"Stand heute: Die Nummer eins im NBA-Draft"

Von SPOX
Spielmacher Brandon Knight war an jedem von Kentuckys Siegen im Turnier entscheidend beteiligt
© Getty

Auch in diesem Jahr wird beim Final Four des NCAA-Turniers College-Basketball in einem Football-Stadion gespielt. Im Reliant Stadium, wo normalerweise die Houston Texans ihre NFL-Spiele austragen, kommen Kentucky, Connecticut, VCU und Butler zusammen. Die Wildcats spielen im Halbfinale gegen die Huskies, die Rams treffen auf die Bulldogs.

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Alle vier Teams haben ihren eigenen, steinigen Weg hinter sich. Kentucky musste sich in der East-Region gegen die wahrscheinlich härteste Konkurrenz aller Teams durchsetzen: Besonders Ohio State und North Carolina waren absolute Schwergewichte.

Connecticut hat eine junge Truppe, die entsprechend unkonstant war, sich in den letzten Wochen aber in einen Rausch gespielt hat. Butler hat eine unterirdische Regular Season hinter sich und ist nur mit viel Glück überhaupt ins Turnier gerutscht, VCU wollte sowieso niemand dabei haben.

Deren Saison rechtfertige eine Nominierung eigentlich nicht, so die einhellige Meinung. Diese Anfeindungen haben die Rams offenbar zusätzlich motiviert, jedenfalls haben sie sich im Turnier insbesondere in punkto Defense und Dreierquote massiv verbessert.

Was alle vier Teams eint, ist die Tatsache, dass ihr Glück ganz entscheidend von einzelnen Spielern abhängt. Sicher, College-Basketball ist deutlich mehr ein Teamsport als der NBA-Basketball, aber trotzdem: Es gibt Stars, die einfach nicht zu ersetzen sind. SPOX stellt die vier Akteure vor, auf die es beim Final Four zu achten gilt.

 Brandon Knight (G, Kentucky Wildcats)

"Wenn er sich zum Draft melden würde, wäre er Stand heute mein Nummer-Eins-Pick", erklärte NBA-Legende Magic Johnson per Facebook-Mitteilung, nachdem Knight seine Wildcats zum Sieg über North Carolina und damit ins Final Four geführt hatte.

Wie im letzten Jahr, als ein gewisser John Wall in Lexington regelmäßig für sportliche Schlagzeilen sorgte, hat Kentucky auch 2011 einen explosiven Point Guard, der es versteht, das Spiel seines Teams zu lenken, seine Kollegen einzusetzen und in den wichtigen Momenten mit Clutch-Plays Spiele zu gewinnen.

Sicher, er bekommt enorme Hilfe von Big Man Josh Harrellson, den Swingmen Lamb, Miller und Liggins sowie Terrence Jones, der schon jetzt als sicherer NBA-Spieler gilt. Aber Knight hat bisher jeder Turnier-Partie seinen Stempel aufgedrückt: Zwei Mal, gegen Princeton und Ohio State, hat er den entscheidenden Treffer für sein Team markiert. Zwei Mal, gegen West Virginia und die Tar Heels, machte er mit 30 beziehungsweise 22 Zählern die meisten Punkte für die Wildcats.

Schon zu High-School-Zeiten war der 19-Jährige eines der begehrtesten Talente des Landes. Ohne Frage wird sich daran nichts ändern, wenn er sich - wie allgemein erwartet - im Sommer für den Draft anmeldet.

 Kemba Walker (G, Connecticut Huskies)

In dieser Woche wurde das von Journalisten gewählte All-America Team vorgestellt. Mit dabei: Jimmer Fredette (BYU), Nolan Smith (Duke), Jared Sullinger (Ohio State), JaJuan Johnson (Purdue) und Kemba Walker. Nur einer, eben jener Kemba Walker, ist noch beim NCAA-Turnier dabei. Und das, obwohl er von Fredette abgesehen mehr auf sich allein gestellt ist als jeder andere der oben genannten Stars.

Die Huskies haben eine völlig unerfahrene Truppe - Center Charles Okwandu ist der einzige Senior, der regelmäßig auf dem Parkett steht - und wurden nicht von ungefähr von den Experten vor der Saison als lediglich zehntbestes von 16 Big-East-Teams eingeschätzt. Junior Walker ist gezwungen, jeden Abend eine Bande von Freshmen und Sophomores aufs Feld zu führen und den Ton anzugeben. Nicht selten warf er UConn dieses Jahr im Alleingang zum Sieg. Mit seinen Leistungen beim Big-East-Turnier, als er in fünf Tagen fünf Gegner vorführte und mit 130 Punkten einen Turnierrekord aufstellte, wurde der 20-Jährige endgültig zum Superstar. Diese Leistungen hat er in den Spielen gegen Bucknell, Cincinnati, San Diego State und Arizona nur bestätigt.

Walker, abgehärtet durch seine Jugend in der Bronx, ist ein exzellenter Schütze, verfügt zugleich aber über überragendes Ballhandling sowie einen explosiven ersten Schritt - und ist damit von praktisch niemandem im Eins-gegen-Eins zu stoppen. "Er ist ohne Frage der wertvollste Spieler in den USA", spart Calhoun nicht mit Lob. "Kemba verkörpert jetzt schon alles, was einen guten NBA-Point-Guard ausmacht." Und das Beste: Im Sommer wird Kemba Walker seinen Abschluss in Soziologie machen. Nach nur drei Jahren am College.

