NBA

Rajon Rondo: Trade oder kein Trade?

Von Ole Frerks
Rajon Rondo ist der letzte verbliebene Celtic von der Meistermannschaft 2008
© getty

Bei den Boston Celtics steht nach dem Blockbustertrade des Sommers kaum mehr ein Stein auf dem anderen. Einige Experten fordern, den Umbruch komplett zu machen und auch den derzeit verletzten Rajon Rondo abzugeben. Aber macht das wirklich Sinn? SPOX hat sich die Argumente für und gegen einen Trade genau angesehen und zieht ein Fazit.

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In Boston ist vor kurzem eine Ära zu Ende gegangen. Der Trade, in dem Paul Pierce, Kevin Garnett und Jason Terry nach Brooklyn verschifft wurden, nahm den Celtics das Fundament der letzten sechs Jahre. Pierce war sogar über 15 Jahre das Gesicht der stolzen Franchise aus Beantown. Auch Doc Rivers, seit 2004 Headcoach der Kelten, verließ den Verein in Richtung Los Angeles, wo er die Clippers zum Titel coachen will. Ray Allen wechselte schon im vergangenen Sommer nach Miami und gewann prompt die Meisterschaft.

Die Celtics hingegen werden im kommenden Jahr nichts mit der Larry O'Brien Trophy zu tun haben. Vom Meisterteam 2008 steht mit Rajon Rondo noch genau ein Spieler im Kader und auch um dessen Zukunft ranken sich immer wieder Gerüchte. Nicht wenige Experten fordern einen Trade des als schwierig geltenden Point Guards, um den Umbruch zu komplettieren und dem unerfahrenen neuen Trainer Brad Stevens den Einstieg zu erleichtern.

Aussicht: Draft 2014

Während die Entscheidung, Pierce und Garnett zu traden, sicher für alle Beteiligten schmerzhaft war, so war sie doch auch verständlich. Boston hätte mit den alternden Stars keinen Titel mehr gewinnen können und niemand will im Mittelmaß versinken und dabei Luxussteuern bezahlen. Zumal der kommende Draftjahrgang einer der besten aller Zeiten werden soll. Für Danny Ainge machte es also durchaus Sinn, das Team kurzzeitig zu schwächen, um im kommenden Jahr bessere Chancen bei der Draft zu haben.

Bei Rondo verhält es sich jedoch völlig anders als bei seinen älteren Ex-Teamkameraden. Er ist erst 27 Jahre alt und hat die besten Jahre noch vor sich. Sein Gehalt ist für einen Spieler seiner Klasse moderat. An guten Tagen gibt es kaum einen Spieler, der ein Spiel derart beeinflussen kann wie die Assist-Maschine Rondo. Andererseits gibt es auch genug Argumente, ihn abzugeben...das schreit förmlich nach einer Pro- und Contra-Liste. Also, genug der einleitenden Worte - was spricht für einen Rondo-Trade und was dagegen?

Contra: Der Marktwert

Der Zeitpunkt für einen Trade wäre derzeit extrem ungünstig. Durch seinen Kreuzbandriss kann man davon ausgehen, dass sein Wert ligaweit im Keller ist...und es rächt sich, einen Spieler mit All-NBA-Qualität für zu wenig Gegenwert abzugeben. Die NBA-Geschichte ist voll mit solchen Beispielen. Einfach mal unter Harden, James nachschlagen...

Pro: Zu gut zum Tanken

Wenn die Celtics wirklich tanken wollen, steht ein Spieler von Rondos Qualität im Weg. Kommt Rondo fit und motiviert von seiner Verletzung zurück, verringert er die Chancen auf einen hohen Lottery-Pick allein mit seiner Anwesenheit.

Contra: Publikumsliebling

Die Fans in Boston lieben Rondo. Das Publikum der Celtics ist klug genug, um die Abgänge von Pierce und Garnett zu verstehen und das kommende Jahr als Übergangsjahr zu akzeptieren. Aber durch einen Rondo-Trade könnte ein Großteil der Fans gegen das Management aufgebracht werden.

