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"U-S-A! U-S-A!"

Von Florian Regelmann
Die Fans der Phillies gehen im Citizens Bank Park ständig ab wie ein Zäpfchen
© Getty

In Philadelphia gab es im Mai nicht nur den Moment des Jahres, sondern auch das verrückteste Spiel der Saison. Weitere Themen: Die Erlösung von Jo-Jo und Super-Sam!

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Der Moment des Monats: "U-S-A! U-S-A!" Es war Sonntag, der 1. Mai 2011. Die Phillies und Mets befanden sich im Sunday Night Game der Woche in einem ganz engen Spiel, als die Fans im Citizens Bank Park plötzlich zu "U-S-A! U-S-A!"-Sprechchören ansetzten. Was ist hier denn los? Die Verwunderung der Spieler stand ihnen ins Gesicht geschrieben.

Woher sollten sie auch wissen, dass sich auf den Zuschauerrängen gerade die Nachricht des Jahres wie ein Lauffeuer verbreitet hatte. Osama bin Laden ist tot. Fans hielten ihre Handys in die TV-Kameras, auf denen die Nachricht von Bin Ladens Tod zu sehen war.

In der Stadt, in der 1776 die Unabhängigkeitserklärung beschlossen und verkündet wurde, gab es einen ganz besonderen Moment, den es in dieser Form nur in den USA geben kann. Und jetzt noch mal alle im Chor: "U-S-A! U-S-A!"

Das Team des Monats: Boston Red Sox. Der Saisonstart war furchtbar. Es dauerte bis zum siebten Saisonspiel, bis bei den Red Sox in der Spalte mit den Siegen überhaupt mal eine "1" erschien. Aber: Wie wir wissen, ist eine Baseball-Saison ein Marathon. "Marathoniger" geht gar nicht. Da gibt es keinerlei Grund zur Panik, wenn man bei 162 Spielen schlecht aus den Startlöchern kommt. Vor allem dann nicht, wenn man Spieler im Team hat, die solche Namen tragen, wie es bei den Red Sox der Fall ist.

Da weiß man, dass so eine Mannschaft früher oder später Fahrt aufnimmt. Und so kam es dann auch. Die Red Sox waren das beste Team im Mai und legten einen Zwischenspurt mit 19 Siegen in 26 Spielen hin. Schon ist die Welt wieder in Ordnung. Neuzugang Adrian Gonzalez (10 HR, 46 RBI) ist überragend drauf, auch "Big Papi" David Ortiz (13 HR, 28 RBI) spielt eine starke Saison. Wenn jetzt noch die bislang schwächelnden Dustin Pedroia und Carl Crawford durchstarten...

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Das Überraschungsteam des Monats: Arizona Diamondbacks. Es gab im Mai ein Team, das mit den Red Sox mithalten konnte. Und das hieß erstaunlicherweise: Arizona. 19 Siege in 29 Spielen - die Diamondbacks haben die Führung in der NL West übernommen. Vor dem Champ aus San Francisco und vor den kriselnden Colorado Rockies.

Die Gründe für den Erfolg der D-Backs? Sie haben ein Lineup zusammen, das aus vielen aufregenden Jungstars besteht. Justin Upton, Stephen Drew, Chris Young, Miguel Montero - in Arizona entwickelt sich etwas. Vor allem haben die D-Backs eines: Power. Nur die Yankees (83) haben in dieser Saison bislang mehr Homeruns geschlagen als Arizona (65). Dazu kommt, dass die D-Backs angeführt von ihrem bärenstarken Closer J.J. Putz einen der besten Bullpen der Majors ihr Eigen nennen dürfen.

Die Gurken des Monats: Minnesota Twins. Man muss wirklich zweimal hinschauen: Die Twins sind derzeit das schlechteste Team der MLB. Kein Team hat weniger Spiele gewonnen, kein Team hat weniger Runs erzielt. Der Mai (8-19) war eine Katastrophe. Aber bei genauerer Betrachtung ist es auch kein Wunder, was in Minnesota passiert.

