NBA

"Parker wird extrem unterschätzt"

Von Interview: Marcel Friederich
Spurs-Forward Kawhi Leonard erzielt in dieser Saison 11,7 Punkte im Schnitt
© getty

Die Zukunft bei den San Antonio Spurs (Mo., ab 1 Uhr gegen Miami im LIVE-STREAM FOR FREE mit Markus Krawinkel als Kommentator) hat längst begonnen. Sinnbild für den Generationenwechsel ist Kawhi Leonard. Im Interview mit SPOX spricht der 21-Jährige über Headcoach Gregg Popovich, die größten Hände der NBA und den gewaltsamen Tod seines Vaters.

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SPOX: Gregg Popovich ist dafür bekannt, dass er weitgehend nur älteren Spielern sein volles Vertrauen schenkt. Sind Sie selbst überrascht, dass Sie ein so hohes Standing bei ihm besitzen, obwohl Sie erst 21 Jahre alt sind?

Kawhi Leonard: Es ist eine Besonderheit, dass Coach Popovich einem jungen Spieler vertraut. Darauf bin ich sehr stolz. Als Rookie habe ich ihn vor anderthalb Jahren kennengelernt, kurz bevor der Lockout begann. Schon damals sagte er mir, dass er voll auf mich baut und mich pro Partie 20 Minuten oder mehr spielen lassen will. Diese Worte haben mich unheimlich motiviert.

SPOX: Umso ärgerlicher für Sie, dass wenig später der Lockout begann...

Leonard: Das stimmt. Aber nachdem mir Popovich ein so gutes Gefühl gegeben hatte, habe ich während des kompletten Lockouts ganz hart an mir gearbeitet. Das hat sich schließlich auch ausgezahlt. Unser Coach hielt sein Versprechen und gab mir während meiner Rookie-Saison sehr viel Spielzeit. Ich bin sehr glücklich, dass ich ihm das mit Leistung zurückzahlen konnte.

SPOX: Viermal gewannen die Spurs unter Popovich die Meisterschaft. Verraten Sie uns: Was zeichnet Ihren Coach besonders aus?

Leonard: Coach Popovich ist ein unglaublicher Wettkampftyp. Egal welcher Tag es ist, egal wie viel Uhr wir haben - er möchte immer gewinnen. Er coacht jedes Spiel, als wenn es ein Playoff-Spiel wäre. Seine Intensität und seine Leidenschaft sind einmalig. Uns Spieler pusht er mit seiner Einstellung ungemein. Abseits des Spielfeldes ist er trotz seiner vielen Erfolge ein bescheidener Mensch. Das finde ich außergewöhnlich.

SPOX: Ist Greg Popovich der beste Trainer der NBA?

Leonard: Es spricht alles dafür. Ich arbeite nun im zweiten Jahr mit ihm zusammen und kann nur die allerbesten Worte über ihn sagen. Dazu sollte man sich nur die Tabelle anschauen. Wir hatten zwischenzeitlich die beste Bilanz der gesamten NBA - das ist der beste Beweis, dass unser Coach alles richtig macht. Zwar habe ich in meiner jungen NBA-Karriere noch keinen anderen Headcoach in der NBA erlebt. Doch einen besseren als Popovich könnte ich mir kaum vorstellen.

SPOX: Popovich ist der vielleicht beste Trainer. Sie immerhin sind angeblich der Spieler mit den größten Händen der gesamten NBA. Stimmt das?

Leonard: Das haben mir schon viele Leute gesagt. Natürlich ist es nicht so, dass ich jeden Abend in die gegnerische Kabine gehe, um meine Händen mit denen der anderen Spieler zu vergleichen. (lacht) Aber Spaß beiseite: Große Hände sind in der NBA sehr hilfreich. Speziell, wenn es um das Ballhandling geht.

SPOX: Haben Sie eine Ahnung, wie groß Ihre Hände genau sind?