Pro: Querkopf

In der Einleitung wurde es bereits erwähnt: Rondo gilt als schwierig. Er ist in der Vergangenheit unter anderem mit den "Big 3" aneinandergeraten, von denen er sich nicht genug respektiert fühlte. Auch mit Doc Rivers gab es Gerüchten zufolge Schwierigkeiten, dabei gilt dieser als einer der beliebtesten und am meisten respektierten Coaches der NBA. Wie sähe es dann mit Brad Stevens aus, einem 36-jährigen Rookie-Coach, der bisher nur am College Erfahrung gesammelt hat? Rondo hat sich bisher zwar nicht unwillig gezeigt, mit Stevens zu arbeiten, aber keiner kann jetzt wissen, wie es im Ernstfall aussehen wird.

Contra: Extra-Motivation

Rondo ist ein stolzer Spieler, der etwas zu beweisen hat. Erst kürzlich sagte er öffentlich, er würde niemals für die Miami Heat spielen, womit er deutlich Ray Allen angriff, der sich im letzten Sommer für weniger Geld den Erzrivalen aus Florida angeschlossen hatte. Rondo ist genervt von den Gerüchten um seine Person, genau wie er genervt war, als nach seiner Verletzung auf einmal Stimmen aufkamen, die meinten, die Celtics wären ohne ihn besser dran. Er wird darauf brennen, stark zurückzukehren und es allen zu zeigen, die ihn abgeschrieben haben. Danny Ainge sollte sich genau überlegen, ob er einen derart motivierten All-Star an ein anderes Team abgeben möchte.

Pro: Teamchemie

Rondo ist es gewohnt, zu gewinnen. Abgesehen von seinem ersten Jahr war er in seiner Karriere jedes Jahr in den Playoffs, dabei kamen eine Meisterschaft, ein weiterer Finals-Trip und zwei Auftritte in den Conference Finals heraus. In der nächsten Saison wird er, wird Boston, viele Spiele verlieren. Es ist unklar, wie Rondo damit umgehen wird. Fängt er an, während schlechter Phasen zu schmollen, wäre das Gift für die Teamchemie und die jungen, unerfahrenen Spieler im Kader.

Contra: Tanking birgt Risiko

Eine vielversprechende Draft ist schön und gut, aber man kann nicht einfach davon ausgehen, dass man den Nummer-1-Pick erhält, weil man schwach spielt. Selbst als schlechtestes Team der Liga hat man nur eine höhere prozentuelle Wahrscheinlichkeit als die anderen Teams, keine Garantie. Die Celtics haben mit dem Tanking bereits schlechte Erfahrungen gemacht, als sie eine Saison für die Aussicht auf Tim Duncan opferten - wie das ausgegangen ist, weiß man ja.

Fazit: Nur keine Eile

Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es für die Celtics nicht ratsam, ihren einzigen Spieler mit All-Star-Kaliber zu traden. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass sie einen adäquaten Gegenwert bekommen würden - die Point-Guard-Position ist derzeit die am stärksten besetzte Position der NBA und niemand weiß, wie schnell Rondo wieder altes Niveau erreichen kann. Natürlich müsste man es sich reiflich überlegen, falls ein Talent wie zum Beispiel Andre Drummond zu haben wäre, aber realistischerweise wird Boston für Rondo kein derartiges Kaliber bekommen.

Die Celtics wären gut damit beraten, keine überstürzte Entscheidung zu treffen. Sie sollten Rondo alle Zeit der Welt geben, um sich vernünftig von seiner Verletzung zu erholen; jeder weiß, wie lange es bei Derrick Rose dauerte (und dauert), um von derselben Verletzung zurückzukommen. Wenn Rondo zurück ist und die Befürchtungen über seinen Einfluss auf die Teamchemie und seinen Umgang mit dem Trainer sich bewahrheiten sollten, kann man immer noch über einen Trade nachdenken - wichtig ist aber, dem Ganzen zumindest eine Chance zu geben.

Denn wie gesagt, Rondo hat viel zu beweisen. Dass er ein Team anführen kann. Dass er ein Franchise-Player sein kann. Dass er von seiner schweren Verletzung zurückkommen kann. Dass er mit der neuen Situation umgehen kann. Dass er sich nicht scheut, die Verantwortung als Kopf eines jungen Teams im Umbruch zu übernehmen. Kurz gesagt: Dass die Celtics mit ihm besser dran sind.

Rajon Rondo im Steckbrief