Denn: Mit Joe Mauer (Schulter, Bein) fehlt der Franchise-Player schon seit Ewigkeiten verletzt. Und ohne den Superstar-Catcher und dreimaligen Batting-Champion, der sich im ersten Jahr seines 184-Millionen-Dollar Vertrags über acht Jahre befindet, geht bei den Twins einfach nichts.

Verschlimmert wird die Lage dadurch, dass Justin Morneau nach seiner langen Verletzungspause infolge seiner Gehirnerschütterung auch noch lange nicht wieder der Alte ist. Und das Pitching? Sagen wir es so: Francisco Liriano hat trotz eines No-Hitters einen ERA von 5.73. Und jetzt ist er auch noch verletzt. Bitter alles. Sehr bitter. Bis Mauer zurückkommt, ist die Saison längst in den Sand gesetzt.

Der Superman des Monats: Sam Fuld. Wer? Das dachten wohl auch die Rays-Fans, als Fuld im Winter im Matt-Garza-Trade von den Cubs nach Tampa Bay kam. Ein kleiner 29-jähriger Outfielder, der sich noch keinen großen Namen machen konnte. Ein paar Monate später ist Fuld eine Legende. Publikumsliebling. Volksheld. Superman. Als Manny Ramirez sich einfach mal dazu entschied, seine Karriere von heute auf morgen zu beenden, kam Fuld zum Zug und wurde sein Ersatz.

Und Fuld spielte grandios. Für seine unglaublichen Catches im Outfield war er schon bekannt, aber zu Beginn der Saison war er auch offensiv heiß. Inzwischen steckt Fuld zwar offensiv in der Krise, aber das hat nichts daran geändert, dass ihn die Rays-Fans lieben.

Am 29. Mai sollte eigentlich "Manny Ramirez Bobblehead Night" im Tropicana Field sein, aber da Ramirez ja weg ist, wurde der Abend umfunktioniert. Zur "Sam Fuld Superhero Cape Night". Die ersten 10.000 Fans unter 14 Jahren bekamen ein Superman-Cape von Super-Sam. Und Johnny Damon trug sogar ein Sam-Cape, als er die Lineup-Karte zum Umpire brachte. Sehr witzige Story. Go Sam!

Die Spieler des Monats: Jose Bautista und Jay Bruce. Es ist unmöglich, sich für einen zu entscheiden, also fällt die Wahl auf beide. Wir erinnern uns: Bautista ist der Typ, der in der letzten Saison aus dem Nichts kam und zum Homerun-König emporstieg. Wer gedacht hatte, dass er nicht noch mal an seine 54 Homeruns rankommen würde, muss seine Meinung überdenken. Bautista ist schon wieder die Nummer eins - 20 Homeruns hat der Blue-Jays-Star auf dem Konto.

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Dazu kommt sein überragender Schlagdurchschnitt (.360). Was Bautista in der AL ist, ist Bruce in der NL. Der Right Fielder der Reds führt die NL dank eines unfassbar starken Monats (12 HR, 33 RBI) in Sachen Homeruns (17) und RBIs (46) an. Bautista und Bruce - heißer kann man den Schläger derzeit nicht schwingen.

Der Rookie des Monats: Danny Espinosa. Die Washington Nationals werden auch in dieser Saison nichts reißen, aber es gibt kein Team, das für die Zukunft so aufregend aufgestellt ist. Stephen Strasburg erholt sich noch von seiner Ellenbogen-Operation, ist aber nach wie vor das Pitching-Supertalent. Und mit Bryce Harper haben die Nats ja auch noch das heißeste Hitting-Talent seit langem in ihren Reihen. Der 18-Jährige nimmt die Pitcher in den Minor Leagues schon auseinander, ganz lange wird es nicht mehr dauern, bis er in der MLB ankommt.

Jeder redet also über Strasburg und Harper, aber die Nats haben zum Beispiel auch noch Danny Espinosa. Der Second Baseman ist einer der Top-Rookies in dieser Saison. Allein im Mai hat Espinosa 8 Homeruns geschlagen. Die Zukunft könnte wirklich rosig sein in D.C. Bei den Pitchern der beste Rookie: Tampas Jeremy Hellickson (1.36 ERA).

