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115:78! Heat nehmen historische Revanche

Von Martin Gödderz
LeBron James (l.) zeigte wieder eine effektive Leistung und verwandelte 7 seiner 12 Feldwürfe
© Getty

Zwei Tage nach der Niederlage im ersten Spiel haben sich die Miami Heat mit einem beeindruckenden 115:78-Sieg (BOXSCORE) gegen die Chicago Bulls rehabilitiert. Aggressive Defense und ein überragend aufgelegtes Superstar-Duo brachten den historischen Blowout-Sieg in einem anfangs wahnsinnig intensiven Playoff-Fight. Die Bulls lassen am Ende ihrem Frust freien Lauf.

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Was anfangs wie eine weitere intensive Playoffschlacht aussah, verkam bereits gegen Ende des dritten Viertels zu einem ungefährdeten Blowout-Sieg der Miami Heat, zugleich der höchste Playoffsieg der Franchise-Geschichte. Angeführt von einem abermals überragend aufgelegten LeBron James (19 Punkte, 9 Assists, 3 Steals in 32 Minuten) trafen die Heat bärenstarke 60 Prozent ihrer Feldwürfe.

Der angeschlagene Dwyane Wade zeigte sich stark verbessert gegenüber dem ersten Spiel und profitierte von einigen James-Traumpässen. Am Ende kam der Shooting Guard auf 15 Punkte bei 7 von 11 verwandelten Feldwürfen. Ray Allen bestätigte seine starke Playoff-Form und steuerte 21 Punkte von der Bank bei. Mario Chalmers (11 Punkte 2/4 Dreier) und Norris Cole (18 Punkte, 4/4 Dreier) trugen maßgeblich zum Dreierregen bei. Chris Bosh kam auf 13 Punkte und 5 Rebounds.

Die Chicago Bulls hielten nur knapp eine Halbzeit lang mit, gingen dann aber komplett unter und kassierten ihrerseits die höchste Playoffniederlage der Franchise-Geschichte. Joakim Noah kam auf 12 Punkte (3/7 FG) und 6 Rebounds. Nach seinem zweiten Technical Foul kehrte er im letzten Viertel aber nicht mehr aufs Parkett zurück. Auch Taj Gibson (8 Punkte, 3 Rebounds) musste nach seinem zweiten technischen Foul vorzeitig vom Feld.

Außer Noah kamen lediglich Nate Robinson (11) und Marco Belinelli (13) auf zweistellige Punktzahlen. Die Guards erlebten aber wie das gesamtes Team einen ganz schwarzen Abend in der Offensive. Carlos Boozer kam lediglich auf 8 Punkte (3/9 FG) und 4 Rebounds.

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Die Reaktionen

LeBron James (Miami Heat): "Ganz egal, ob du nun mit 20, 30 oder nur einem Punkt Vorsprung gewinnst, in der Serie steht es 1:1. Sie haben noch immer ein Spiel bei uns gewonnen und den Heimvorteil geholt. Also müssen wir jetzt nach Chicago fahren und versuchen, uns diesen zurückzuholen."

Erik Spoelstra (Trainer Miami Heat): "Wir stecken noch immer in der Klemme."

Carlos Boozer (Chicago Bulls): "Die Dinge laufen nicht so, wie du das willst. Du bist der Herausforderer und willst alles tun, wenn du dich betrogen fühlst. Dann sagst du auch etwas dazu. Aber wir wollen die Schuld nicht jemand anderem geben. Wir nehmen es auf unsere Schultern und werden besser spielen.

Tom Thibodeau (Trainer Chicago Bulls): "Wir haben uns ablenken lassen und das darfst du nicht tun. Wir haben es zugelassen, dass die Frustration Überhand nimmt. Du setzt dich ein, du kriegst keine Pfiffe. Das ist die Realität. Wir können das wesentlich besser und wir werden besser sein."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tip-Off: Obwohl das Rose-Comeback angeblich unmittelbar bevorsteht, bleiben erst einmal die Startformationen vom ersten Spiel bestehen. Das heißt auch, dass die Bulls weiterhin ohne die verletzten Hinrich und Deng auskommen müssen. Thibodeau schickt wieder Robinson, Belinelli, Butler, Boozer und Noah aufs Feld. Spoelstra vertraut Chalmers, Wade, James, Haslem und sowie Bosh.

