Wehe, er wird nicht Sportler des Jahres!

In your face, Bubba! Der Martin-Moment beim Ryder Cup war sein Chip-in am Sonntag
© getty

Martin Kaymer ist der 2014 Players' Champion. Martin Kaymer ist der 2014 US Open Champion. Martin Kaymer hat mit Team Europe den Ryder Cup gewonnen. Es ist völlig klar: Martin Kaymer ist Deutschlands Sportler des Jahres. Der Rückblick im SPOX-Par-2014.

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Januar: Kaymer startet in Abu Dhabi in die Saison, mehr als ein geteilter 31. Platz springt auf einem seiner Lieblingsplätze aber nicht heraus. In Runde 4 trifft er gerade mal 2 Fairways! Selbst ich treff 2 Fairways, Mann! Eine Woche später wird es in Katar auch nicht besser, geteilter 57. Rang. Hey, immerhin am Finaltag noch John Daly um einen Schlag distanziert... Kaymers Saisonstart ist nicht zufriedenstellend, seine Kritiker bringen sich schon mal in Stellung.

Februar: Kaymer fliegt zurück in die USA, dort läuft es aber auch nicht besser. In Phoenix steht ein 53. Platz zu Buche, ein paar Wochen später fliegt er bei der Match Play Championship gleich in Runde eins gegen Hideki Matsuyama raus. Absolut nichts deutet zu diesem Zeitpunkt auf ein glorreiches Jahr hin. Im Gegenteil. Ständig wird man darauf angesprochen, was denn mit Kaymer los sei und ständig muss man sagen, dass er schon wieder kommt. Nervt.

März: Der Frust bei Kaymer wird ergebnistechnisch immer größer. Bei der Honda Classic verpasst er den Cut. Und bei der Cadillac Championship verpasst er ihn nur deshalb nicht, weil es keinen Cut gibt. 57. Rang bei 68 Teilnehmern, 15 über inkl. einer 80er-Runde - da geht gar nix. Er fällt im März sogar zum ersten Mal wieder aus den Top 50 der Welt - bitter. Sein Spiel fühlt sich zwar zu diesem Zeitpunkt schon besser an als die Ergebnisse es aussagen, aber wen interessiert schon, wie eine Runde genau zustande kommt, welche Nackenschläge der Grund für die Scores sind. Nein, die Situation in den Medien ist klar: Kaymer trifft nichts mehr, Ende.

April: Es ist wieder Masters-Time! Auch das noch... Die Beziehung zwischen Augusta und Kaymer ist bekanntermaßen kompliziert. Als er in der Vorwoche in Houston auch noch am Cut scheitert, passt das ins Bild der Saison 2014. So gesehen ist der 31. Platz, den Kaymer dann beim Masters einfährt, gar nicht mal so schlecht. Aber gar nicht mal so schlecht ist halt für den... Wir zitieren an dieser Stelle das Par-10 zum Masters: T31. Irgendwie ganz okay, aber was will eine ehemalige Nummer eins der Welt, ein Major-Champion, mit einer Woche, die irgendwie ganz okay ist? Kaymer ist und bleibt ein schwieriger Fall.

In Augusta scheint er sich jetzt so eingegrooved zu haben, dass er grundsätzlich Runden zwischen 72 und 75 spielt. Nicht schlechter, aber auch nie besser. Spielerisch war es phasenweise vielleicht Kaymers bester Augusta-Auftritt, es bleibt zu hoffen, dass er das für die nächsten Wochen mitnehmen kann. Denn eins ist klar: Das Sammeln von okayen Ergebnissen nervt halt auf Dauer. Kaymer braucht sehr dringend sehr bald Top-Ergebnisse. Eigentlich braucht er sogar sehr dringend einen Sieg. Liest sich im Nachhinein ja irgendwie lustig. Kaymers Form steigt in diesen Wochen ganz langsam an. Eine Woche nach dem Masters folgt beim RBC Heritage wenigstens mal eine Top-25-Platzierung.

Mai: Top 25 beim RBC Heritage, Top 20 bei der Wells Fargo Championship, Kaymer darf sich über ein paar ordentliche Ergebnisse freuen, dennoch hat ihn für die Players' Championship in Sawgrass natürlich niemand auf dem Zettel. Und dann? Dann schießt Kaymer zum Auftakt aus dem Nichts eine brutale 63er-Runde, setzt sich an die Spitze des Leaderboards und dominiert dreieinhalb Tage lang das Geschehen, sodass man seinen Augen kaum traut. Erst als eine - beep - Gewitter-Unterbrechung ihn aus dem Rhythmus bringt, wird es plötzlich dramatisch. Es folgt einer der unfassbarsten Putts der Golf-Geschichte. Kaymer locht an der berühmten 17 aus zehn Metern zum Par.

