NBA

"LeBron hat sich selbst gestoppt"

Von Interview: Marcel Friederich
Shooter Danny Green feierte in Spiel 3 der Finals endgültig seine Coming-Out-Party
© getty

Völlig überraschend ist Danny Green der beste Punktesammler in den NBA Finals. Im Interview mit SPOX spricht der 25-Jährige über seinen rasanten Aufstieg, Popovichs ungewöhnliche Ansprachen und die Defense gegen LeBron James.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Matchwinner und Topscorer, insgesamt 27 Punkte, darunter sieben Treffer von der Dreierlinie: Herzlichen Glückwunsch, Mr. Green, für diese Leistung im dritten Finalspiel. Hatten Sie damit gerechnet?

Danny Green: Nein, auf keinen Fall. Dass so eine Ausbeute am Ende zubuche steht, war sicherlich nicht zu erwarten. Ich hatte Glück, dass ich mehrmals frei stand. Und als Distanzschütze ist das ja immer dasselbe Spiel: Wenn man den ersten Wurf getroffen hat, steigt das Selbstvertrauen. Am Ende ging es dann fast von selbst. Ein herzliches Dankeschön an meine Teamkollegen, die einen super Job gemacht haben, mich häufig zum richtigen Zeitpunkt anzuspielen. Coach Pop hatte mir vor dem Spiel gesagt: "Jedes Mal, wenn du frei stehst, lass den Ball fliegen". Diesen Ratschlag habe ich befolgt. Wobei man immer wieder betonten sollte, dass die Offensive zweitrangig ist...

Diskutiere mit NBA.de bei Twitter über die Finals - unter dem Hashtag #NBAdeFinals!

SPOX: Wie bitte?

Green: Meiner Meinung nach ist der entscheidende Faktor, hellwach in der Defense zu sein. Nur wenn das der Fall ist, kann man seinen offensiven Rhythmus finden und diesen auch bestmöglich halten. Ohne Defense kann das auf Dauer nicht klappen.

SPOX: Stichwort Defense: Abwechselnd mit Kawhi Leonard haben Sie die ehrenvolle Aufgabe erhalten, Superstar LeBron James zu verteidigen. Und das mit großem Erfolg! Mit 15 Punkten blieb James im dritten Finalspiel wieder meilenweit unter seinen Möglichkeiten.

Green: Grundsätzlich haben wir eine sehr starke Leistung als Team-Defense abgeliefert. Miami bei 77 Punkten zu halten, das ist schon mehr als erstaunlich. Natürlich wissen wir, dass LeBron ein ganz besonderer Spieler ist. Wir wissen aber auch, dass er sich derzeit nicht in Topform befindet. Er hat mehrere Würfe daneben gelegt, die ansonsten problemlos durch den Ring fallen. Deshalb würde ich es so formulieren: Wir allein haben James nicht gestoppt, sondern er hat sich selbst gestoppt.

SPOX: James hatte keinen einzigen Freiwurfversuch, das erste Mal in dieser Saison...

Green: Echt? Stimmt das?

SPOX: Ja, das ist wahr.

Green: Unfassbar! Ich meine, es ist ja seine riesengroße Stärke, mit seiner Explosivität den Korb zu attackieren, Freiwürfe zu ziehen, sich somit auch Selbstvertrauen zu holen und seinen Offensivrhythmus zu finden. Das ist derzeit überhaupt nicht der Fall. Ich kann nur hoffen, dass er diese Probleme weiterhin mit sich herumschleppt. Wobei ich schon befürchte, dass es im vierten Spiel eine Trotzreaktion von ihm geben wird.

SPOX: Zurück zu Ihnen. Mit 18,6 Punkten sind Sie derzeit der beste Scorer der Finalserie. Dabei spielten Sie vor zwei Jahren noch in der D-League!

