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Memphis die Nummer eins im Westen?

Von Marc-Oliver Robbers
Zach Randolph, Mike Conley und Marc Gasol sind die Topscorer der Memphis Grizzlies
© getty

Die Memphis Grizzlies sind in den diesjährigen Playoffs zuhause noch ungeschlagen. Mit ihrer überragenden Defense gelten sie schon als Titel-Contender im Westen. Doch das Team selbst bleibt bescheiden, nur Coach Hollins prescht voraus. Der Trade von Rudy Gay erweist sich als ungeahnter Segen.

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"Das beschäftigt uns nicht, hat es nie und wird es auch nie", sagte Marc Gasol nach dem Sieg in Spiel 3 gegen die Oklahoma City Thunder. Gefragt wurde der Spanier, ob die Grizzlies nun das beste Team im Westen seien. Diese Annahme ist nach 6 Siegen aus den letzten 7 Spielen durchaus berechtigt, aber in Memphis weist fast jeder die Favoritenrolle weit von sich.

"Wir denken nicht, dass wir über anderen stehen, aber wir sind immer noch hungrig", entgegnete auch Mike Conley und enttäuschte damit die Journalisten, die sich eine Kampfansage gen Miami erhofft hatten.

Hollins selbstbewusst

Coach Lionel Hollins hingegn kitzelte seine Spieler vor Spiel 3 ein wenig: "Hoffentlich, werden wir am Ende des Jahres die Meisterschaft holen, aber das wäre erst der Anfang. Dann wollen wir in jedem Jahr ein Titel-Contender sein." Markige Worte des Trainers, dessen Vertrag nach der Saison ausläuft und der bei vielen Konkurrenten ganz oben auf dem Zettel steht.

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Doch an einen Abgang denkt Hollins überhaupt nicht. "Keine Frage, wenn man etwas aufbaut, möchte man natürlich auch die Früchte ernten", sagt der ehemalige Point Guard der Portland Trail Blazers und aufgebaut hat er eine Menge. Hollins verpasste dem Team binnen viereinhalb Jahren eine eindrucksvolle Identität.

Kein Underdog mehr

Verpassten die Grizzlies 2010 noch knapp die Playoffs, warfen sie 2011 die topgesetzten Spurs in Runde 1 raus und unterlagen in den Conference Semifinals den Oklahoma City Thunder nur knapp in 7 Spielen. Gegen diese Thunder geht es nun wieder, und anders als vor zwei Jahren sind die Grizzlies nicht mehr der Underdog.

Selbst mit einem fitten Russell Westbrook hätte man von einer engen Serie ausgehen können, ohne den All-Star auf Seiten von OKC haben sich die Kräfteverhältnisse sogar soweit verschoben, dass Memphis als leichter Favorit gilt. Die ersten drei Spiele untermauern dies und selbst in der Regular Season behielt Memphis in drei Partien, zweimal die Oberhand.

Die Thunder liegen Memphis und das liegt vor allem an den Big Men. Zach Randolph und Gasol liefern sich intensive Duelle mit Serge Ibaka und Kendrick Perkins, aber anders als Perkins, der offensiv noch nie ein Faktor war, und auch dem temporär strauchelnden Ibaka, verstehen es Randolph und Gasol, auch offensiv Akzente zu setzen.

Gasol spielt überragend

Gasol, Defensive Player of the Year, ist nach dem Trade von Rudy Gay nach Toronto, zur ersten Option im Angriff der Grizzlies geworden. Der Center ist dabei so facettenreich wie kaum ein anderer in der Liga.

Der Spanier verfügt über eine weite Palette an Postmoves, trifft sicher aus der Mitteldistanz und ist vor allem zweitbester Vorlagengeber seines Teams. Kein Big Men in der Liga verteilt mehr Assists als Gasol und dadurch wird er zum Alptraum von jedem Double-Team. Sobald die Help Defense kommt, ist der Center immer in der Lage, einen Teamkollegen zu finden, entweder den Backdoor einlaufenden Guard oder eben Randolph.

Die Double-Double-Maschine profitiert ungemein von seinem spielstarken Nebenmann, vor allem wenn Gasol oben agiert, Platz schafft und dann blitzschnell Z-Bo im Post bedient. "Z-Bo ackert unter den Körben, und Marc ist mit seinen Passfähigkeiten wie ein zusätzlicher Guard. Den beiden kann man nur beikommen, indem man schnell spielt und sie müde macht", musste bereits Clippers-Superstar Chris Paul in der ersten Runde anerkennen.

