Zwischen Umbruch & Abenteuerreisen

Von SPOX
Allerlei Kurioses erlebten die Redakteure Simbeck, Reimann, Tittmar, Regelmann und Gruber (v.l.)
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Shakira? Ich brauch Internet!

Von Andreas Lehner (WM-Reporter)

Fast hätte ich sie gesehen. Um ein Haar hätte ich einen Blick erhaschen können. Am Ende war ich aber dann doch zu weit hinten und zu klein, um gegen die Wand aus hochgereckten Armen etwas ausrichten zu können. Jeder wollte ja ein Foto von der Leibhaftigen haben. Ich habe keins, ich hätte höchstens Hände fotografieren können, die wiederum Smartphones hielten, um in den zwei Sekunden vom Hotelausgang bis zur warteten Limousine ein Bild zu knipsen.

Aber eigentlich war sie mir auch wurscht. Deswegen war ich nicht hier. Ich war hier, weil das WM-Finale anstand. Rio de Janeiro, Maracana, 16 Uhr, Deutschland gegen Argentinien. Ein Klassiker im legendärsten Stadion der Welt. Darum ging es.

Aber am Morgen war noch ein bisschen Zeit, sich in der Stadt umzuschauen. Ipanema, Copacabana, einfach mal die Hotspots abklappern. Alles war himmelblau, überall war "Brazil decime que se siente" zu hören, der Ohrwurm der WM. Die Argentinier hatten Rio de Janeiro überschwemmt. Als etwa 500 von ihnen aber vor einem Hotel warteten, musste ich mal nachfragen: "Auf wen wartet ihr? Die Mannschaft? Diego Maradona?" Die Antwort: "Shakira!" Ah ja.

Ohropax? Dringend nötig!

Die Holde von Gerard Pique mag vielleicht die bekannteste Frau im Weltfußball sein, aber mich juckt sie fünf Stunden vor dem Finale nicht sonderlich. Also ab zum Stadion. Schnell noch irgendwo was Gegrilltes einwerfen, um dem fürchterlichen Fraß der FIFA im Mediencenter zu entgehen, die letzten Vorbereitungen treffen und dann raus auf den Platz.

Abschlussfeier! Ohropax? Dringend nötig, aber nicht da. Internet? Noch dringender nötig, aber nicht da. Elf Minuten vor Anpfiff läuft's dann endlich, kann also losgehen. Khedira fällt aus, Kroos auf Higuain, Höwedes an den Pfosten, Kramer fragt nach dem WM-Finale, Schweinsteiger gegen alle. Die Geschichten sind hinlänglich bekannt und erzählt.

Es war ein enges Spiel, ein zähes Ringen um den einen Moment. Nicht leicht, währenddessen die Analyse zu schreiben, um beim Abpfiff alles korrekt und fehlerfrei fertig zu haben. Oder gibt's sogar Elfmeterschießen? Nein, Götze macht das Ding!

Jubeln, hochspringen, ausflippen, Leute umarmen - nix da. Keine Zeit für solche Späße. In diesem Moment ist man total rational, so fokussiert und seriös, dass Matthias Sammer seine Freude dran hätte. Meine ersten Gedanken: 113. Minute, sieben Minuten plus X für mich, das passt. Also in die Tasten hauen, den Text zu Ende schreiben und zum Abpfiff der Redaktion schreiben: Fertig!!!!

Geschichten für ein ganzes Buch

Das Maracana ist eine bombastische Schüssel, einmalig in seinen Ausmaßen. Ich bin weit weg vom Ort, an dem Philipp Lahm den Pokal bekommt und auch weit weg von den Feierlichkeiten auf dem Rasen. Auch gedanklich bin ich erstmal weg. Der Stress verschwindet, die rund fünf Wochen Brasilien gehen mir nochmal durch den Kopf. Die Akklimatisierung der ersten Tage, die Hitze von Fortaleza, Lost in Recife, Beachvolleyball mit Arne Friedrich und Kollegen, die Fähre, Zuckerhut, Corcovado, Caipirinha, Shakira...

Es ist so viel passiert in dieser Zeit, ich könnte ein Buch damit füllen. Es war mein erstes Turnier als Reporter, es hätte kaum einen besseren Ort geben können. Eigentlich sollte ich mich auch zur Ruhe setzen wie Lahm, Mertesacker und Klose, auf dem Höhepunkt aufhören... Aber ich glaube, Frankreich 2016 könnte auch ganz schön werden.

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Seite 6: Beklaut & begeistert - CL-Wahnsinn in Madrid

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