NBA

Schwer verdaulich!

Von Stefan Petri
Die Ersatzbank der Thunder: Die Gesichter sagen alles
© getty

Mit 77:112 gingen die Oklahoma City Thunder in Game 2 bei den San Antonio Spurs unter. Eine Pleite mit 35 Punkten Differenz, ein Klassenunterschied, die Spurs in allen Belangen überlegen. Um diese bittere Pille leichter verdauen zu können, gibt es den Nachbericht diesmal in Häppchen - und zwar 35 an der Zahl.

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  • Die Spurs mit 2-0 vorn gegen die Thunder: Das gab's doch schonmal. Genau zwei Jahre ist es her, da gewann San Antonio in den Western Conference Finals ebenfalls die ersten zwei Partien in Texas (wenn auch bei weitem nicht so deutlich), bevor man sich auf nach Norden machte. An diese Erinnerung werden sich die Thunder klammern, denn plötzlich hatte man die Spurs durchschaut und gewann die nächsten vier Spiele in Serie gegen eine bis dato unaufhaltsame Maschinerie. Man kann es sich nach dem Spiel heute Nacht nicht vorstellen - aber das konnte man 2012 wohl auch nicht.
  • Allerdings konnten die Thunder damals eben auf Serge Ibaka zurückgreifen. Der fällt verletzt aus, und fehlt jetzt sowohl offensiv als auch defensiv an allen Ecken und Enden. "Wir werden unsere Probleme nie auf das Fehlen von Ibaka schieben", beharrte Westbrook. Das braucht er nicht, es ist offensichtlich genug.
  • Die Spurs können sich natürlich auch noch gut an die Serie 2012 erinnern - und auch im Vorjahr sah man schon wie der sichere Champion aus, bevor die Heat das Ding noch drehten. Dementsprechend vorsichtig ist Manu Ginobili, auch nach dem Blowout: "Solche Spiele sind sehr gefährlich. Das ist nicht die Realität. Wir kommen jetzt zu ihnen und halten uns für großartig - aber das sind wir nicht." Noch in der Dusche nach der Partie habe man über die Pleite 2012 diskutiert, verrät der Argentinier. Geschichte soll sich schließlich nicht immer wiederholen.
  • "Hey, Mister! Mister Green!" So tönt es hin und wieder in einem Werbespot für ein Internetportal. Es geht also nicht um Green - aber nach solchen Auftritten hätte der Scharfschütze vielleicht auch den einen oder anderen Werbevertrag verdient. Bester Spieler der Partie war Tony Parker, aber Green war es, der den Thunder mit seinen Dreiern das Genick brach. Der Mann ist einfach unfassbar heiß. Jedem Gegner läuft es kalt den Rücken runter, wenn Green beim Fast-Break aus vollem Lauf kurz vor der Dreierlinie hochsteigt und fast in Vorlage abdrückt - sein Markenzeichen. Treffer dieser Sorte waren am Mittwoch nicht dabei. Aber das lag einfach nur daran, dass er immer so offen war.
  • In dieser Postseason trifft Green 51 Prozent seiner Triples. 15 seiner letzten 21 Dreier landeten im Ziel. Ein gutes Zeichen für die Spurs: Wenn Green viermal von außen trifft, hat man dieser Saison von 16 Spielen noch keins verloren.
  • Ibaka fehlt nicht nur bei Drives von Parker und Ginobili, sondern auch gegen Duncan und Splitter (zusammen 23 Punkte und 22 Rebounds). 54 Punkte machten die Spurs so in der Zone, dominierten innen - und öffneten so Räume für die Shooter.
  • Dieses Passspiel der Spurs. Einfach zum mit der Zunge schnalzen!
  • Trotz dieser brillanten Zuspiele halten sich die Turnover der Spurs in Grenzen. In der Regular Season lag man mit 14,1 Ballverlusten pro Partie im Mittelfeld. In der Postseason hat man die Quote noch einmal auf 11,8 gedrückt - trotz stärkerer Gegner. Gegen OKC kommt man in zwei Partien auf 21, das sind 9 weniger als bei Durant und Co.
