NBA

Ein ungleiches Duell

Von Philipp Jakob
Tony Parker (l.) und Russell Westbrook liefern sich ein tolles Point-Guard-Duell
© getty

Tony Parker vs. Russell Westbrook! Das Point-Guard-Duell in den Conference Finals zwischen den San Antonio Spurs und den Oklahoma City Thunder fiel bisher recht einseitig aus. Um in Spiel drei aufzutrumpfen, ist Russ aber nicht nur allein gefragt.

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San Antonio spielt bis zu diesem Zeitpunkt eine wirklich überragende Post-Season. Gut, die Dallas Mavericks stellten das Team von Head Coach Gregg Popovich vor größere Probleme, als zu vermuten war, doch Spiel 7 gegen die Mavs, die darauffolgende Serie gegen Portland sowie die ersten beiden Partien der Western Conference Finals haben gezeigt, wie unglaublich stark dieses Team ist.

Besonders in Spiel zwei dominierten die Spurs in allen Belangen, zerstörten OKC nach allen Regeln der Kunst, ließen Kevin Durant und Russell Westbrook überhaupt nicht zur Entfaltung kommen und fegten die Thunder letztlich mit einer Differenz von 35 Punkten aus der Halle.

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Der überragende Mann war dabei allerdings nicht etwa Tim Duncan, nicht Manu Ginobili und auch nicht Tony Parker. Vielmehr war es Danny Green, der San Antonio mit seinem Dreierregen (7/10 3FG) einen erheblichen Vorteil verschaffte und damit einen großen Anteil an dem beeindruckenden Erfolg hatte.

"Ich glaube, dass die Defenses ihn manchmal vergessen und ihn offen stehen lassen. Heute ist genau das passiert und die Thunder haben dafür bezahlt", versuchte Ginobili die 7 erfolgreichen Dreier seines Teamkollegen nach Spiel zwei zu erklären. Recht hat er.

Team-Basketball vom Feinsten

Immerhin muss sich die Verteidigung der Thunder hauptsächlich auf Duncan, Ginobili oder Parker konzentrieren. Wenn es gegen Spieler solchen Kalibers geht, kann man jemanden wie Green durchaus mal aus den Augen verlieren - mit fatalen Folgen.

Denn die San Antonio Spurs mit ihrem ausgeklügelten Offensiv-System wissen haargenau, wie man die gegnerische Defense auseinandernehmen und bestrafen kann. Es ist kein Zufall, dass zum einen sechs der sieben Green-Dreier aus Spiel zwei ein Assist vorausging und darüber hinaus in der Regular Season unfassbare 92 Prozent aller Dreier von Green assistiert wurden.

Die wahrscheinlich wichtigste Rolle in der Offense nimmt natürlich der Point Guard ein, Tony Parker. Der Franzose ist ein wahrer Meister seines Faches, er versteht es exzellent, das Tempo des Spiels zu kontrollieren, seine Mitspieler einzusetzen und sie besser zu machen - und unterscheidet sich damit fundamental von seinem Gegenüber auf Seiten der Thunder.

Kein klassischer Floor General

Russell Westbrook genießt nicht unbedingt den Ruf, ein klassischer Floor General zu sein. Viele sehen ihn ihm mehr eine Scoring-Maschine - die er zweifelsfrei auch ist - als einen klassischen Spielmacher. Doch ist das etwas Schlechtes? Ist Westbrook automatisch der schlechtere Point Guard im Vergleich zu Parker?

Nicht unbedingt, denn man darf nicht vergessen, dass die beiden nicht alleine auf dem Parkett stehen. Während Parker sich zum Beispiel jederzeit auf Duncan, Ginobili oder auch andere Rollenspieler wie eben Green oder Marco Belinelli verlassen kann, ist Westbrook offensiv gemeinsam mit Durant eher auf sich allein gestellt.

Von daher ist Oklahoma City von den Scoring-Fähigkeiten ihres Star-Duos extrem abhängig. Durch den bisherigen Ausfall von Serge Ibaka nahm diese Abhängigkeit alarmierende Ausmaße an, zumal keiner der anderen Starter offensiv auch nur irgendeinen Beitrag leistete. Wie fit Ibaka ist, falls er in Spiel 3 wirklich zurückkehrt, bleibt abzuwarten.

Guter Russ - böser Russ

Das Hauptmerkmal und gleichzeitig Prunkstück des Spiels von Westbrook ist dessen Aggressivität. Mit seiner unbändigen Energie sprintet er den Court auf und ab, attackiert die gegnerische Zone und sorgt so in diesen Playoffs für 25,7 Punkte pro Partie. Die Kehrseite: Turnover.