 Jamie Skeen (F, VCU Rams)

Eigentlich ist es unfair, den famosen und kaum für möglich gehaltenen Lauf der Rams auf einen Spieler zu reduzieren. Zu gut funktioniert das Team als Ganzes, zu stark zieht Point Guard Joey Rodriguez die Fäden, zu beeindruckend hat der junge Coach Shaka Smart seine Truppe im Griff. Aber trotzdem: Jamie Skeen kommt in diesem Gefüge als bester Scorer, Rebounder und Shotblocker eine besondere Rolle zu. Und er steht sinnbildlich für die Wandlung der ganzen Mannschaft vom Underdog zur großen Überraschung.

Denn Skeen war - nach einer starken High-School-Karriere - die große Hoffnung von Wake Forest. In seinem ersten Jahr schafft er es tatsächlich ins All-Freshman-Team der ACC. Doch ab diesem Zeitpunkt ging es abwärts: Im Sommer 2007 starb sein Coach und Mentor Skip Prosser, Knieprobleme bremsten Skeen in seiner Sophomore-Saison für die Demon Deacons zusätzlich aus. Beides hätte den inzwischen 22-Jährigen vielleicht nicht dauerhaft aus der Bahn geworfen, doch als er kurze Zeit später auch noch dabei erwischt wurde, wie er bei einem Test schummelte, ging die Ehe zwischen Skeen und Wake Forest endgültig zu Bruch.

Der Youngster aus Charlotte musste nach seiner Suspendierung und dem Wechsel an die Virginia Commonwealth University ein Jahr aussetzen, erfüllte auch in der folgenden Saison die Erwartungen nicht - nur um plötzlich, in seinem letzten Jahr, zu explodieren. Er verbesserte sich eklatant in punkto Scoring (von 8,1 auf 15,4) und Rebounding (von 4,5 auf 7,4), seine Dreierquote ging rauf von 22 auf 40 Prozent. Skeen verfügt über eine für jeden Gegner gefährliche Mischung aus Größe, solider Athletik und einem starken Distanzwurf. Glaubt man den Stimmen aus Rams-Kreisen, ist er zudem ein exzellenter Arbeiter, ein super Teamkollege und ein lernwilliger Schüler. Gute Voraussetzungen für eine Profikarriere.

 Matt Howard (F, Butler Bulldogs)

"Wenn Sie den Butler-Basketball beschreiben wollen, dann ist es auf jeden Fall ein guter Anfang, einfach nur 'Matt Howard' zu sagen", sagt Bulldogs-Co-Trainer Matthew Graves. Was das bedeutet, erklärt Howards Frontcourt-Kollege Andrew Smith: "Er ist unser Anführer. Er gibt immer Vollgas und haut sich rein. Und wenn man ihm dabei zusieht, will man es unbedingt nachmachen."

Coach Brad Stevens hat ein ganz spezielles Verhältnis zu dem 23-Jährigen, denn er "wird mal ein NBA-Spieler werden. Und egal, wohin er geht, sein Team wird gewinnen. So ist Matt: Er macht seine Mannschaft besser und gewinnt", so Stevens über seinen Musterschüler, der ganz nebenbei auch noch zum Academic All-American des Jahres gewählt wurde, sprich zum besten Studenten unter allen Spielern des Landes.

Howards Spielweise ist schnell erklärt: Er kämpft bis zum Umfallen, wirft sich mit seinen 2,03 Metern in jedes noch so aussichtslose Duell unterm Korb und hat dennoch ein softes Händchen aus der (Mittel-)Distanz sowie ein ganzes Arsenal an Low-Post-Moves. Damit ist er der unverzichtbare Dreh- und Angelpunkt in Butlers Spiel - offensiv wie defensiv. Trotzdem ist er für seinen Teamkollegen Shelvin Mack, den zweitwichtigsten Spieler der Bulldogs, einfach nur "der seltsamste Typ, der mir in meinem Leben bisher begegnet ist".

Weil er nicht auf seine ausgelatschten Lieblingstreter verzichten will, obwohl er laut Mack "sechs brandneue Paar Basketball-Schuhe" im Schrank stehen hat. Weil er völlig ausgeleierte und verwaschene Socken trägt. Weil er sich nach eigenen Angaben nur einmal im Jahr die Haare schneiden lässt - von einem Freund, der es umsonst macht. Ansonsten geht er morgens mit der Frisur aus dem Haus, mit der er aufgewacht ist.

Er geht auch nicht ins Kino: "Warum sollte ich nicht zwei Jahre warten, bis der Film im Fernsehen läuft? Dann ist er für mich immer noch neu - und er ist umsonst", erklärt Howard. Ronald Nored wundert sich noch heute, nach drei gemeinsamen Uni-Jahren, darüber, dass Howard jeden Tag mit seinem Fahrrad über den Campus fährt, "auch bei minus zehn Grad, wenn ihm der Wind ins Gesicht bläst und die Augen tränen."

Für Co-Trainer Micah Shrewsberry steht fest: "Matt ist wie Tom Hanks in dem Film 'Big'." Vielleicht ist es diese Mischung aus scheinbarer Naivität und Harmlosigkeit gepaart mit seinem Killerinstinkt und Siegeswillen, die aus Matt Howard einen der gefürchtetsten Big Men des Landes macht - und Butler zum zweiten in Folge ins Final Four geführt hat.

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