NFL

Hollywood-Boy trifft Naturbursche

Von Phillip Eicken
Tony Romo, Dallas Cowboys, NFL
© Getty

München - Es ist eine unwiderstehliche Geschichte. Wie fürs Fernsehen gemacht. Ein kleiner Junge wächst in einer Kleinstadt (Burlington) von Wisconsin auf, Brett Favre ist naturgemäß sein Idol und nun steht er seinem Held auf dem Football-Feld gegenüber. 

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Nebenbei handelt es sich auch noch um ein Duell epischen Ausmaßes. Zwei Teams mit einer 10-1-Bilanz und echten Super-Bowl-Ambitionen stehen sich gegenüber. Die Dallas Cowboys treffen die Green Bay Packers. Tony Romo vs. Brett Favre.

Aber Stopp! So schön die Geschichte auch wäre, sie stimmt einfach nicht. Zwischen Romo und Favre hat sich ein Graben aufgetan. Größer als das Loch im Dach des Texas Stadiums.

Romo als Ausgestoßener  

Romo wuchs nämlich nicht als Packers-Fan auf, hatte keinen Brett Favre-Schrein bei sich im Zimmer, hatte keine Poster an der Wand und ging auch nicht mit einem Jersey mit der Nummer 4 in die Schule.

"Ich war so etwas wie der Ausgestoßene", gibt Romo heute zu. Logisch, wenn man als Idol Michael Jordan favorisierte, sich wegen Joe Montana die 16 als eigene Trikot-Nummer in der High School aussuchte und es vor allem wagte, in Super Bowl XXXII 1998 gegen Favre zu sein und John Elway und die Denver Broncos anzufeuern.

Lieber Golf als Favre 

Romos größter Sport-Moment aller Zeiten war auch nicht ein durch den Superdome sprintender Favre in Super Bowl XXXI oder seine legendäre 4-Touchdown und 399-Yard-Leistung einen Tag nach dem Tod seines Vaters. Für den fanatischen Golfer Romo war es das Masters 1998, als der damals 58-Jährige Jack Nicklaus völlig überraschend nochmal um den Sieg mitspielte:

"Ich konnte es kaum abwarten, von der Kirche nach Hause zu kommen. Als ich dann den Fernseher eingeschaltet und Jack im Bild gesehen habe, bin ich so hoch gesprungen, dass ich mir den Kopf an der Ecke angeschlagen habe."

"Ich verstehe, auf was ihr herauswollt, und es tut mir leid für euch Journalisten. Aber ich muss den Typ schlagen diese Woche."

Akzeptiert. Diese Geschichte hat uns Romo kaputt gemacht. Was auch er allerdings nicht abstreiten kann, ist eine verblüffende Ähnlichkeit der beiden.

Punkt 1: Die steile Karriere

Favre wurde erst in der zweiten Runde gedraftet und warf in seiner Rookie-Saison ganze vier Pässe für Atlanta. Die meisten Packers-Fans rieben sich verwundert die Augen, als Green Bay Favre via Trade verpflichtete. Der Rest ist Legende.

Romo wurde überhaupt nicht gedraftet und unterschrieb 2003 einen Vertrag bei den Cowboys. Bis zur letzten Saison warf er keinen einzigen Pass in einem Spiel der Regular Season. Doch dann schaffte er es innerhalb von zehn Spielen von der Bank in den Pro Bowl. Der 27-Jährige führt aktuell die NFC in Touchdowns an (29). Sein Jersey ist das meist verkaufte in der NFL. Romo wurde kürzlich mit einem Sechs-Jahres-Vertrag über 67,5 Millionen Dollar ausgestattet und wird über Jahre hinweg das Gesicht der Cowboys sein.

Punkt 2: Die aggressive/impulsive Spielweise

Sowohl Romo als auch Favre haben die Gabe, aus scheinbar schon verhunzten Spielzügen, doch noch einen großen Raumgewinn zu machen. Ihr schelmisches Grinsen maskiert, wie ultra-competitive sie sind. Was das Level an Leidenschaft angeht, sind beide unerreicht.

"Wenn ich ihn spielen sehe, erinnert er mich schon an mich. Er wird keine 500 Rushing Yards erlaufen, aber seine Kreativität und seine Fähigkeit, sich aus Situationen zu befreien, sind sehr gut. Außerdem ähneln wir uns glaube ich auch in der Mentalität", so der 38-jährige Favre.

Heimrecht steht auf dem Spiel 

Nicht zu vergessen im ganzen Hype um die Star-Quarterbacks: Beim Duell Cowboys vs. Packers steht wahrscheinlich das Heimrecht in den NFC-Playoffs auf dem Spiel. Das Championship-Spiel im Eisschrank Lambeau Field spielen zu müssen, dürfte so ziemlich das letzte sein, was die Cowboys wollen.

Der Ausgang scheint völlig offen. Die allgemeine Annahme sagt zwar, dass Dallas das leicht bessere Team ist. Die Tatsache, dass Favre noch nie in Dallas gewonnen hat, spricht auch nicht gerade für einen Triumph der Packers. Aber Green Bay, vor allem seit sie dank Ryan Grant ein Laufspiel haben, muss diese Saison alles zugetraut werden. Das schließt einen Sieg im Texas Stadium sehr wohl mit ein.

Romo steht auf Hollywood 

Feiern würden Romo und Favre den Erfolg sicher anders. Während der eher zurückgezogen lebende Favre die meiste Zeit auf seiner Ranch in Mississippi verbringt und Traktor fährt, hat Romo einiges an Hollywood in sich. Es vergeht kaum ein Monat, in dem es nicht Gerüchte um eine romantische Liaison mit einer Schauspielerin oder Sängerin (Carrie Underwood, Jessica Simpson) gibt.

Danach gefragt, ob er jemals eingeladen wurde, bei einem Schönheitswettbewerb in der Jury zu sitzen wie es bei Romo schon der Fall war, meinte Favre: "Meine Frau würde das für mich ablehnen." 

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