Olympiapaar Wende ohne Trainer

SID
Maylin und Daniel Wende kamen bei Olympia 2010 in Vancouver auf den 17. Platz
© getty

Das deutsche Olympiapaar Maylin und Daniel Wende muss in Sotschi ohne seinen Trainer Karel Fajfr auskommen. Der langjährige Coach der beiden Oberstdorfer wurde wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt - vor 19 Jahren.

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Es ist nicht ganz leicht, die pflegeleichten und stets freundlichen Paarläufer Maylin und Daniel Wende ernsthaft zu verärgern. Doch dass die beiden Oberstdorfer den letzten ganz großen Wettkampf ihres Lebens ohne ihren Trainer Karel Fajfr an der Bande bestreiten müssen, dafür hat das frischverheiratete Ehepaar kein Verständnis.

Der 70 Jahre alte Coach, schon für die Winterspiele von Sotschi eingekleidet, wurde kurze Zeit später doch aus dem Olympia-Team entfernt. Der Grund: Wegen sexueller Belästigung Minderjähriger wurde er zu einer Bewährungstrafe und einem dreijährigen Berufsverbot verurteilt.

Trainersuche zu kurzfristig

Die ehemaligen deutschen Meister hatten auf eine zweite Chance für ihren langjährigen Betreuer gehofft und wurden bitter enttäuscht. "Für Herrn Fajfr ist das erniedrigend. So kurzfristig einen neuen Paarlauf-Trainer zu finden, ist unmöglich. Ich kann das nicht nachvollziehen", sagte Daniel Wende dem "SID".

Nun heißt es improvisieren vor dem ersten Auftritt der beiden Wahl-Allgäuer im neuen olympischen Mannschafts-Wettbewerb am Donnerstag im Eisberg von Sotschi. Die gelernte Einzel-Trainerin Viola Striegler beobachtet während der Trainingseinheiten die Technik des Paares, Eistanz-Bundestrainer Martin Skotnicky nimmt die Choreographie unter die Lupe.

"Die Beiden geben sich wirklich Mühe und wir sind dankbar für ihre Hilfe. Aber natürlich fehlt uns unser Trainer", sagte Maylin Wende. So bleiben nur Videotelefonate und Fernanalysen. Und der Rückhalt der gesamten deutschen Olympiamannschaft. Maylin: "Alle stehen voll hinter uns."

DOSB begründet Entscheidung

Eine derartige Geschlossenheit seiner Sotschi-Athleten reklamiert auch der DOSB bei der Begründung dieses Beschlusses für sich. "Wir sind nur unserer Linie gefolgt und haben nach ethisch-moralischen Gesichtspunkten entschieden", sagte DOSB-Sprecher Christian Klaue dem "SID".

Problemfälle wie zuletzt 2012 in London mit der Ruderin Nadja Drygalla oder einem Schwimmtrainer, der später in Kiel wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen vor Gericht stand, sollen diesmal den Zusammenhalt der Truppe nicht gefährden. Mehrere Medien hatten sich angeblich bereits auf den "Fall Fajfr" eingeschossen.

2010 in Vancouver war Fajfr dabei

Was Daniel Wende nicht glauben kann oder will: "In den letzten vier Jahren hat keiner mehr über die Sache von damals geschrieben. Der Presserummel ist erst durch die Nicht-Akkreditierung entstanden."

2010 in Vancouver hatte niemand in Deutschland mit der Betreuung der Wendes durch Fajfr ein Problem - wohl weil er mit einer Akkreditierung durch das belgische NOK an der Bande stand.

Diese Variante schied für Sotschi aus, die belgische Läuferin, die Fajfr seinerzeit zusätzlich betreute, hat mittlerweile ihre Karriere beendet.

Hoffnung auf Ausnahmeregelung

Wie die Sportler hatte auch die Deutsche Eislauf-Union (DEU) zumindest insgeheim auf eine Ausnahmeregelung gehofft, doch ein entsprechender Brief an den DOSB konnte die harte Linie des Dachverbandes nicht aufweichen. "Wir hatten natürlich immer im Hinterkopf, dass es Probleme geben könnte", sagte DEU-Vizepräsidentin Elke Treitz dem SID.

Wenigstens im Hinblick auf den Einzelstart am 11. und 12. Februar dürfen Wende/Wende auf hochprofessionelle Hilfe hoffen. Treitz will Erfolgscoach Ingo Steuer dazu bewegen, auch auf die deutschen Vize-Meister ein Auge zu werfen. Der Chemnitzer wird allerdings erst am 8. Februar zusammen mit seinem Top-Paar Aljona Savchenko/Robin Szolkowy am Schwarzen Meer erwartet.

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