NBA

Doc macht alles richtig

Von Florian Regelmann
Doc Rivers, Boston
© Getty

München - Das Duell zwischen den Boston Celtics und den Los Angeles Lakers ist auch das Duell der beiden Headcoaches.

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Auf der einen Seite Glenn Anton, genannt "Doc" Rivers. Auf der anderen Seite Phil Jackson. Genannt Zen Master.

Auf der einen Seite der Mann, der in seinem ersten Finale steht. Auf der anderen Seite der Mann, der mit seinem zehnten Titel Trainer-Legende Red Auerbach als Rekordhalter ablösen könnte.

Als Rivers 1982 als Jungspund bei der Basketball-Weltmeisterschaft in Kolumbien zum MVP gewählt wurde, hatte Jackson bei den Albany Patroons in der CBA (Continental Basketball Association) schon seine Trainerkarriere begonnen.

Rivers' geniale Schachzüge

Als Rivers später immer noch als Spieler in der NBA aktiv war, hatte Jackson mit den Chicago Bulls bereits drei Titel gewonnen.

Klar, wer hier in den Finals den Vorteil haben würde: Jackson. Dachte man zumindest. Aber nach den ersten vier Spielen und angesichts der 3-1-Führung Bostons muss man feststellen: Das Coaching-Duell geht klar an Rivers.

Egal welchen Knopf der 46-Jährige drückt, es funktioniert. In Spiel 4 waren es Rivers'  taktische Umstellungen, die den Celtics ermöglichten, einen 24-Punkte-Rückstand aufzuholen und die Partie zu drehen.

Die Highlights von Spiel 4 in SPOX.TV 

Sein bester Schachzug: Rivers ersetzte in der zweiten Halbzeit die angeschlagenen Rajon Rondo und Kendrick Perkins durch James Posey und Eddie House. Smallball war angesagt.

Umstellung in der Defense 

Dadurch, dass die gefährlichen Dreierschützen Posey und House auf dem Parkett standen, war es den Lakers unmöglich, Kevin Garnett oder Paul Pierce zu doppeln. Taten sie es doch, wurden sie von Posey und House mehrmals gnadenlos bestraft.

"Es hat hervorragend geklappt. Wir haben einen Guard gebraucht, den sie nicht frei stehen lassen konnten. Also fehlte die Hilfe. Eddie war großartig ", lobte Rivers seinen Bankspieler, der mit 25 Minuten in Spiel 4 so viel Spielanteile bekam wie schon lange nicht mehr.

Boston gewann das Spiel aber nicht nur wegen besseren "Spacings", wegen einer besseren Raumaufteilung, sondern auch vor allem wegen der Verteidigung. Als Pierce in der Halbzeit zu ihm kam und ihn bat, Kobe Bryant verteidigen zu dürfen, ließ Rivers seinen Star gewähren.

Pierce verhinderte mit seiner Physis, dass Bryant aufposten konnte und zeigte die vielleicht beste Defense-Leistung seiner Karriere. Zwischendurch verwirrte Rivers die Lakers zusätzlich mit einer 3-2-Zonenverteidigung.

Jacksons Fehler  

Jackson hatte keine Antwort parat. Im Gegenteil. Einige seiner Entscheidungen waren äußerst zweifelhaft. Warum der erfahrene Derek Fisher bis zwei Minuten vor Schluss auf der Bank saß und Jackson dafür dem formschwachen Jordan Farmar vertraute, bleibt wohl sein Geheimnis.

Warum der allgemein unterschätzte Luke Walton in Spiel 4 ganze vier Minuten bekam und in den Finals bisher überhaupt kein Faktor ist, bleibt ebenfalls unverständlich. Ein Wechsel in der Startformation (Walton für Vladimir Radmanovic) wäre sinnvoll.

Die besten Bilder der Finals 

Verwunderlich war bei der Lakers-Niederlage in Spiel 4 außerdem, dass Jackson nicht alle seine Timeouts nützte. Kein Coach nimmt in der NBA so geschickt Auszeiten wie Jackson. Doch in Spiel 4 ließ er eine Chance, noch mal mit seinem Team zu reden, einfach so verstreichen.

"Wenn man nach dem Spiel zu Hause ist, macht man sich natürlich schon Gedanken, was man als Coach hätte anders machen können. Das geht einem nachts um 1 Uhr oder 5 Uhr dann alles durch den Kopf", gab Jackson zu, dass er zuletzt schlecht geschlafen hat.

Rivers' Assistenten im Fokus 

Rivers dagegen steht vor seinem ganz großen Triumph. Sein ehemaliger College-Coach in Marquette, Rick Majerus, gab ihm den Spitznamen "Doc", weil er einmal ein Julius "Dr. J" Erving T-Shirt trug.

Sollte Rivers mit Boston den Titel holen, wird er aller Voraussicht nach mit einem T-Shirt erscheinen, auf dem die Namen "Tom Thibodeau" und "Armond Hill" stehen.
Seine beiden Assistenztrainer haben erheblichen Anteil am Erfolg. Vor allem das "Defensiv-Master-Hirn" Thibodeau ist praktisch bei jeder offenen Stelle überall als neuer Cheftrainer im Gespräch.

"Ich habe Armond die Offense übertragen. Tom kontrolliert die Defense. Das hat mir die Freiheit gegeben, das Team als Ganzes zu sehen und wirklich das Team zu coachen. Ich habe mit vielen Football-Coaches gesprochen, weil die es schon immer so gemacht haben. Ich habe mich immer gefragt, warum wir das nicht machen", erklärt Rivers.

Schon fast gefeuert 

Es gab Zeiten, da war der Traum von einer Championship weit weg. Vor dieser Saison hatte Rivers mit den Celtics in zwei Jahren 57 Spiele gewonnen.

Es kam häufig vor, dass er bei einem Heimspiel in die Zuschauerränge blickte und "Fire Doc"-Plakate sehen musste.

Dann kamen Kevin Garnett und Ray Allen nach Boston und Rivers formte aus ihnen und Pierce die "Big Three", die individuelle Statistiken dem Team und dem großen Ziel Meisterschaft unterordneten.

Auch das ist ein Verdienst von Rivers. Er ist es, der in den Finals wie ein Hall-of-Fame-Coach wirkt. Nicht Jackson.  

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