  • Timmy, Tony, Manu: Manchmal kann man einfach nur noch andächtig den Kopf schütteln: 111 Siege haben die drei in zwölf gemeinsamen Jahren in der NBA nun schon in der Postseason feiern dürfen - und damit ein Laker-Trio aus der 80ern (Magic, Kareem, Cooper) verdrängt. Keine schlechte Gesellschaft. Egal, ob man die Spurs nun mag oder nicht: Der Legendenstatus dieser drei ist unbestritten.
  • Und nochmal bravo, Tim Duncan: Ihm gelang das mittlerweile 153. Double-Double in der Postseason. Magic Johnson liegt mit 157 Double-Doubles vorn - noch. Die Bestmarke könnte in den kommenden Wochen durchaus fallen.
  • Dass sich Gregg Popovich bei seinen Spielern öffentlich entschuldigt, kommt wohl nicht so oft vor. Auf der Pressekonferenz war es dann soweit. "Ich denke immer an meine Jungs und ihre Stats", so der Coach. "Dass sie für mich spielen rächt sich manchmal. Wenn man 62 Spiele gewinnt, und manche mit großem Abstand, dann führt das wohl dazu, dass sie im vierten Viertel weniger spielen, als andere gute Spieler in anderen Teams. Das wirkt sich zweifellos negativ auf ihre Statistiken aus." Das führt übrigens auch bei All-Star-Teams und Ehrungen am Ende der Saison zu Problemen, Pop. Aber: "Glücklicherweise habe ich Spieler, denen sowas egal ist."
  • Blowouts bedeuten bekanntlich nicht übermäßig viel Zeit auf dem Court. Trotzdem dürften den alten Knochen der Spurs der eine oder andere freie Tag gut tun. Sollte es im Extremfall wirklich zum Sweep kommen, würden das acht freie Tage bedeuten, denn die Finals starten erst am 5. Juni.
  • Die Serie der Thunder gegen Memphis scheint schon so lange her zu sein. Auch damals hatte Durant in einigen Spielen zu kämpfen. Die Schlagzeile "Mr. Unreliable" in einer Tageszeitung in Oklahoma City machte - nun ja - Schlagzeilen. Mr. Unzuverlässig. Das Kriegsbeil wurde schnell begraben, aber in San Antonio vergisst man natürlich nicht so schnell. Dementsprechend genüsslich muss man sich das Lächeln der Chefredaktion beim "San Antonio Express" wohl vorstellen.
  • Die Spurs marschieren. Vielleicht zum Titel? Sollte das Team OKC und auch einen Finalgegner in vier oder fünf Spielen überrollen, wird sich so mancher Maverick-Fan vielleicht sagen: "Ha, da waren die Mavs wohl das zweitbeste Team der NBA, schließlich ging die Serie über sieben Spiele!" Ein hehrer Gedanke, aber wahrscheinlicher ist, dass die alten Herren einfach eine gewisse Zeit brauchten, bis sie so richtig ins Laufen kamen. Ob man die Spurs in dieser Form dreimal schlagen würde? Hm...
  • Dass die gut geölte Offense der Spurs von den Thunder ohne Ibaka nicht zu bremsen sein wird, davon konnte man vielleicht ausgehen. Aber dass es mit der Offense so in den Keller geht, damit rechnete wohl keiner: Weniger als 77 Punkte hat das Team in der Postseason noch nie (!) gemacht.
  • Das Pick-and-Roll der Spurs ist so ziemlich die tödlichste Waffe, die (neben einem Breakaway-Dunk von LeBron James) in der NBA zu finden ist. Klar, Parker beherrscht den Wurf aus der Mitteldistanz. Aber wenn Verteidiger wie Sefolosha oder Jones "über" den Pick gehen und den Franzosen verfolgen, hat der aufgrund seiner Wendigkeit und Schnelligkeit gleich drei Schritte Vorsprung. Resultat: Der eigentliche Verteidiger ist völlig aus dem Spiel genommen, und das konnte man ein ums andere Mal beobachten. Ist das die Lösung?
  • Auf der anderen Seite steht der beste Coach der NBA. Vielleicht der beste Coach der Welt. So einfach ist das.

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