Die SPOX-Golf-Fraktion Gaber/Regelmann würde ALLES geben, um einmal einen solchen Putt zu lochen. Okay, wir würden alles geben, um überhaupt mal einen Putt zu lochen, aber das ist ein anderes Thema. Kaymer bringt den Sieg dank seines Monster-Putts nach Hause. Einen emotionalen Sieg, ist der Players-Championship-Sonntag doch auch Muttertag. Als Kaymer nach seinem Sieg-Putt mit einem Blick gen Himmel einen Gruß an seine tote Mama schickt, könnte es einen vor dem TV fast zerreißen. Was ein Moment. Kaymer hat es allen gezeigt. Seine Arbeit und die Rückkehr zum "Instinkt-Golf" haben sich ausgezahlt. Er hat endlich wieder ein ganz großes Turnier gewonnen.

Juni: Kaymer spielt den restlichen Mai nach seinem Players-Triumph noch okay bis gut (T29 Byron Nelson Championship/T12 BMW PGA Championship), bei der US Open in Pinehurst gehört er plötzlich wieder zu den Mitfavoriten. Für das, was Kaymer dann in dieser Woche leistet, fehlen einem fast ein halbes Jahr später immer noch die Worte. Oder wie schrieb das Par-10 damals: Martin Kaymer gewinnt mit 100 Schlägen Vorsprung die US Open in Pinehurst und steht damit als geilster Sportler aller Zeiten fest. Martin, Du bist unfassbar! Kann man auch jetzt noch genau so stehen lassen, so war's.

SPOX-Par-10 zur US Open

Juli: Was Kaymers Jahr 2014 auch so krass macht. Er hat so unfassbare Erfolge gefeiert, aber abgesehen davon auch so unfassbar mittelmäßig gespielt. Mr. Konstanz war er in diesem Jahr nun wahrlich nicht. Nach seinem US-Open-Sieg verpasst er Ende Juni den Cut beim Heimturnier in Köln, es folgt ein guter Auftritt in Frankreich (T12), dann wieder ein ziemlich bescheidener bei der Open Championship (T70).

August: Bridgestone Invitational: schlecht (T56). PGA Championship und Barclays: noch schlechter (MC). Kaymer hängt nach seinen großen Siegen den Sommer über durch, aber das spielt nach den Monaten zuvor eh keine Rolle mehr. Viel wichtiger: Kaymer macht das, was jeder normale Mensch zu diesem Zeitpunkt des Jahres machen sollte. Er schaut sich Highlights vom Miracle of Medinah an und bringt sich in Ryder-Cup-Stimmung. Europe, Europe, Europe!

September: Kaymer weiß, dass er jetzt in Richtung Ryder Cup langsam wieder in die Puschen kommen muss. Das gelingt ihm bei den FedEx-Cup-Playoffs auch mit soliden bis guten Auftritten (T7 Deutsche Bank Championship, T16 BMW Championship). Viel wichtiger: Kaymer schaut sich wieder und immer wieder die Highlights von Medinah an. Der Ryder Cup 2014 selbst ist dann irgendwie typisch für sein Jahr. Phasenweise spielt Kaymer grandios, dann spielt er phasenweise miserabel und verschiebt auf den Grüns gefühlt alles, nur um am Ende in seinem überragenden Einzel gegen Bubba Watson mit seinem Sensations-Chip-in für einen der absoluten Gänsehaut-Momente in Gleneagles zu sorgen. Immer wieder faszinierend, welche Emotionen bei Kaymer beim Ryder Cup zum Vorschein kommen. #Europe #Bringthenoise #Kaymer, Kaymer, Kaymer, Kaymer, Kaymer chameleon.

Oktober: Cut verpasst bei der Alfred Dunhill Links Championship und den PGA Grand Slam of Golf auf den Bermudas gewonnen. So richtig interessieren tut das alles wenige, okay, niemanden.

November: Beim HSBC Champions (T6) spielt Kaymer nochmal um einen Sieg mit, bis er an der 18 den Ball ins Wasser setzt. Die restliche Final Series auf der European Tour verläuft für Kaymer recht ereignislos (T60 Turkish Airlines, T39 Dubai).

Dezember: Im letzten Monat des Jahres geht es für einen Weltklasse-Golfer eigentlich nur noch darum, völlig bedeutungslose Turniere zu spielen und schön Kohle einzusacken. Würde jeder von uns so machen, macht Kaymer natürlich jetzt auch noch in den nächsten Wochen (Südafrika, Thailand). Am 21. Dezember ist Kaymer dann in Baden-Baden, wenn im Kurhaus mal wieder Deutschlands Sportler des Jahres gekürt werden, moderiert vom legendären Duo Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne! Memo an alle: Jeder Sportjournalist, der nicht Martin Kaymer gewählt hat, kommt in die Hölle.

Die Weltrangliste im Überblick