Murray: Vom Möchtegern zum Titelhelden

SID
Andy Murray ist seit diesem Sommer der Liebling der Briten
© Getty

Andy Murrays Olympia-Sieg ist auch ein Sieg für das Image des Schotten. Nach vier verlorenen Grand-Slam-Finals war er schon zum "geborenen Verlierer" abgestempelt worden.

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Den finalen Freudensprung im Tennisheiligtum konnte am Tag darauf noch einmal ganz Großbritannien bestaunen. Überall auf den Titelblättern war er in triumphaler Pracht zu sehen, jener Andy Murray, der sein Land mit dem 6:2, 6:1, 6:4-Endspielsieg gegen Roger Federer einen der größten olympischen Momente beschert hatte.

"Land der Hoffnung und des Ruhmes", titelte der "Daily Telegraph" in Anlehnung an einen alten patriotischen Song. "Game, Set and Gold", schrieb knapp der in Edinburgh erscheinende "Scotsman" zum Sieg des eigenen Mannes auf dem Centre Court von Wimbledon.

Murray als "geborener Verlierer"

Ein wundersames Happy End: Der 25-Jährige war nach vier verlorenen Grand Slam-Finals und reichlich Fehlschlägen gegen die Großen und Starken der Branche vom Boulevard schon zum "geborenen Verlierer" abgestempelt worden.

Nun ist er eine der goldenen Hauptfiguren im berauschten Team GB bei diesen Spielen in London. "Die Siege unserer Mannschaft waren emotionaler Rückenwind für mich", sagte Murray am Montag, "es war eine unbeschreiblich schöne Erfahrung."

Verlacht und verhöhnt hatten sie ihn in den letzten Jahren - als Möchtegern-Champion, der im Zweifelsfall so stark daher kam "wie Popeye ohne seinen Spinat", wie der "Daily Mirror" schrieb. Murray aber, ein ernsthafter, harter Arbeiter, ließ sich nicht von der herben Kritik irritieren und schlich sich langsam, aber sicher an die herausragenden Spieler dieser Zeit heran, an all die Nadals und Djokovics und eben Federers.

"Dieser Knabe lernt aus Fehlern"

"Andy hat den schwersten Job überhaupt im Tennis. Er steht Tag für Tag unter wahnsinnigem Erfolgsdruck", sagte der Schweizer, "aber er steckt es weg, weil er selbst weiß, was für ein guter Spieler er ist."

Dass er ihm, dem Schweizer Maestro, die klarste Niederlage im All England Club in dreizehn Jahren beibrachte, und das vier Wochen nach dem Scheitern an gleicher Stelle, werteten Experten endgültig als Anhaltspunkt für Murrays enorme Potenziale und glänzende Perspektiven: "Dieser Knabe lernt aus Fehlern, das ist etwas sehr Gutes", sagte Altmeister John McEnroe, "ich glaube, seine Karriere geht jetzt erst so richtig los."

Noch vor einem Monat: Tränen

Schon in drei Wochen bei den US Open, seinem Lieblingsturnier, könnte Murray profitieren: "Diese Goldmedaille wird eine Inspiration sein, ganz sicher", sagte Murray.

Bittere Tränen der Enttäuschung hatte er noch vergossen, als vor einem Monat sein Traum vom ersten Wimbledon-Titel geplatzt war. Im Moment der Niederlage gewann er jedoch erstmals die ganze Zuneigung und den Respekt der Briten, es wuchs eine "Liebe", so Murrays Mutter Judy, "die Andy wirklich gespürt und mitgenommen hat zu Olympia." Dort schlug er die Nummer zwei und die Nummer eins, Djokovic und Federer. "Ich war wie im Rausch", sagte Murray.

Olympia 2012: Der Medaillenspiegel

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