Exzellente Verteidigung

Randolph gilt zudem als unangenehmer Gegenspieler, der es versteht, seine Kontrahenten zu entnerven. Zuletzt durfte dies Blake Griffin erleben. Der Forward der Clippers war von der ruppigen Spielweise Randolphs so frustriert, dass er sich auf eine Rangelei einließ. Bereits im Vorjahr gerieten beide in den Playoffs aneinander. Ähnlich hart geht es aktuell in Matchups mit Ibaka und Perkins zur Sache.

Diese Aggressivität und Toughness macht Grizzlies zu einem wahrlich unangenehmen Gegner, denn neben den beiden Big Men stehen mit Tony Allen und Tayshaun Prince zwei weitere ausgewiesene Defensiv-Spezialisten in der Starting 5. Der Trade von Prince könnte sich dabei noch als Glücksfall erweisen. Dabei war der Move, der Go-to-Guy Gay zu den Raptors schickte und den langjährigen Pistons-Veteranen nach Memphis lotste, selbst bei Coach Hollins umstritten.

Der neue Besitzer Robert Pera wollte aber auch in der kommenden Saison die Luxus-Steuer vermeiden und schickte den mit einem Maximum-Vertrag ausgestatteten Forward nach Kanada. Ohne Gay mussten andere Spieler Verantwortung übernehmen. Einer davon ist Conley. Der Point Guard spielt eine herausragende Saison und hat sich klammheimlich zu einem Elite-Spielmacher gemausert.

Conley macht den nächsten Schritt

"Mike Conley ist jetzt einer der besten fünf Point Guards der Liga, ob es den Leuten gefällt oder nicht", lobte Backcourt-Kollege Allen. Conleys Zahlen haben sich in den Playoffs noch einmal deutlich gesteigert, das Pick-N-Roll-Spiel mit Gasol ist herausragend und mittlerweile ist er auch als Closer in der Crunch Time gefragt.

"Als wir Rudy verloren haben, war es schon hart. Wir wussten nicht, wer jetzt in der Schlussphase Verantwortung übernehmen sollte. Ich musste diese Rolle selbst erst annehmen, wachsen und diese Rolle nun leben. Manchmal treffe ich, manchmal auch nicht. Ich muss mich daran gewöhnen. Heute war aber einer dieser Abende", sagte Conley nach seiner starken Vorstellung in Spiel 2, als er knapp an einem Triple-Double (26 Punkte, 10 Rebounds, 9 Assists) vorbeischrammte.

Der Guard muss nun viel häufiger in die Zone penetrieren und ist auch als Shooter gefragt. Dinge, die zuvor Gay übernahm, aber das Team ist ohne den athletischen Forward viel schwerer auszurechnen und erhielt mit Prince ein Upgrade an Erfahrung und Verteidigung.

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Doch alleine kann der Veteran OKC's One-Man-Show Kevin Durant auch nicht halten. Ohne Westbrook avanciert KD zum Point-Forward, der gleichzeitig noch einen Rebound nach dem anderen abgreift. Selbst Elite-Verteidiger Tony Allen braucht Hilfe, um den Superstar zu kontrollieren und da kommen die Big Men wieder ins Spiel.

"Das Einzige, das ich tun kann, ist möglichst viel Chaos zu verursachen. Es war also nicht ich, sondern unsere großen Leute. Sie hatten immer ein Auge auf Durant, wenn er aus dem Pick-N-Roll kam. Wir wissen, dass wir ihn nicht komplett abmelden können, aber unser Großen waren die Helden heute", sagte Allen nach Spiel 2.

OKC bleibt gefährlich

Gasol macht in diesen Tagen den Unterschied. Das bewies auch Spiel 3. Mit dem Spanier auf dem Feld lag die Trefferquote der Thunder bei 31 Prozent, in den 11 Minuten ohne Gasol traf OKC knapp 50 Prozent aus dem Feld und übertrumpfte die Grizzlies mit 29:21.

Dennoch bleibt Memphis gewarnt. Spiel 1 schenkten sie leichtfertig in der Schlussminute noch her und auch die beiden Siege waren hauchdünn. Wenn OKC nur die Hälfte der offenen Würfe getroffen hätte, wäre die Partie anders verlaufen. "Ich hoffe einfach, dass wir die Würfe, die wir heute bekommen haben, auch im nächsten Spiel bekommen", gab sich Thunder-Coach Scott Brooks daher auch optimistisch.

Die Grizzlies sind sicher nicht das beste Team im Westen, aber das wissen sie selbst. Auf der Rechnung haben, muss man sie dennoch und das wissen sie ebenfalls.

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