NBA

Die Gründe für den Hornets-Höhenflug

Von Maurice Kneisel
Spielen (vorerst) weiter gegeneinander: Chris Paul (r.) und sein Buddy Carmelo Anthony
© Getty

Im Sommer kriselte es gewaltig bei den New Orleans Hornets: Die Franchise sollte verkauft werden, Trainer und Manager wurden ausgetauscht und Chris Paul wollte lieber eine Dynasty in New York gründen. Drei Monate später stehen die Hornets ungeschlagen an der Spitze ihrer Division und haben ihren persönlichen Startrekord geknackt.

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Eine blütenreine Weste hat in dieser noch jungen Saison neben den amtierenden Champions von den Los Angeles Lakers nur noch ein einziges Team: die New Orleans Hornets. Mit 6-0 hat die Franchise, die 2002 aus Charlotte nach Louisiana zog, einen neuen persönlichen Startrekord aufgestellt. Beeindruckend vor allem, weil die Zukunft des Teams im Sommer noch alles andere als rosig aussah.

Die Hornissen hatten gerade eine enttäuschende Saison mit einer 37-45-Bilanz auf dem letzten Platz in der Southwest Division beendet. Wichtige Stützen wie All-Star-Forward David West oder Neuzugang Emeka Okafor blieben hinter den Erwartungen zurück, und Franchise Player Chris Paul, der verletzungsbedingt gerade mal 45 Saisonspiele bestritt, liebäugelte mit einem Tapetenwechsel.

Paul will die Knicks-Dynasty

Der dreifache All-Star fühlte sich von Miamis Big-3 inspiriert und wollte nach New York wechseln, um dort in Zukunft gemeinsam mit Amare Stoudemire und Carmelo Anthony eine Dynasty zu gründen. Sicher schien: Spätestens 2012, wenn er aus seinem Vertrag rausopten kann, würde Paul Louisiana verlassen.

Zudem wurden Coach und General Manager ausgetauscht, mit Monty Williams (zuvor Assistent von Nate McMillan in Portland) und dem ehemaligen Personaldirektor der San Antonio Spurs, Dell Demps, zwei unerfahrene Männer verpflichtet. Besitzer George Shinn wollte die Franchise verkaufen, konnte sich aber mit dem Interessenten Gary Chouest nicht einigen.

Einziger Lichtblick in der Spielzeit 2009/10 war Rookie-Point-Guard Darren Collison. Der 21. Pick entwickelte sich zum Glücksgriff des Drafts und schaffte es, den verletzten Paul halbwegs adäquat zu ersetzen - um dann im August zusammen mit James Posey im Rahmen eines 4-Way-Trades nach Indiana geschickt zu werden.

Im Gegenzug erhielt New Orleans Trevor Ariza, der ein Jahr zuvor einen Fünf-Jahres-Vertrag über 33 Millionen in Houston unterschrieben hatte, bei den Rockets aber nicht wirklich überzeugen konnte. Und damit nicht genug: Bereits im Juni war der diesjährige First-Round-Pick Cole Aldrich im Paket mit Morris Peterson nach Oklahoma City getradet worden. Wiederum keine populäre Entscheidung.

Differencemaker Trevor Ariza

Was dabei aber oft übersehen wird: NBA-Franchises sind Multi-Millionen-Dollar-Unternehmen und die New Orleans Hornets gehören zu den weniger lukrativen in der NBA (Rang 23 laut "Forbes"). Mit den Abgängen von Posey und Peterson hat das Management dem Team über 21 Millionen gespart und ist dabei zwei Spieler losgeworden, die ihren Zenit längst überschritten haben.

Einer war von Anfang an vom Ariza-Trade überzeugt: Chris Paul. Der Hornets-Superstar rief seinen neuen Kollegen kurz nach dem Transfer an: "Er war begeistert", erzählt Ariza. "Er sagte: 'Mir geht es nur ums gewinnen. Ich tue alles, um zu siegen. Jetzt bin ich sogar noch hungriger. Einfach nur in die Playoffs zu kommen, reicht mir nicht.'"

Eine Einschätzung, mit der Paul bislang goldrichtig liegt. Ariza legt zwar nach wie vor keine überragenden Stats auf, hat es aber geschafft, die seit Jahren vakante Small-Forward-Position der Hornets zu beleben. Und außerdem weiß er, wie's geht: der ehemalige Second-Round-Pick gewann 2009 mit den Lakers die Championship.

Zudem passt Ariza perfekt in das defensiv ausgerichtete Konzept von Coach Williams. Der 2,03 Meter große Swingman gehört seit Jahren zu den besseren Flügelverteidigern der Liga und belegt das auch mit 2 Steals im Schnitt pro Partie.

Monty Williams' Erfolgsrezept

Wie entscheidend die Defense für den bisherigen Erfolg der Hornets ist, lässt sich auch an den Team-Stats ablesen: da liegt die Truppe aus New Orleans bei den Punkten pro Spiel mit 97,5 gerade mal auf dem 21. Rang, auch bei den Rebounds und Assists befinden sie sich nur im Mittelfeld. Überragend sind dagegen die 91,5 Punkte, die sie dem Gegner pro Partie erlauben - drittbester Wert in der NBA. Bislang konnte noch kein Gegner dreistellig gegen den Tabellenführer der Southwest Division punkten.

Der zweite Faktor für den tollen Saisonstart ist der Frontcourt, in dem sich auf den ersten Blick seit letzter Saison herzlich wenig verändert hat. Schon in der Spielzeit 2009/10 starteten dort Emeka Okafor und David West nebeneinander. Nur dass sie das in dieser Saison irgendwie besser hinkriegen. West trifft so gut wie nie: 54,9 Prozent seiner Versuche finden den Weg in den Korb.

Und Okafor scheint in seinem zweiten Jahr in New Orleans endlich angekommen zu sein: Im Schnitt holt er 2 Punkte mehr (12,3) als letzte Saison und blockt starke 2,2 Würfe pro Partie, die siebtmeisten in der NBA. Außerdem liegt er mit 71,8 Prozent verwandelten Würfen ligaweit deutlich auf Platz eins.

Besonders heiß war Mek beim 96:93-Heimsieg über die Miami Heat: 26 Punkte und 13 Rebounds holte er am Ende. Auch Chris Paul war fantastisch aufgelegt und sammelte neben 13 Punkten auch 19 Assists. Die Mannschaft funktioniert in diesem Jahr deutlich besser als in der Vorsaison.

Viele Fragezeichen für die Zukunft

Williams versteht es in seinem ersten Jahr als Headcoach perfekt, den Spielern seine Philosophie zu vermitteln. So meinte er nach dem 87:81-Sieg gegen die Milwaukee Bucks: "Wir müssen über die Defensive gehen. Wir haben nicht viele Punkte erzielt, aber wenn wir so verteidigen wie in dieser Partie, dann gewinnen wir auch."

Bei aller Euphorie über den tollen Start darf aber nicht übersehen werden, dass die Saison gerade erst angefangen hat und noch viel passieren kann: Werden Okafor und West ihre Frühform über die ganze Spielzeit hinweg halten können? Wird Paul fit bleiben?

Und selbst, wenn die Hornets über die gesamte Saison hin erfolgreich sind, ist noch lange nicht gesichert, dass Paul 2011/12 noch in Louisiana spielt. Viele Fragezeichen also, mit denen sich das Duo Williams/Demps in den nächsten Monaten befassen muss, damit der Hornets-Höhenflug nicht mit einer Bruchlandung endet.