Liebhardt holt Gold im Kugelstoßen

SID
Franziska Liebhardt holt Gold im Kugelstoßen
© getty

Leichtathletin Franziska Liebhardt hat sich ihren Traum von Gold zum Abschluss ihrer Karriere erfüllt und vor allem Steffi Nerius damit glücklich gemacht. Es gab trotzdem Feierverbot.

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Nach der Siegerehrung war es dann endlich soweit. Franziska Liebhardt nahm mit der Goldmedaille um den Hals ihre Trainerin Steffi Nerius ganz fest in den Arm. Bei beiden flossen die Tränen. Es war geschafft: Paralymicssiegerin im Kugelstoßen!

Vor Jahren war dies für die 34 Jahre alte Liebhardt noch undenkbar gewesen. Sie war dem Tod einige Mal sehr nahe, hat aber trotz einer unheilbaren Autoimmunerkrankung den Kampf gegen sich und alle Zweifler gewonnen und nun den verdienten Lohn dafür erhalten.

"Ich bin total durch den Wind. Ich kann es gar nicht so richtig glauben. Ich bin superglücklich", sagte Liebhardt und hätte nach dem Wettkampf ihres Lebens am liebsten die ganze Welt umarmt - vor allem aber die frühere Speerwurf-Weltmeisterin Nerius: "Sie hat einen Riesenanteil daran. Ohne sie hätte ich das nicht geschafft."

"Das hat sie sich so verdient"

Auch Nerius stand sichtlich gerührt auf der Tribüne des Olympiastadions. "Ich freue mich so, ich bin so glücklich. Ich gönne ihr das so von Herzen", sagte die Trainerin. Selbst Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes DSB, stürmte im Deutschen Haus in Barra an allen Gästen vorbei vor den Fernseher, um sich die Siegerehrung anzusehen. "Das hat sie sich so verdient", sagte Beucher mit feuchten Augen, als er die Bilder von einer glücklichen Liebhardt sah.

Die führte bis vor zehn Jahren ein normales Leben. Die Diagnose Kollagenose veränderte alles. Ihr Körper wandelt gesunde Zellen in nutzloses Bindegewebe um.

Vor sieben Jahren versagte dann die Lunge. Erst ein Spenderorgan rettete ihr das Leben. 2010 erlitt sie einen Schlaganfall, hat deshalb eine Halbseitenspastik. 2012 funktionierten plötzlich die Nieren nicht mehr. Nur eine Lebendspende ihres Vaters rettete sie.

Am Mittwoch tritt Liebhardt im Weitsprung an

Und nun dieser Erfolg. In nur zwei Jahren schaffte es Liebhardt mit Unterstützung von Nerius bis ganz nach oben: von damals 10,90 m auf die Weltrekordweite von 13,96 m, die diesmal auch die seit Jahren als unschlagbar geltende Chinesin Mi Na (13,73) nicht kontern konnte. "Ich habe immer gedacht, dass sie irgendwann einmal einen raushauen muss. Aber das ist nicht passiert", meinte Liebhardt und lachte wie immer ansteckend.

Der einzige Wermutstropfen nach dem größten Abend ihrer Karriere: Die große Siegesfeier fiel aus. Bereits am Mittwochabend (Ortszeit) stand für die Athletin von Bayer Leverkusen der Weitsprung auf dem Programm, wo die zweite Medaille möglich ist. "Es kam die Ansage, dass ich ins Bett muss", sagte Liebhardt. Doch diese Opfer brachte sie gerne, weil sie weiß, dass es der letzte Wettkampf ihrer Karriere sein wird.

Nach Rio ist Schluss, aber nicht etwa aus gesundheitlichen Gründen. Sie habe jetzt zwei Jahre alles in den Sport investiert, "jetzt will ich wieder ein normales Leben führen". Liebhardt wird ab Januar wieder nach Würzburg zurückgehen, dort arbeiten und sich vor allen "um Freunde und Familie kümmern, die ich so lange vernachlässigt habe". Aber dass sie zuletzt alles auf die Karte Sport gesetzt hat, bereut sie spätestens seit Dienstagabend keine Sekunde: "Ich habe alles richtig gemacht." In der Tat.

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