Das Highlight des Monats: Phillies vs. Reds, 19 Innings! Es war das verrückteste Spiel der bisherigen Saison. Es dauerte 6 Stunden und 11 Minuten, ehe Philly um 1:19 Uhr Cincinnati dank eines Sacrifice Flys von Raul Ibanez im 19. Inning besiegte.

Das Verrückteste kommt aber erst noch: Die Phillies hatten irgendwann keinen Pitcher mehr, sodass sie Wilson Valdez auf den Mound schicken mussten.

Und was machte der Infielder? Der ließ keinen einzigen Hit zu. Joey Votto, immerhin der amtierende NL MVP, hatte keine Chance gegen Valdez. Jay Bruce, der heißeste Spieler der MLB, auch nicht. So wurde Valdez als erster Positionsspieler seit Catcher Brent Mayne (Colorado) im Jahr 2000 zum Winning-Pitcher.

Der Sieger des Monats: Jo-Jo Reyes. Man stelle sich vor, man ist von Beruf Pitcher in der MLB, geht alle fünf Tage auf den Mound und gewinnt nie. NIE. Reyes verbrachte drei Jahre in der MLB und gewann keinen einzigen seiner Starts. So schlecht kann er nicht gepitched haben, immerhin wurde er von seinem Manager ja immer wieder auf den Hügel geschickt. Aber er konnte machen, was er wollte. Er gewann nicht. 28 Mal in Folge nicht.

Reyes stellte damit den Negativrekord der Herren Matt Keough (1978-1979) und Cliff Curtis (1910-1911) ein. Im Spiel gegen Cleveland hätte er jetzt eine neue Negativmarke erreichen können. Aber nix da! Reyes legte sein erstes Complete Game seiner Karriere hin und feierte beim 11:1 seiner Blue Jays gegen die Indians seinen ersten Sieg seit 2008. Gratulation, Jo-Jo!

Verletzungen: Es gibt in der MLB nur ein Thema: die fürchterliche Home-Plate-Kollision, bei der sich Giants-Catcher Buster Posey so schlimm am Knöchel verletzt hat, dass er für den Rest der Saison ausfällt. Es konnte dem Titelverteidiger nichts Schlimmeres passieren, als ihren Jungstar und ihr Herzstück zu verlieren. Die Verletzung hat zu riesigen Diskussionen geführt.

Wie soll sich ein Catcher in Zukunft verhalten? Über den Haufen rennen lassen, tough sein wollen, oder lieber zurückziehen? Fakt ist, dass die Plays an der Home Plate die aufregendsten im Baseball überhaupt sind. Es wird spannend zu beobachten sein, ob sich etwas verändert. Neben Posey die bitterste Verletzung im Mai: Marlins-Ace Josh Johnson (Schulter).

Statistik: Zunächst der Blick auf die Pitcher. Top in der American League sind in Sachen ERA im Moment Josh Beckett (Red Sox, 1.80) und Jered Weaver (Angels, 2.10). Was Siege angeht, führen Jon Lester (Red Sox, 7) und Josh Tomlin (Indians, 7). Die meisten Siege überhaupt hat aktuell überraschend Kevin Correia (8) von den Pirates auf dem Konto.

Den besten ERA hat nicht nur in der NL Braves-Star Jair Jurrjens (1.51) vorzuweisen. Die meisten Saves hat Leo Nunez (Marlins, 19) zustande gebracht, gefolgt von J.J. Putz (D-Backs) und Craig Kimbrel (Braves) mit jeweils 16.

In der Homerun-Statistik sind wie schon erwähnt Jose Bautista (Blue Jays, 20) und Jay Bruce (Reds, 17) ganz vorne. Ebenfalls top: Curtis Granderson (Yankees, 17). Der beste Schlagdurchschnitt in der MLB gehört aktuell Matt Joyce (Rays, .361). In Sachen RBIs führen Adrian Gonzalez (Red Sox, 46) und Jay Bruce (Reds, 46) vor Paul Konerko (White Sox, 44), Hunter Pence (Astros, 43) und Adrian Beltre (Rangers, 43).

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