NBA

Nach OT-Thriller: Heat erzwingen Spiel 7

Von Martin Gödderz
LeBron James (r.) und die Heat gewannen den epischen Thriller gegen Duncan (l.) und die Spurs
© getty

In einem unfassbaren Finalspiel sahen die San Antonio Spurs mehrere Male wie der sichere Sieger aus. LeBron James legte ein wahnwitziges letztes Viertel hin, leistete sich dann aber zwei böse Turnover. Doch fünf Sekunden vor Schluss brachte Ray Allen die Heat per Clutch-Dreier in die Overtime, wo der amtierende Champion alles klar machte und mit 103:100 (BOXSCORE) gewann.

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Was für ein Thriller! Die Miami Heat und die San Antonio Spurs liefern sich einen sagenhaften Showdown, den die Heat am Ende in der Verlängerung entscheiden. Tim Duncan war der Spieler der ersten Halbzeit, als er 25 Punkte erzielte und 11 seiner 13 Wurfversuche verwandelte. Am Ende standen 30 Punkten und 17 Rebounds auf dem Konto von The Big Fundamental.

Im letzten Viertel übernahm der bis dato blasse LeBron James dann das Kommando. Ohne sein Haarband machte der amtierende MVP 16 seiner 32 Punkte im letzten Durchgang der regulären Spielzeit. Am Ende hatte James zudem 10 Rebounds und 11 Assists gesammelt. Somit kam er auf ein Triple-Double.

Vorher glänzte bei den Miami Heat vor allen Dingen Point Guard Mario Chalmers, der 20 Punkte auflegte und 4 seiner 5 Dreierversuche traf. Dwyane Wade kam auf 14 Punkte (6/15 FG), Chris Bosh erzielte mit 10 Punkten und 11 Rebounds ein Double-Double. Am Ende entschied er das Spiel mit zwei Blocks.

Bei den Spurs spielte wieder Kawhi Leonard (22 Punkte, 11 Rebounds, 3 Steals) stark. Tony Parker kam auf 19 Punkte und 8 Assists, verwandelte aber nur 6 seiner 23 Wurfversuche. Danny Green (3 Punkte, 1/7 FG) trat offensiv nicht in Erscheinung. Manu Ginobili (9 Punkte, 8 Turnover) machte ein katastrophales Spiel.

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Die Reaktionen:

Erik Spoelstra (Trainer Miami Heat): "Das sind die beiden besten Worte im Sport: Spiel sieben! Wir fühlen uns, dass wir die Möglichkeit habe, im siebten Spiel um den Titel zu spielen. Unsere Jungs wollen keine Spiele, die nicht bedeutend sind. Wir schauen nach Spielen, die bedeutender sind und es gibt nichts, was größer ist als Spiel 7. "

LeBron James (Miami Heat) zum Spiel: "Das war mit Abstand das beste Spiel, an dem ich je teilgenommen habe. Die Aufs und Abs, die Achterbahnfahrt, die Emotionen, gute und schlechte Phasen das gesamte Spiel über. Ein Teil von so etwas zu sein ist etwas, das du nie wieder zurückhaben kannst, wenn du einmal mit dem Spielen aufgehört hast."

...zum Wurf von Ray Allen: "Ray kann auch zuvor 0 von 99 Würfen verwandelt haben, aber wenn er den offenen Wurf am Ende bekommt, dann geht er rein. Das haben wir zuvor schon gesehen."

Ray Allen (Miami Heat): "Das ist ein Wurf, an den ich mich noch lange erinnern werde."

Manu Ginobili (San Antonio Spurs): "Wir hatten sie da, wo wir sie haben wollten in einem sehr engen Spiel am Ende. Wir waren zwei Punkte vor mit zwei Freiwürfen und nur noch wenigen Sekunden zu spielen. Keine Timeouts mehr. Wir waren in einer tollen Position. Wir haben ihnen einfach noch eine Chance gegeben. Das war ein schwerer Moment, wir waren ein paar Sekunden davon entfernt, die Meisterschaft zu gewinnen und haben es einfach hergegeben."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Nachdem die amerikanische Nationalhymne wie immer mit reichlich Pathos von der kleinen Julia Dale in die American Airlines Arena geschmettert wurde und die Heat-Stars unter dem dumpfen Beat von "Seven Nation Army" flankiert von Flammen einmarschiert sind, finden sich beide Teams langsam in der Mitte zusammen.

Die Lineups haben sich gegenüber Spiel 5 nicht verändert. Wir sehen wieder Manu Ginobili an der Seite von Parker, Green, Leonard und Duncan in der Starting Five. Die Heat wieder mit Chalmers, Wade, Miller, James und Bosh.

7.: Wade setzt den Mitteldistanzwurf aus der Ecke daneben. Fastbreak Spurs. Parker bedient mustergültig den mitgelaufenen Leonard. Der hebt ab, springt über Mike Miller als wäre der nichts und stopft den Ball mit Urgewalt. 18:16 Spurs.