6.: Ausgeglichener Beginn. Bei den Bulls ist Joakim Noah schon gleich auf Betriebstemperatur und verwandelt seine ersten drei Feldwürfe allesamt. Die Heat antworten mit ausgeglichenem Scoring. Doch nach einem schönen Bulls-Spielzug landet der Spalding beim völlig freien Butler. Der drückt von der Dreierlinie ab und trifft. Spoelstra nimmt die erste Auszeit. 15:12 Bulls.

analyse Thompsons Dreier-Show sorgt für Ausgleich

12.: Die Heat schalten defensiv noch einen Gang höher und James trägt die Offensive. Einem Alley-Oop-Dunk folgt ein weiterer mächtiger Slam. Die ersten fünf Feldwürfe sitzen alle. Auf der Gegenseite antwortet Butler aber wieder per Dreier. 23:18 Heat.

16.: Die Emotionen kochen hoch. Andersen checkt Belinelli aus dem Weg und erhält dafür ein Flagrant Foul. Wenige Sekunden später kassiert Teague das Technical, weil er mit dem Ellenbogen Richtung Cole geschlagen haben soll. Die Referees verlieren ein wenig die Kontrolle. Inmitten der Diskussionen packt Taj Gibson einen krachenden Slam aus. 32:28 Heat.

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23.: James spielt eine atemberaubende erste Halbzeit. Erst haut er ansatzlos den Dreier in die Maschen, kurze Zeit später spielt er einen fabelhaften Pass auf Wade, der völlig frei stopfen kann. Miami zieht etwas davon, James schon mit 19 Punkten (7/8 FG). 49:38 Heat nach einem 7:0-Lauf in 63 Sekunden.

27.: Die Bulls scheinen kollektiv noch in der Umkleidekabine zu verweilen. James spielt einen Alley-Oop-Pass zu Wade über das halbe Feld. Chalmers spaziert in die Zone und bedient einen völlig freien Chris Bosh. Miami fliegt nur noch durch die Hälfte Chicagos. Die Bulls selbst kriegen ihre Spielzüge nicht mehr vor Ablauf der Shotclock beendet. 64:45 Heat.

32.: Wow! Jetzt wird gezaubert. James zieht in die Zone. Wade kommt über die Baseline. Aus dem Dribbling spielt James den No-Look-Bodenpass auf seinen Superstar-Partner, der per Korbleger versenkt. Die Bulls verkommen zu Statisten. Wade hat seine letzten 6 Feldwürfe allesamt verwandelt. 74:47 Heat.

36.: Die Bulls scheinen gedanklich schon beim nächsten Spiel. James hat nun entschieden, nicht mehr selbst zu punkten. Stattdessen füttert er seine Mitspieler mit Traumpässen. 85:54 Heat. Das wird höchstens noch etwas für die Bulls, wenn Nate Robinson 40 Punkte im letzten Viertel erzielt. Zuzutrauen wäre es ihm ja irgendwie.

39.: Der Frust bei den Bulls sitzt tief. Noah erhält ein Technical Foul von der Bank aus und darf nicht mehr zurück aufs Feld. Taj Gibson beleidigt die Schiedsrichter und erhält gleich ein Double-Technical. Er darf auch duschen gehen. Ray Allen darf genüsslch Freiwürfe werfen. 97:56!! Heat.

48.: Daequan Cook verwandelt noch einmal den Putback mit Foul. Danach ist Schluss. Das Endergebnis von 115:78 ist der höchste Sieg in Miamis Playoff-Geschichte, gleichzeitig bedeutet es die höchste Playoffniederlage der Bulls aller Zeiten.

Miami Heat vs. Chicago Bulls: Hier geht's zum BOXSCORE

Der Star des Spiels: LeBron James. Machen wir es kurz: Die Statistiken sind auf den ersten Blick nicht komplett atemberaubend gemessen an James Durchschnitt. Wenn man aber bedenkt, dass der Heat-Superstar all seine 19 Punkte in der ersten Hälfte erzielte und sich danach darauf beschränkte, ein paar feine Zuckerpässe zu spielen, dann bekommt die Leistung eine größere Bedeutung.

Der frisch gekürte MVP hätte noch einmal genauso viele Punkte auflegen können, wenn er gewollt hätte. Er saß aber verständlicherweise im letzten Viertel komplett auf der Bank. Da brillierte dann Norris Cole mit 4 von 4 verwandelten Dreiern. Ebenfalls genial: Shane Battier mit 3 Punkten in 22 Minuten Spielzeit und einer Differenz von +42.

