"Der eine große Wettbewerb ist nicht alles"

Von Interview: Jonas Wäckerle
Amelie Kober gewann auch bei der WM 2007 in Arosa Silber im Riesenslalom
© Getty

2006 in Turin gewann Amelie Kober überraschend olympisches Silber. Seitdem hat sich die 22-Jährige im Weltcup etabliert und gehört in Vancouver zu den Favoritinnen im Riesenslalom. Im SPOX-Interview spricht Kober über ihr konkretes Olympia-Ziel, ihre Hoffnung auf mehr TV-Präsenz und die Anstrengungen eines Wettkampftages.

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SPOX: Frau Kober, im TV sieht man dauernd, wie Martin Schmitt hinterher springt oder wie die deutschen Langläuferinnen hinterherlaufen. Sie sind dagegen als große deutsche Olympia-Hoffnung nur selten zu sehen.

Amelie Kober: Ja, das stimmt leider. Die Berichterstattung ist natürlich schon sehr gering, aber ich habe die Hoffnung, dass es besser wird.

SPOX: Warum?

Kober: In den Jahren vor Olympia 2006 war es ja noch schlimmer, die Entwicklung seitdem lässt ein bisschen Hoffnung zu. Und auch der 2009 neu eingeführte Weltcup in Deutschland am Sudelfeld trägt zu mehr Medieninteresse bei. Bisher wurde zwar noch kein Weltcup live übertragen, aber wir werden immer häufiger zu Interviews in TV-Studios eingeladen.

SPOX: Woran vor allem Sie großen Anteil haben: Letzten Winter haben Sie den Disziplin-Weltcup gewonnen und wurden im Gesamt-Weltcup Dritte. Diesen Winter kommt Olympia dazu. Wonach richten Sie die Saisonplanung aus?

Kober: Halb, halb. Olympia ist natürlich das Highlight der Saison, aber dafür musste ich mich jetzt erstmal qualifizieren, was auch nicht so einfach war. Da bei Olympia der komplette Wettkampf an einem Tag stattfindet, ist natürlich die Tagesform entscheidend. Deshalb hängt auch viel von Glück und den Rahmenbedingungen ab.

SPOX: Glück hatten Sie bei der letzten WM in Südkorea nicht. Damals landeten Sie als Mitfavoritin nur auf Rang zehn...

Kober: Und durch diese Erfahrung habe ich gelernt, dass dieser eine große Wettbewerb nicht alles ist. Natürlich ist Olympia medial schon das größte, aber unter uns Sportlern hat der Gesamt-Weltcup eigentlich fast noch einen höheren Stellenwert, weil er die ganze Saison widerspiegelt.

SPOX: Sie starten im Weltcup sowohl im Parallel-Riesenslalom als auch im Parallel-Slalom. Bei Olympia wird es nur die Riesenslalom-Konkurrenz geben. Welche Disziplin liegt Ihnen mehr?

Kober: Was mir besser liegt, kann ich gar nicht sagen, da ich beides gerne fahre. Der Unterschied liegt ja auch nur im Torabstand und der spielt für mich keine große Rolle.

SPOX: Bei Olympia findet der Wettkampf mit insgesamt sechs Runden innerhalb von dreieinhalb Stunden statt. Klingt hart, wenn man bedenkt, dass manche Fußballer schon über zwei Spiele in einer Woche jammern.

Kober: Ja, ein Wettkampftag ist natürlich immer sehr anstrengend, nicht nur bei Olympia. Wir beginnen schon früh morgens mit der Besichtigung und sind dann am späten Nachmittag fertig. Das ist schon ein langer Zeitraum, an dem man durchgehend angespannt ist.

SPOX: Wie lenken Sie sich zwischen den Läufen ab?

Kober: Ich höre zum Beispiel ein bisschen Musik.

SPOX: Was denn für welche?

Kober: Mein Musikgeschmack ist recht vielfältig,  aber am liebsten höre ich Klassik und Rock. Elektro geht auch, aber richtigen Techno höre ich nicht. Wenn ich was zum Aufputschen brauche, ist es dann meistens Rock.

SPOX: Zurück zu Olympia. Sie gelten als Favoritin, was ist Ihr konkretes Ziel?

Kober: Das ist jetzt noch weit weg. Aber wenn es dann so weit ist, möchte ich schon Gold holen.

SPOX: Und wie sieht es sonst so im deutschen Team aus?

Kober: Bei uns in der Mannschaft hat sich vor allem bei den Frauen einiges getan. Wir sind jetzt vier Mädels, die sich für Olympia qualifizieren und auch vorne mitfahren können. Dadurch gibt es für mich natürlich auch Konkurrenz aus der eigenen Mannschaft, was uns aber gut tut, da wir uns im Training gegenseitig anspornen.

SPOX: Auch die besondere Atmosphäre bei Olympia spornt die Sportler immer wieder an. Ihr Wettkampf findet erst am Ende der Spiele statt. Werden Sie überhaupt viel vom olympischen Flair mitkriegen?

Kober: Das will ich auf jeden Fall versuchen. Geplant ist, dass wir schon zur Eröffnungsfeier anreisen und daran auch teilnehmen. Das ist ein tolles Erlebnis und man fühlt sich dann auch gleich als Teil des Ganzen. Danach werden wir zur Vorbereitung das Olympische Dorf verlassen und kurz vorm Wettkampf wieder einziehen.

SPOX: Ein tolles Erlebnis hatten Sie im Sommer auch abseits der Piste: Sie haben Ihre Abschlussprüfung zur Polizeimeisterin erfolgreich gemeistert. Was machen Sie eigentlich als Polizeimeisterin?

Kober: Ich bin bei der Bundespolizei angestellt. Das bedeutet, dass meine Einsatzgebiete größtenteils im Grenzbereich liegen. Durch die EU-Erweiterung haben wir da an den Straßen und beim Bahnverkehr natürlich nicht mehr so viel zu tun - es geht also mehr um die Flughäfen oder im Norden um die Wassergrenzen.

SPOX: Nach der Karriere sieht man Amelie Kober dann also die deutsche Grenzen sauber halten?

Kober: (lacht) Mal sehen. Für mich war es erstmal sehr wichtig, dass ich eine abgeschlossene Ausbildung habe und neben dem Sport auch meinen Kopf ein bisschen anstrengen musste. Was ich nach der sportlichen Karriere dann mache, werde ich später sehen.

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