Green: Ich kann es selbst kaum fassen, wie schnell das alles geht. Ich hatte früher zu wenig Selbstvertrauen, war häufig verunsichert. Doch meine Teamkollegen hier bei den Spurs haben es geschafft, mir eine große Portion Selbstvertrauen einzuimpfen. Ein ebenso wichtiger Faktor ist Coach Pop, der jeden Tag hart mit mir arbeitet. Ich gönne mir keinen einzigen freien Tag mehr, um ein besserer Basketballer zu werden. Das scheint sich zurzeit ja auszuzahlen.

SPOX: Wie würden Sie Gregg Popovich als Coach charakterisieren?

Green: Pop ist ein sehr bodenständiger Mensch. Jeden Tag lebt er es eindrucksvoll vor, dass man mit beiden Beinen auf dem Boden stehen muss, um erfolgreich zu sein. Das ist im großen Business NBA ja nicht immer so leicht. Zugleich schafft er es, aus jedem einzelnen Spieler das Beste herauszuholen. Er ist sehr ehrlich und sagt es dir gleich ins Gesicht, wenn du einen Fehler gemacht hast. Wenn man seine Ratschläge nicht befolgt, wird man auch kaum mehr Spielzeit bekommen. Auf jeden Fall gelingt es ihm immer wieder, das Feuer bei uns Spielern zum Lodern zu bringen.

SPOX: Zum Beispiel durch Sätze wie "I want some nasty"?

Green: Ja genau. (lacht) Pop ist kein Typ, der in der Kabine oder in den Auszeiten ewig lange Reden schwingt. Er schafft es, in wenigen Sätzen zu vermitteln, was wichtig ist für uns zu wissen. Manchmal sind da auch etwas derbere Worte dabei. Aber ich denke, als Basketballprofi sollte man das problemlos verkraften können.

SPOX: Neben Ihnen überzeugte im dritten Finalspiel vor allem auch Gary Neal mit 24 Punkten. Fühlen Sie sich mit ihm besonders verbunden, weil Sie beide eine ähnliche "Leidensgeschichte" hinter sich haben?

Green: Das stimmt. Wir beiden haben einen langen Weg gebraucht, um endlich in der NBA anzukommen. Aber besser spät als nie! Er war mehrere Jahre lang in Europa unter Vertrag, weshalb ihm besonders am Anfang der amerikanische Spielstil etwas schwer fiel. Auch in dieser Saison war es für ihn ein ständiges Auf und Ab. Doch wir wissen, dass er jederzeit heißlaufen kann. Wie so viele andere Spieler auch in unserem Team.

SPOX: Wie lautet das Erfolgsgeheimnis des Supporting Casts der San Antonio Spurs?

Green: Entscheidend ist die Auswahl der Spieler. Und da machen Pop und unser General Manager R.C. Buford einen großartigen Job. An den abgelegensten Orten der Welt finden sie talentierte und hochmotivierte Spieler. Das erkennt man zum Beispiel daran, dass sehr viele Ausländer in unserem Kader stehen.

SPOX: Sie selbst durften nach dem dritten Finalspiel erstmals auf dem Presse-Podium Platz nehmen und dort vor laufenden TV-Kameras Ihre Stellungnahme abgeben. Darauf darf man schon stolz sein, oder?

Green: Und wie! Schon von Kindesbeinen auf bin ich ein riesengroßer Basketballfan. Als ich noch ein ganz kleines Kind war, schenkte mir mein Vater einen Basketball. Diesem Sport bin ich immer treu geblieben. Natürlich habe ich mir auch Hunderte von diesen Pressekonferenzen angeschaut. Es ist unglaublich, dass ich nun selbst hier auf dem Podium sitzen darf.

SPOX: Sie haben Ihren Vater angesprochen. Von 2006 bis 2008 saß dieser wegen illegalem Drogenhandel im Gefängnis.

Green: Das möchte ich jetzt nicht kommentieren. Aber klar ist: Mein Vater ist ein großartiger Mensch, dem ich basketballerisch alles zu verdanken haben!

Ergebnisse und Spielplan im Überblick