Leonard: Vom Ende meines Armes bis zur obersten Fingerkuppe sind es etwa neun Inches (umgerechnet knapp 23 Zentimeter, Red.).

SPOX: Wie sehen Sie Ihre persönliche Rolle in der laufenden Saison?

Leonard: Ich bin ein harter Arbeiter und ein wichtiger Helfer für unsere Superstars. Allerdings haben Tim Duncan, Manu Ginobili und Tony Parker diese Saison schon so einige Spiele verpasst. Deshalb rutsche ich auch immer häufiger in die Verantwortung. Für meine persönliche Entwicklung ist das definitiv hilfreich.

SPOX: Duncen, Ginobili und Parker gehören langsam aber sicher zum alten Eisen. Welche Auswirkungen hat das auf die Perspektive der Spurs?

Leonard: Zum alten Eisen gehören diese drei Jungs noch lange nicht. Das beweisen sie einmal mehr in dieser Saison. Trotzdem ist es so, dass sie in der jetzigen Konstellation nicht mehr ewig zusammenspielen werden. Von daher ist Coach Popovich fast gezwungen, mehr auf jüngere Spieler zu setzen, die perspektivisch in die Rollen von Tim Duncan & Co. schlüpfen können. Diese Balance zwischen älteren und jüngeren Spielern funktioniert bei uns derzeit ganz hervorragend.

SPOX: Ihr Teamkollege Tony Parker steht häufig im Schatten anderer Point Guards wie Chris Paul, Russell Westbrook oder Kyrie Irving. Was halten Sie davon?

Leonard: Ich finde, Tony wird extrem unterschätzt. Vielleicht liegt das daran, dass wir in San Antonio nie so viel Aufmerksamkeit von den Medien erhalten. Doch für mich ist er der beste oder der zweitbeste Point Guard der gesamten NBA.

SPOX: Welche Pläne hat Coach Popovich mit Ihnen?

Leonard: Er hat zu mir gesagt, dass ich zu den neuen Gesichtern der Franchise gehören soll. Das macht mich sehr stolz. Perspektivisch ist es mein großes Ziel, mit den Spurs eine Meisterschaft zu gewinnen und All Star zu werden.

SPOX: Noch vor einigen Jahren war es undenkbar, dass sie solche glänzenden Perspektiven haben würden. Als Sie gerade einmal 16 Jahre alt waren, starb Ihr Vater auf tragische Art und Weise. Er besaß eine Autowaschanlage und wurde in seinem Geschäft erschossen. Welchen Einfluss hatte dies auf Ihre persönliche Entwicklung?

Leonard: Wenn man als Teenager solche Erfahrungen macht, ist das im ersten Moment wahnsinnig schockierend. Doch sobald etwas Zeit vergangen ist, beginnt man an der Situation zu wachsen. Nachdem mein Vater ermordet wurde, war ich schließlich der letzte Mann in der Familie. Ich habe meiner Mutter bei jeder Gelegenheit im Haushalt unter die Arme gegriffen. Das hat uns enorm zusammengeschweißt. Dabei habe ich es gelernt, geduldig zu sein und gleichzeitig eine enorme Willenskraft zu entwickeln. Diese Eigenschaften helfen mir auch heute während meiner NBA-Karriere.

SPOX: Haben Sie Geschwister?

Leonard: Ja, vier Schwestern.

SPOX: Während Sie in der Familie die Vaterrolle übernahmen, blieb denn parallel noch genügend Zeit, um Basketball zu spielen?

Leonard: In meinem ersten Highschool-Jahr bin ich gar nicht ins Basketball-Team gekommen. Ich hatte das Probe-Training verpasst, weil meine Mutter für ein paar Tage nicht zuhause war. Die Highschool lag nämlich in einer Nachbarstadt. Ich habe versucht, dem Coach zu erklären, dass mich niemand fahren konnte. Aber er wollte das nicht akzeptieren. Also habe ich ein Jahr lang Football gespielt. Sport war damals die beste Ablenkung von den Alltagssorgen.

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