Dreimal Favorit und einmal Schweden

Von Manuel Behlert
William Carvalho, Domenico Berardi und Saido Berahino nehmen an der EM teil
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Potenzial mit Fragezeichen: Italien

Nachdem man die Qualifikationsgruppe 9 vor Serbien und Belgien gewinnen konnte, trafen die Italiener in den Playoffs auf die Slowakei. Der unangenehme Gegner aus Osteuropa erkämpfte sich im Hinspiel ein 1:1. Nachdem Belotti die italienische Auswahl in Führung brachte, glich Zrelak aus und machte die hervorragende Ausgangsposition ein wenig zunichte. Im Rückspiel setzte sich die Qualität der Italiener jedoch durch. Durch Treffer von Bernadeschi, Belotti und Longo gewann das Team von Trainer Luigi di Biagio mit 3:1 und qualifizierte sich für dieses Turnier.

Di Biagio war in seiner aktiven Zeit in vielen italienischen Klubs unterwegs, seine beste Zeit hatte er jedoch beim AS Rom und bei Inter Mailand. Seit 2013 trainiert er die U-21-Nationalmannschaft mit durchaus zufriedenstellenden Leistungen. Im März traf er mit seinem Team auf Deutschland, das Spiel endete in Paderborn 2:2. Italien hat eine gute Mannschaft, auf die man durchaus aufpassen muss.

Der Kader im Überblick:

Im Tor sind die Italiener hervorragend besetzt. Leali ist hochtalentiert, Francesco Bardi aber Stammspieler in der italienischen Auswahl. Auch in der Abwehr gibt es interessante Namen, beispielsweise Biraghi oder Romagnoli, auch Daniele Rugani, der zu Juventus wechseln wird, ist hochveranlagt.

Das Mittelfeld ist typisch für eine italienische Auswahl. Taktisch gut geschult, ballsicher, technisch sehr ordentlich und gleichzeitig verfügt es über eine gute Balance. Mit Cataldi, Sturaro und Benassi sind drei sehr starke und talentierte Spieler im Kader. In der Offensive überzeugten in der vergangenen Saison vor allem Belotti und Berardi, Letzterer machte bereits 2013 mit einem Viererpack gegen den AC Mailand auf sich aufmerksam.

Torhüter: Francesco Bardi (Chievo), Nicola Leali (Cesena), Marco Sportiello (Atalanta)

Verteidiger: Matteo Bianchetti (Spezia), Federico Barba (Empoli), Cristiano Biraghi (Chievo), Armando Izzo (CFC Genua), Alessio Romagnoli (Sampdoria), Daniele Rugani (Empoli), Stefano Sabelli (FC Bari), Davide Zappacosta (Atalanta)

Mittelfeldspieler: Federico Viviani (Latina Calcio), Stefano Sturaro (Juventus), Lorenzo Crisetig (Cagliari), Danilo Cataldi (Lazio), Marco Benassi (Torino), Cristian Battocchio (Entella), Daniele Baselli (Atalanta)

Angreifer: Andrea Belotti (Palermo), Federico Bernadeschi (Florenz), Marcello Trotta (Avellino), Simone Verdi (Empoli), Domenico Berardi (Sassuolo)

Mögliche Aufstellung: Bardi - Zappacosta, Rugani, Romagnoli, Biraghi - Berardi, Sturaro, Crisetig, Benassi - Verdi, Belotti

Spieler im Fokus. Domenico Berardi

Berardi wurde bei Sassuolo ausgebildet und spielt seit 2012 für die Profiabteilung des Klubs. Der 1,85 Meter große Angreifer kommt zumeist auf der rechten Außenbahn zum Einsatz, kann aber auch links oder als hängende Spitze spielen. In seiner ersten Saison in der Serie B steuerte Berardi 11 Tore und 6 Vorlagen zum Aufstieg bei und deutete dabei schon seine große Klasse an. In seiner ersten Saison in der Serie A erzielte er prompt 16 Tore und legte weitere 9 vor - und das in 29 Spielen. Neben dem Viererpack gegen Mailand gab es weitere Highlights, so erzielte er gegen Sampdoria und Florenz jeweils einen Hattrick. Auch in der abgelaufenen Saison zeigte er mit 15 Vorlagen und 11 Toren in 32 Ligaspielen wieder seine Klasse.

Juventus Turin hält 50 Prozent der Transferrechte an Berardi und könnte ihn schon bald unter Vertrag nehmen. Er ist ein technisch guter Spieler mit enormem Zug zum Tor, seine Schussqualität ist sehr gut, außerdem läuft er viel und setzt die gegnerischen Verteidiger äußerst aggressiv unter Druck - in der ablaufenden Saison kassierte er eine Rote und 13 Gelbe Karten.

Berardi kommt häufig in Abschlusssituationen, obwohl er über den Flügel kommt. Darüber hinaus sieht er in zahlreichen Situationen den besser postierten Nebenmann, hat die Fähigkeit den Ball punktgenau auf seine Stürmerkollegen zu spielen, sowohl im Verein als auch in der U21. In dem Nachwuchsspieler schlummert unermessliches Potenzial, seine ruhenden Bälle sind eine absolute Waffe und wenn er wirklich den Weg zu Juventus gehen sollte, kann er seine Klasse vermutlich noch mehr unter Beweis stellen.

Stärken und Schwächen:

Die italienische U21 ist vor allem eines: unberechenbar. Es gibt einige sehr talentierte Spieler, viel Potenzial im Angriff und eine gute und solide Defensivstruktur. Trotzdem funktioniert in der Mannschaft bei weitem noch nicht alles. Gegen Deutschland spielte man beim 2:2 durchaus sehr ordentlich, vor allem im Angriff agierte das Team sehr effizient und sorgte mit fast jedem Angriff für Gefahr. In der Defensive gab es aber immer wieder Abstimmungsprobleme, die sich auch bei der 0:1-Niederlage Ende März gegen Serbien zeigten. Man spielt relativ selten zu null, was für eine italienische Auswahl durchaus etwas ungewöhnlich ist.

Viele Spieler der italienischen Auswahl gehören großen Teams, die wenigsten spielen aber bereits dort. Durch die Leihen haben diese Spieler zwar meist noch keine internationale Erfahrung, sind dafür aber bereits tragende Säulen bei Mannschaften aus der Serie A. Der Spielrhythmus und die permanente Entwicklung ist dadurch gegeben, zudem besteht die Perspektive relativ schnell zu einem Topklub wechseln zu können, da oftmals Juventus oder Milan bereits 50 Prozent der Transferrechte halten.

Auffällig ist bei der italienischen Mannschaft, dass sie im Mittelfeld sehr kontrolliert spielen kann. Benassi oder Sturaro sind sehr laufstark, verfügen aber auch über eine gewisse Übersicht und technische Fähigkeiten, die durchaus wichtig sind, um für ausreichend Struktur zu sorgen. Verdi, Belotti oder Trotta sind im Angriff flexibel, können sowohl innerhalb als auch außerhalb des Strafraums für Gefahr sorgen und sind in der Lage sich immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen zu lassen. Auch Berardi klebt nicht auf der Außenbahn, sondern ist immer wieder im Zentrum zu finden. Insgesamt ist die Offensive stärker einzuschätzen als die Defensive, weil die Abstimmung nicht immer zu funktionieren scheint und individuelle Fehler noch nicht abgestellt werden konnten.

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