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Durch die aggressive Spielweise und die gelegentliche Tendenz, die Dinge zu erzwingen, steigt logischerweise das Risiko, den Spalding zu verlieren. In den bisherigen 15 Playoff-Partien gab der 25-Jährige durchschnittlich 4,4-Mal den Ball aus der Hand - Parker steht bei nur 2,9 Turnover.

Doch das ist ein Risiko, das Westbrook und auch Thunder-Coach Scott Brooks in Kauf nehmen. "Das Tempo, die Geschwindigkeit seines Spiels hat sich über die Jahre immer verbessert. Und wie ich schon öfters gesagt habe, Russell spielt extrem hart und will jedes Spiel gewinnen", lobt Brooks die Einstellung seines Point Guards.

Wer kontrolliert die Partie?

Diese Leidenschaft ist etwas, was die gegnerischen Coaches und Spieler respektieren müssen. "Ich glaube, Russ hat heute härter gespielt als wir alle zusammen. Er war einfach überall", gab zum Beispiel Chris Paul nach der Clippers-Niederlage in Spiel zwei der Western Conference Semifinals zu.

Mit einem Triple-Double führte er sein Team damals zum Sieg. Der 25-Jährige erzielte 31 Punkte, verteilte 10 Assists und schnappte sich 10 Rebounds - 6 davon am offensiven Brett! Für einen Point Guard sind diese Rebound-Statistiken überragend und werden - wie könnte es anders sein - fast ausschließlich durch die Energie und Aggressivität von Westbrook möglich gemacht.

Dagegen wirkt Tony Parker wie die Ruhe in Person. Zu keinem Zeitpunkt in einer Partie hat man das Gefühl, der Franzose hätte die Kontrolle über das Spiel verloren - im Gegensatz zu Westbrook. Er wirkt immer gelassen, scheint immer die richtige Antwort parat zu haben und kann trotz seiner 32 Jahre immer noch in den entscheidenden Situationen Richtung Korb explodieren.

Mit seiner Geschwindigkeit ist es für ihn ein Leichtes, um die eher steifen Big Men der Thunder wie Kendrick Perkins oder Steven Adams herumzuwirbeln, um dann per Korbleger, Floater oder Teardrop selbst abzuschließen oder den offenen Mitspieler zu finden - dank seiner Instinkte meistens auch recht erfolgreich.

System-Basketball vs. Eindimensionalität

Dabei profitiert Parker aber definitiv auch von dem Offensiv-System der Spurs, dass Coach Pop über die Jahre bis hin zur Perfektion entwickelt hat. Jeder Spielzug hat extrem viele Ausstiegsmöglichkeiten und ist damit in verschiedenen Varianten ausführbar.

Die eindimensionale Offense der Thunder endet dagegen meist in One-on-One-Situationen ihrer beiden Superstars, für die das Leben dadurch nicht einfacher wird. Wenn es dann Westbrook mal schaffen sollte, an seinem Gegenspieler vorbeizuziehen, dann wartet auf ihn eine von Spurs-Big-Men vollgestopfte Zone. Da hilft es natürlich auch nicht, dass Perkins, Nick Collison oder Thabo Sefolosha nicht den Hauch von Scoring-Gefahr ausstrahlen.

Ein weiterer Nachteil für Westbrook: Die Spurs sind in der Lage, viele verschiedene Verteidiger auf ihn zu hetzen. In Spiel zwei fand sich Westbrook so neben Parker zeitweise auch Manu Ginobili oder Danny Green gegenüber, sodass sich Parker zu Sefolosha stellen und ein wenig ausruhen konnte.

Auf der anderen Seite konnte der Schweizer Parker bisher überhaupt nicht auf den Füßen kleben bleiben, sodass auch hier Westbrook gefragt ist. "Er macht nichts Besonderes. Man muss ihn einfach verteidigen. Das ist alles", versuchte Russ das Duell herunterzuspielen, doch vor allem in Spiel zwei war offensichtlich, dass auch er Probleme hatte.

Dominanz ist gefragt

Im Duell Parker vs. Westbrook liegt der Vorteil bisher also eindeutig auf Seiten des Franzosen und auch, wenn es nicht allein über den Ausgang der Serie entscheiden wird, sollte es doch weiterhin eine große Rolle spielen.

Westbrook muss in den kommenden Partien seinen Gegenüber dominieren, wenn die Thunder eine Chance auf die Finals haben wollen. Dass das für ihn schwierig werden wird, steht außer Frage, unmöglich ist es dank der Qualitäten des dreimaligen All-Stars aber definitiv nicht. Schade, dass er dabei nicht auf die Hilfe eines Danny Green zurückgreifen kann.

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