NBA

"Wir waren schon so gut wie tot"

Von Interview: Marcel Friederich
Dwyane Wade lässt sich von den Heat-Fans für seinen dritten Titel feiern
© getty

Für Dwyane Wade ist es nach 2006 und 2012 bereits die dritte Meisterschaft. Im Gespräch mit SPOX spricht der Heat-Star über den fast aussichtslosen Rückstand in Spiel 6, die Wertschätzung für die Spurs sowie die Leistungsexplosion von Shane Battier in Game 7. Außerdem erzählt er von einem äußerst seltsamen Gespräch mit seinen Knien.

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SPOX: Herr Wade, herzlichen Glückwunsch zum dritten Meistertitel in Ihrer Karriere. Können Sie diese Meisterschaft bereits mit Ihren Titeln 2006 und 2012 vergleichen?

Dwyane Wade: Dieser Titel heute ist zuckersüß. Mit Abstand ist das der süßeste Titel, den ich bislang gewonnen habe.

SPOX: Weshalb?

Wade: Man muss sich nur die Umstände betrachten. Im sechsten Finalspiel waren wir schon so gut wie tot. Und jetzt haben wir die Trophäe doch wieder in den Händen. Und das, obwohl wir so viel durchgemacht haben. Besonders ich persönlich hatte diese Saison viele gesundheitliche Probleme. Deshalb ist für mich der Stellenwert dieses Titels unbeschreiblich groß.

SPOX: Nach der Übergabe der Larry-O'Brien-Trophäe saßen Sie eine Zeit lang auf dem kalten, nackten Boden vor der Heat-Kabine. Was war da los?

Wade: Ich wollte einfach diesen Moment, den erneuten Gewinn des Titels, in vollen Zügen einsaugen. Wir machen im Leben viel zu häufig den Fehler, dass wir andauernd hetzen und Erfolge nie wirklich genießen können. So war das auch bei meinen vorherigen zwei Meisterschaften. Mir scheint es, als hätte ich diese beiden vor einer Ewigkeit gewonnen, weil ich mich an die Momente gar nicht mehr so erinnern kann. Aus diesem Grund habe ich mir jetzt diese stillen Augenblicke gegönnt, in denen ich alles abspeichern konnte, was heute passiert ist. Ich bin ein Junge aus Robbins, Illinois, komme von der Marquette University - und jetzt habe ich drei Titel gewonnen. Das ist für mich ein ganz besonderer Moment.

SPOX: Nach der Schlusssirene haben Sie sich kurz mit Spurs-Trainer Gregg Popovich und Tim Duncan unterhalten. Was haben Sie den beiden gesagt?

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Wade: Als das Spiel beendet war, bin ich sofort zu Tim gerannt. Ich habe ihm gesagt, dass er zu den größten Basketballern aller Zeiten gehört. Und dass es für mich eine Ehre war, diese Schlacht mit ihm auszutragen. Ganz ähnlich ist das mit Pop, den ich wahnsinnig schätze, seitdem wir uns bei den Olympischen Spielen 2004 kennen gelernt haben. Pop sagte zu mir: "Du warst heute der wahre Dwyane Wade, und LeBron James war der wahre LeBron James. Wenn ihr beiden ins Rollen kommt, ist es ganz, ganz schwierig, euch zu stoppen."

SPOX: Der X-Faktor für Ihre Mannschaft war Shane Battier mit 18 Punkten (sechs Dreier). Haben Sie seine Leistungsexplosion erwartet?

Wade: Erwartet habe ich das nicht unbedingt. Schließlich hatte Shane seit einer gefühlten Ewigkeit seinen Offensiv-Rhythmus verloren. Doch heute war er plötzlich voll da. Er ist eben ein "Big-Time-Player". Wenn es wirklich drauf ankommt, können wir uns voll auf ihn verlassen. Ich habe Shane diese Leistung sehr gegönnt, weil er ein großartiger Mensch und ein toller Teamkollege ist. In Laufe meiner Karriere hatte ich nur wenige Teamkollegen mit einem besseren Charakter als Shane.

SPOX: LeBron James hat nun den zweiten Titel seiner Karriere gewonnen. Glauben Sie, hat er damit seine Kritiker zum Schweigen gebracht?

Wade: Ich hoffe sehr. Falls nicht, hat derjenige keine Ahnung von Basketball. LeBron ist 28, er stand schon viermal in den Finals und hat nun den zweiten Titel gewonnen. Das sind doch großartige Zahlen! LeBron ist ein außergewöhnlicher Spieler. Besonders im entscheidenden siebten Spiel hat er gezeigt, was er wirklich drauf hat.

SPOX: 2010 wechselten James und Chris Bosh unter großem Medienrummel zu den Heat. Sie standen nun dreimal in Folge in den Finals und gewannen zweimal den Titel. Wie lautet Ihr bisheriges Fazit für die Zeit der "Big Three" in Miami?

Wade: Dreimal in den Finals, zweimal Meister - diese Zahlen sind unglaublich! Natürlich hat es uns sehr weh getan, in den Finals 2011 gegen Dallas zu verlieren. Damals waren wir ganz frisch zusammen und einfach noch nicht bereit für den letzten Schritt. Doch nun sind wir endgültig in der Erfolgsspur angekommen. Ebenso bin ich der Zukunft dieses Klubs gegenüber sehr optimistisch eingestellt. Schon jetzt sind wir ein richtig starkes Team. Und wir werden noch besser werden. Unser Management hat in letzter Zeit ein sehr gutes Händchen bewiesen, indem Ray Allen und wenig später Chris Andersen verpflichtet wurden. Das zeigt, dass dieser Club ein großes Basketball-Verständnis an den Tag legt und für eine erfolgreiche Zukunft der Miami Heat sorgen wird.

SPOX: Einen bitter-süßen Abend erlebte jedoch Chris Bosh, der keinen einzigen Punkt erzielte.

Wade: Das ist völlig zweitrangig. In zwei, drei Wochen weiß niemand mehr, dass Chris im siebten Spiel ohne Punkt geblieben ist. Was bleibt, ist die Meisterschaft. Davon abgesehen hat Chris eine unfassbar starke Defensivleistung gegen Tim Duncan gezeigt. Daran sollte man sich lieber erinnern.

SPOX: Wie anfangs angesprochen, hatten Sie im Laufe dieser Saison mit hartnäckigen Knieproblemen zu kämpfen. Besonders jetzt in den Finals. Hatten Sie darüber nachgedacht, das eine oder andere Spiel auszusetzen?

Wade: Nein, auf keinen Fall. Das waren schließlich die Finals. Davor darf man sich nicht drücken. Vor dem entscheidenden siebten Spiel habe ich mich mit meinen Knien unterhalten - das war ein richtig gutes Gespräch. (lacht) Ich habe den beiden gesagt: "Hey ihr zwei, bitte gebt mir noch ein gutes Spiel, dann gebe ich euch einen schönen Sommer." Dieses Versprechen werde ich jetzt natürlich einlösen. Ich werde mit meinen Knien im Sommer sehr behutsam umgehen und ihnen viel Zeit zur Erholung geben.

SPOX: Müssen Sie eventuell operiert werden?

Wade: Nein, ich hoffe nicht. Ich habe mit meinem Doktor besprochen, dass wir konventionelle Behandlungen vornehmen werden. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass ich mich um eine Operation drücken kann.

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