12.: Kaum wieder in der heimischen American Airlines Arena angekommen, dreht Chalmers wieder auf. Seine zweiter Dreier beim dritten Versuch macht ihn zum Top-Scorer (10 Punkte) seines Teams und bringt die Heat in Führung. 27:25 Heat.

18.: Duncan ist einfach nur heiß. Wieder geht er in den Post gegen den hilflosen Bosh und dreht sich. Face-Up, Zug zum Korb, Korbleger. Drin. Der achte verwandelte Korb beim achten Versuch für Duncan. Wahnsinn! Trotzdem führen die Heat 40:37.

24.: Parker? Gerade auf der Bank. Ginobili? Bislang unterirdisch. Aber kein Problem für die Spurs, denn die haben Duncan. Immer wieder Duncan. Mit einem Slam Dunk macht er seine Punkte 24 und 25. Zum Vergleich: Wade, Bosh und James haben zu diesem Zeitpunkt 21 Punkte zusammen. Mit einer 50:44-Führung gehen die Spurs in die Halbzeit.

29.: Ginobili leistet sich den nächsten bösen Turnover und foult James dann im Fastbreak. Die Heat sind schon jetzt im Bonus und dürfen ab jetzt bei jedem Foul an die Freiwurflinie. Popovich holt den Argentinier vom Feld. 55:52 Spurs.

32.: Gerade schien das Momentum für die Heat auszuschlagen, da klaut Leonard den Ball, rennt den Fastbreak alleine und schließt ihn per Korbleger mit Foul ab. Was für ein Riesen-Play! Gleich im nächsten Spielzug wird Duncan von Battier beim Putback gefoult. Natürlich verwandelt er trotzdem. And One! Ein 11:0-Run bringt die Spurs 68:56 in Front. In der Halle ist es ganz still.

38.: Die Spurs gehen mit einem 10-Punkte-Vorsprung ins letzte Viertel, aber die Heat holen schnell auf. Mike Miller hat nur noch einen Sneaker an, steht aber frei an der Dreierlinie und verwandelt den Distanzwurf. Mit nur einem Schuh!! Nur noch 77:73 Spurs.

42.: James übernimmt das Spiel! Erst blockt er Duncan beim Korbleger, dann ist er auf der anderen Seite per Layup zur Stelle und gleicht aus. 82:82.

48.: Parker mit zwei irren Moves. Erst ein Off-Balance-Dreier, dann ein wahnsinniger Korbleger nach Spin Move. Die Spurs sind mit zwei Punkten vor. James penetriert im Gegenzug gegen Parker, dann leistet er sich aber den Turnover! Ginobili wird im anschließenden Fastbreak gefoult und verwandelt seine Freiwürfe. Nächster Spielzug: Wieder penetriert James. Dieses Mal leistet er sich einen Air Ball. Ginobili verwandelt wieder die Freiwürfe. 20 Sekunden vor Schluss haut James aber den Clutch-Dreier rein. Leonard vergibt einen seiner beiden Freiwürfe. 5 Sekunden vor Schluss nimmt Allen den Verzweiflungsdreier aus der Ecke. Und TRIFFT! Overtime!

OT: Ginobili wirft den Ball eine Minute vor Schluss in die Arme von James. Der rennt beim Fastbreak in Green und leistet sich auch einen Turnover. Dann packt Chris Bosh den Monster-Block gegen Parkers Mitteldistanzwurf aus. Wade setzt seinerseits den Mitteldistanzwurf daneben. Ginobili verliert zwei Sekunden vor Schluss wieder den Ball. Die Heat tüten das Spiel an der Freiwurflinie ein. 103:100.

Miami Heat vs. San Antonio Spurs: Hier geht's zum BOXSCORE

Der Star des Spiels: LeBron James. Die einen loben seine Uneigennützigkeit in vielen Situationen. Wenn man als bester Spieler der Welt aber im dritten Spiel noch immer Screens für die Penetration von Mike Miller stellt, dann läuft etwas falsch. Drei Durchgänge lang lief sehr viel bei LeBron James falsch. Es wirkte fast so, als traue er sich nicht in die Zone. Das alles änderte sich im vierten Durchgang, als James sein Haarband wegwarf und auf einmal all das machte, was man vorher vermisst hatte.

Er penetrierte, er bewegte sich besser. Er forderte den Ball. Dass daraus auch Turnover entstehen, ist logisch. Letztendlich konnten die Heat im vierten Viertel aber nur dank ihres Superstars einen so starken Lauf starten. Was man nicht vergessen darf: James verteidigte fast das gesamte Spiel äußerst effektiv gegen Parker und nahm am Ende doch die Last auf seine Schultern.

