Die Suche nach dem neuen Götze

Von David Theis
Christian Pulisic und Dzenis Burnic gehören zu den größten Talenten beim BVB
© getty

Es ist noch nicht lange her, da galt Borussia Dortmund als die Talentschmiede der Bundesliga. Eigene Nachwuchskicker wie Mario Götze, Marcel Schmelzer oder Nuri Sahin reiften zu Nationalspielern, eine noch breitere Auswahl von Talenten um Shinji Kagawa, Robert Lewandowski, Ilkay Gündogan oder Mats Hummels wurden entdeckt und auf europäisches Spitzenniveau gehievt. Page 2 wagt eine Prognose, welche‚ Jugendspieler in den kommenden Jahren zu den neuen Gesichtern des BVB werden könnten - und wann.

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Bei der Meisterschaft war der Dortmunder Kader mit im Schnitt 23,8 Jahren der drittjüngste der Liga, heute stellt man mit 25,7 Jahren eine der ältesten Mannschaften. Das verwundert nicht, ist der BVB mit Blick auf das mittlerweile zur Mindestanforderung gewordene internationale Geschäft doch auf fertige Spieler angewiesen und das dem Verein weitestgehend treu gebliebene Personal in den vergangenen Jahren auch schlicht nicht jünger geworden.

Sind die Zeiten, in denen Teile der Dortmunder Stammformation als "Kinderriegel" bezeichnet wurden, also unwiderruflich vorbei? Jein. Denn der BVB bildet natürlich noch immer vielversprechende Talente aus:

Felix Passlack - 17 Jahre, Außenbahn

Die Beurteilung extrem junger Spieler mit (im Vergleich zu ihren Jahrgangskollegen) so auffallenden Vorteilen in puncto Beweglichkeit und Physis fällt häufig schwer, weil sich diese mit dem Heranrücken an den Profibereich teilweise aufheben und langfristig nicht ausreichen, um auf höchstem Niveau zu bestehen.

Insofern passt der oftmals (auch von ihm selbst) bemühte Vergleich mit Mario Götze, der im gleichen Alter technisch reifer wirkte, physisch aber noch Aufholbedarf hatte, nur oberflächlich.

Passlack spielt im Verein (U19) wie der Nationalmannschaft (bislang U17) auf beiden Außenbahnen im Mittelfeld sowohl als auch der Abwehr ohne dabei sichtbar an Qualität einzubüßen, auch wenn sein Zweikampf-Timing noch ausbaufähig ist.

Die schon beachtliche Spielübersicht und Raumauffassung im Ballbesitz dagegen wirken angesichts der komplexer werdenden Anforderungen an Außenverteidiger geradezu wie ein Versprechen für die Zukunft, doch bislang sieben Tore in sieben Ligaspielen für die BVB-Jugend lassen eine Karriere in offensiver ausgerichteten Mannschaftsteilen sinnvoller erscheinen.

Besonders lobend erwähnten Passlacks Trainer in der Vergangenheit dessen reifen Charakter und machten ihn zum Kapitän der U17 sowohl Deutschlands, als auch Borussia Dortmunds. Das Auftreten des Führungsspielers passt denn auch zu den Vorschusslorbeeren: Passlack führt die Standards aus, verwandelt Elfmeter und macht wichtige Tore. Gern auch mal per Fallrückzieher.

Fazit: Kein "Naturtalent" wie Götze oder der zuletzt hochgelobte Norweger Ødegaard, doch zweifellos der Spieler, in den ganz Dortmund seine Hoffnungen setzt. Unter Klopp absolvierte er bereits ein Trainingslager mit der ersten Mannschaft. Ob er (vor allem im Passspiel) die nötige Präzision für einen BVB tuchel'scher Prägung mitbringt, muss sich allerdings noch zeigen.

Dzenis Burnic - 17 Jahre, zentrales Mittelfeld

Vielleicht der Jugendspieler, der am ehesten eine Rolle in der ersten Mannschaft des BVB finden könnte, auch wenn er seinen Altersgenossen nicht so auffällig überlegen ist, wie Felix Passlack. Mit seinem präzisen Passspiel sowie einer sehr guten Ballführung und Körperbalance scheint er langfristig wie gemacht für die engen Räume einer der beiden Mittelfeldpositionen, die derzeit Kagawa und Gündogan ausfüllen.

Dass es ihm dabei nicht an einem kräftigen Antritt mangelt, brachte Burnic in der Vergangenheit so machen Vergleich mit Ilkay Gündogan ein. Nicht zu unrecht.

Burnics aktuelles Fähigkeitenprofil entspricht eher dem eines "klassischen" Talentes: Seine unverkennbare Begabung bei der Ballbehandlung und beim Einsetzen seiner Mitspieler wird noch von Momenten der Unkonzentriertheit und Verspieltheit "überschattet". Dennoch scheint er derzeit der mit Abstand beste deutsche Kreativspieler seines Jahrgangs zu sein.

Fazit: Für ein ballbesitzorientiertes, stark von der Präzision im Passspiel abhängendes Spiel könnte Burnic genau der Richtige sein - zumal der BVB hier mit derzeit drei Spielern (die oben Genannten plus Castro) für zwei Positionen durchaus noch einen jugendlichen Aufbauspieler gebrauchen könnte.

Christian Pulisic - 17 Jahre, offensives Mittelfeld

Auch der US-Amerikaner, von dem schon Jürgen Klopp sagte, er könne "richtig kicken", ist ein Mann fürs Mittelfeld. "Richtig kicken" heißt in diesem Fall: Ein blitzschneller Antritt, für Verteidiger schwer ausrechenbare Bewegungen und eine feine Ballbehandlung.

In Dortmunds U19 füllt Pulisic für gewöhnlich einen Platz in der offensiven Dreierreihe hinter der Spitze aus und ist ein Mann für die "10" aber auch eine der Außenpositionen. Seine Verpflichtung wurde von einigen Medien gleich als "Coup" bezeichnet, waren doch angeblich auch zahlreiche andere Clubs am damals 16-jährigen interessiert.

Die Spielanlagen betreffend passt der in Dortmund zum Reflex gewordene Götzevergleich auf Pulisic am besten. Seine geschickten Läufe, Körpertäuschungen und kreativen Ballablagen lassen erahnen, dass da ein guter Spieler fürs letzte Drittel heranwächst, auch wenn er noch an seinem Schuss sowie der vielzitierten Ruhe vor dem Tor arbeiten könnte. Physisch hat Pulisic den größten Nachholbedarf der drei genannten Spieler.

Fazit: Pulisics Problem könnte werden, dass seine beste Position derzeit beim BVB nicht in einer auf ihn zugeschnittenen Form existiert. Burnic und Passlack sind ihm in den Punkten Athletik und vor allem Vielseitigkeit noch deutlich überlegen. Er benötigt daher vermutlich auch noch etwas mehr Zeit als seine Kollegen.

Borussia Dortmund im Steckbrief