrer Anfangstage?

Nowitzki: Es kommen ja mittlerweile immer mehr internationale Spieler, nicht nur aus Europa, die einen großen Einfluss auf ihr Team haben. Da macht es Spaß, zuzusehen. Als ich in die Liga kam, gab es sporadisch vielleicht mal ein oder zwei. Jetzt haben einige Teams sechs, sieben internationale Spieler im Roster. Jeder weiß, dass internationale Spieler gut ausgebildet sind. Die Regeländerungen vor einigen Jahren, als sie die Zone eingeführt und der Handcheck verboten haben, hat es internationalen Spielern erleichtert, sich an das Spiel zu gewöhnen. Jetzt ist es einfach ein anderes Spiel. Es gibt viel Pick-and-Roll, viel Bewegung. Jeder kann von draußen werfen. Das hat mir persönlich und sicher auch anderen Spielern geholfen, Erfolg zu haben. Das Spiel ist jetzt freier.

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Frage: Mit welcher Erwartung kamen Sie damals in die NBA?

Nowitzki: Ich kam direkt aus der zweiten deutschen Liga. Dann kam der Lockout. Mein erstes Jahr war sehr hart, ich hatte viele Probleme. In manchen Spielen kam ich nicht mal aufs Feld und war teilweise frustriert. Ich war nicht sehr gut, habe nicht gut geworfen. Ich hatte zudem Probleme, mich abseits des Courts einzugewöhnen. Aber ich musste da irgendwie durch und habe weitergearbeitet und von unseren älteren Spielern viel gelernt. Wenn man mir vor 17 Jahren gesagt hätte, dass ich eines Tages an Hakeem Olajuwon vorbeiziehe, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt. Ich hatte einige großartige Teamkollegen, einige großartige Coaches und hatte auch das Glück, dass Mark Cuban die Mavs in meinem zweiten Jahr gekauft und die Franchise so umgekrempelt hat. In den 90er waren wir noch eine Verliererfranchise, dann bekamen wir ein neues Flugzeug, wir haben in besseren Hotels geschlafen, bekamen eine neue Arena. Alles hat sich verändert und plötzlich wurden wir wieder relevant. Es war eine großartige Reise mit einigen großartigen Weggefährten.

Frage: Kommen wir auf die neuen Mavs zu sprechen. Gegen Miami gab es eine herbe Niederlage. Coach Rick Carlisle zeigte sich anschließend besorgt über den Zustand der Mannschaft. Teilen Sie seine Sorge?

Nowitzki: Gegen die Kings lagen wir dann auch wieder weit zurück, aber wir haben ein gutes Team, sind offensiv sehr explosiv und haben viele Scorer. Wir müssen aber daran arbeiten, besser zu werden. Defensiv machen wir einfach noch viele Fehler. Es ist noch nicht alles perfekt. Das hat aber auch etwas Gutes. Die Saison ist noch jung und wir haben noch viel Zeit, besser zu werden und an Dingen zu arbeiten. Gegen die Kings kamen wir gut zurück und haben in der zweiten Hälfte großartig gespielt. Da funktionierte dann auch die Defense und wir haben den Ball gut laufen gelassen. Das ist unser Spiel. Das Comeback war wichtig für uns, nachdem wir bereits mit über 20 Punkten zurücklagen.

Frage: Sie haben wieder viele neue Teamkollegen. Wie ist die Chemie im Team?

Nowitzki: Ja, wir haben acht neue Jungs. Das braucht natürlich ein wenig Zeit. Aber mir gefällt, wie wir es bis jetzt gemacht haben. Im Training Camp haben wir hart gearbeitet und konnten uns während unserer acht Preseason-Spiele bereits ein wenig aneinander gewöhnen. Wir hatten einige gute Halbzeiten, haben es aber noch zu selten über die vollen 48 Minuten durchgezogen. Ich bin aber glücklich mit unseren Neuzugängen. Tyson (Chandler, Anm. d. Red.) spielt sehr gut, reboundet und punktet auch. Auch Chandler Parsons wird uns noch sehr weiterhelfen. Alle Neuen werden uns helfen. Und das Großartige ist, dass sie nicht selbstsüchtig sind. Wir bewegen den Ball und wollen zusammen gewinnen. Wir haben einen großartigen Mix, müssen aber weiter arbeiten und besser werden. Darum geht es in der Liga. Du musst dich von Monat zu Monat verbessern und hoffentlich zur richtigen Zeit in den Playoffs dein Maximum erreichen.

Frage: Sie haben letztens gegen die Blazers gespielt. Gab es eine Chance, mit Chris Kaman über die Nationalmannschaft wegen dem nächsten Sommer zu sprechen?

Nowitzki: Ja, wir waren zusammen Abendessen. Das war großartig. Ich habe die Nationalmannschaft auf meinem Plan. Es ist großartig für den deutschen Basketball, dass man nun ein großes Turnier im eigenen Land hat. Aber ich muss erst einmal durch die Saison kommen und dann werden wir sehen, wie ich mich fühle. Immerhin bin ich dann 37. Wir werden es gemeinsam mit dem Verband entscheiden. Momentan habe ich es auf der Agenda und es wäre sicher ein großer Spaß.

Dirk Nowitzki im Steckbrief

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