Der Flop des Spiels: Manu Ginobili. Wer gehofft hatte, dass der Argentinier nach seinem starken fünften Spiel nun an die Leistung anknüpfen würde, der sah sich schon früh getäuscht. Ginobili war von der ersten Minute an von der Rolle. Im Spielaufbau war der 35-Jährige völlig überfordert. In seinen 35 Minuten leistete er sich 8 Ballverluste, die zumeist durch katastrophale Pässe zustande kamen. Selten hatte ein Plus-Minus-Wert mehr Aussagekraft. Der von Ginobili lag bei -21 und war der mit Abstand schlechteste Wert aller Spieler.

Analyse: Wer dachte, dass die Heat von Beginn an wieder ihre beeindruckend druckvolle Defensive zeigen würden, der sah sich getäuscht. Vielmehr wollte Miami clever die Schützen der Spurs zustellen. Beide Teams gingen im ersten Viertel eine schier unmenschliche Pace. Ein Vorteil ergab sich zunächst aber für keines der Teams. Die Heat hatten sich von Beginn an verschrieben, Danny Green nicht aus den Augen zu verlieren.

Das Konzept ging auf, Green war nahezu unsichtbar. Dafür bekamen die Heat aber Duncan nicht in den Griff. Er legte ein perfektes erste Viertel hin und versenkte all seine sechs Wurfversuche. Zur Halbzeit hatte Duncan 25 Punkte auf seinem Konto und zeichnete sich für die Hälfte aller Spurs-Punkte verantwortlich. Mit seiner Stärke aus dem Low Post verschaffte er den Spurs einen massiven Vorteil in der Zone. Die Heat antworteten mit Team-Basketball in der Offensive. Den 11 Korberfolgen im ersten Viertel gingen 8 Assists voraus.

Mario Chalmers drehte in der heimischen Arena auf und war lange Zeit der Fixpunkt in der Offensive der Heat. James hatte zur Halbzeit nur 3 seiner 9 Würfe verwandelt und rannte sich immer wieder in der physischen Defensive von Diaw fest. Die Spurs-Offensive im ersten Durchgang bestand fast nur aus Duncan. Ginobili leistete sich in seinen ersten 15 Spielminuten vier zum Teil katastrophale Ballverluste. Irgendwann ging der Ball einfach nur noch zu Duncan.

Wie zu erwarten war, erhöhten die Heat aber in der zweiten Hälfte deutlich den Druck in der Defensive, fast jedes Anspiel wurde gedoppelt, Duncan kam kaum noch an den Ball. Die Spurs hingegen leisteten sich früh fünf Team-Fouls, was die Heat zum Zug in die Zone einlud. Die Heat erhielten einige zweifelhafte Entscheidung der Schiedsrichter gegen sich gepfiffen, verzettelten sich im Anschluss aber in Diskussionen mit den Referees und verloren ihren gerade erst wiedergewonnen Rhythmus, so dass die Spurs mit einem komfortablen 10-Punkte-Polster ins letzte Viertel gingen.

Da wendete sich aber alles und ein sowieso schon intensives Spiel wurde zu einem sagenhaften Thriller. Die Heat machten alle Passwege zu und nahmen den Spurs jeglichen Rhythmus. James spielte endlich so, wie er am besten ist und Miami schien das Momentum auf seiner Seite zu haben, ehe Tony Parker zurückschlug. Der Dreier von Ray Allen, der in die Overtime führte, war in seiner Entstehung glücklich, zeigte aber genau, wofür die Heat den Veteranen, der vorher einen schwachen Abend erwischt hatte, geholt haben.

Daran dass Allen überhaupt werfen konnte, trägt auch Spurs-Coach Popovich eine Teilschuld, weil er Duncan in den letzten beiden Spielzügen draußen ließ. In beiden Spielzügen verwarf James den Dreier, doch die Heat holten sich den Offensiv-Rebound, der dann jeweils zu erfolgreichen Dreier führte. Mit Duncan (17 Rebounds) wäre das wohl nicht passiert.

Sowieso fehlte es neben Duncan an Optionen. Als die Heat in der Deckung eine Lösung gegen den Big Man fanden, geriet das Spiel der Spurs ins Stocken. Tony Parker wirkte nicht spritzig genug, Manu Ginobili schien noch in San Antonio geblieben zu sein und Danny Green fand seinen Shooting-Touch nicht. Als Duncan dann nicht mehr überirdisch traf, war klar, dass es die Spurs ganz schwer haben würden.

So ging es in die Overtime, wo die Heat siegten, weil sie in der Defensive weiter voll auf der Höhe waren, der viel gescholtene Bosh mit zwei Blocks zur Stelle war und die Spurs nicht mehr in den Rhythmus fanden. Während San Antonio zur Halbzeit noch 58 Prozent seiner Würfe aus dem Feld getroffen hatte, waren es in der zweiten Hälfte nur 35 Prozent. Schon zur Halbzeitpause wurde die Statistik aber von Duncans fast perfekter Leistung geschönt. Trotzdem hatten die Spurs die Championship nach dem dritten Viertel und selbst Sekunden vor Schluss fest vor Augen, müssen sich nun aber auch wegen eigener Fehler mit einem siebten Spiel begnügen.

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