Der Flop des Spiels: Nate Robinson. Eigentlich ist es unfair, überhaupt einen Spieler der Bulls auszuwählen, da das Team komplett versagte. Noah und Boozer rieben sich in privaten Duellen auf und vernachlässigten die Arbeit in der Zone, Jimmy Butler wirkte platt. Marco Belinelli warf nur Backsteine. In einer so hektischen Anfangsphase merkte man, dass den Bulls ohne Hinrich, Rose und Deng ein Spieler fehlt, der ein wenig Ruhe ins Spiel bringt.

Robinson ist ein Energiebündel, das jederzeit heißlaufen kann. Wenn er das aber nicht tut, ist er ein defensivschwacher Point Guard mit mittelmäßigen Fähigkeiten im Aufbau, der zu viele Würfe nimmt. Cole und Chalmers konnten teilweise schon die Liegestühle rausholen, so viele Platz hatten sie bei ihren Dreiern. 3 von 10 verwandelte Feldwürfe, 4 Ballverluste und eine +/- Differenz von -24 sprechen Bände.

Analyse: Was für ein Statement des Champions. Erik Spoelstra schickte zwar nominell die gleiche Starting Five aufs Feld wie im ersten Spiel, de facto stand aber ein ganz anderes Team auf dem Parkett. Gleich von der ersten Minute an zeigten die Heat eine hyper-aggressive, druckvolle Verteidigung, in der Offensive schien sich James auf einer Mission zu befinden.

Die Bulls hielten ihrerseits mit purer Physis dagegen. Schon früh begannen viele Infights. Noah gegen James, Andersen gegen Belinelli, Robinson gegen Chalmers. Bereits zur Halbzeit hatten die Zuschauer fünf technische Fouls und ein ziemlich übles Flagrant Foul gesehen. Intensiver ging es kaum.

Als die Bulls aber nach der Halbzeit aus der Kabine kamen, schien jegliche Einstellung verflogen, vielleicht reichte aber auch einfach die Kraft nicht mehr, eine weitere Halbzeit so dagegen zu halten. Die Heat konnten machen, was sie wollten und entschieden das dritte Viertel mit 30:15 für sich.

Der Arbeitstag von James und Co war danach schon gelaufen und man konnte eindrucksvoll sehen, dass dieses Rumpfteam der Bulls nur mit absoluter Aufopferung mithalten kann. Genau die kostet aber wichtige Körner. Als Thibodeau Small Forward Jimmy Butler im zweiten Viertel auf die Bank setzte, erhielt dieser seine erste Pause seit einer Woche. Die letzten drei Playoff-Partien hatte Butler durchgespielt. Das sagt ziemlich viel über die Situation der Bulls.

Die Heat legten den Finger genau in diese Wunde und zeigten ihre dreckige Seite. Mit jeder Menge kleinen und weniger kleinen Fouls entgegneten sie den Bulls mit deren eigenen Waffen, so dass die Chicagos Spieler zur Halbzeit mit wilden Beschwerden gen Umkleide wanderten. Zugute kam den Heat dabei die schwache Leistung der Referees, die das Spiel zu keiner Zeit unter Kontrolle hatten, allerdings auf beiden Seiten Fehler machten.

Am Ende traf Miami 60 Prozent seiner Würfe, davon 50 Prozent seiner Dreier. Eindrucksvolle Quoten, die nicht gerade für Chicagos Defensive sprechen. Anderseits sind sie aber auch Ausdruck einer an diesem Abend glänzend aufgelegten Offensive Miamis. Wenn James zum Korb penetriert, gleichzeitig die Schützen von außen heißlaufen und auch Wade zu seinem Wurf findet, dann ist der Meister kaum zu schlagen.

Miami dominierte von Beginn an die Zone (56:18), eigentlich das Hoheitsgebiet der Bulls. Vor allem verteidigten die Heat aber bärenstark in der Transition. Miami leistete sich zwar 17 Turnover, während die Bulls daraus allerdings nur 7 Punkte erzielten, machte Miami 28 Punkte aus 19 Bulls-Ballverlusten.

Die Heat waren in jedem Bereich überlegen, was das Ergebnis eindrucksvoll zeigt. Die Bulls dürfen sich aber nicht verrückt machen lassen, sie haben in der Serie noch immer den Heimvorteil auf ihrer Seite und trotz der herben Klatsche steht es 1:1 in der Serie. Eventuell kehrt ja auch einer der Rekonvaleszenten im nächsten Spiel zurück, vielleicht sogar Derrick Rose.

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