Dieter Baumann von der Schwäbischen Alb

Von Florian Regelmann
Dieter Baumann lief 1992 in Barcelona zu olympischem Gold
© Getty

Der Countdown zu den Olympischen Spielen in London läuft. Am 27. Juli startet die Jagd auf Goldmedaillen. Zahlreiche Sportler sind auf dieser Jagd zu Legenden geworden, weil ihr Weg zu Gold besonders spektakulär, dramatisch oder kurios war. SPOX blickt in den kommenden Wochen auf die aus sportlicher Sicht zehn größten Momente der Olympia-Geschichte zurück. Teil 6: Dieter Baumanns Gold-Lauf in Barcelona 1992.

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Dieter Adler: "Da haben sie ihn eingekesselt!"

Gerd Rubenbauer: "Jetzt muss er innen durch. Die Lücke wäre da!"

Gerd Rubenbauer: "Die Lücke ist da!!!"

Dieter Adler: "Dieter, lauf!!!"

Gerd Rubenbauer: "Dieter Baumann gewinnt! Dieter Baumann wird Olympiasieger!!!!!"

Dieter Adler: "Dieter Baumann wird Olympiasieger! Dieter Baumann von der Schwäbischen Alb!!!"

Legendärer Kommentar

Es soll bei Kommentatoren-Duos die durchaus sinnvolle Absprache geben, dass nur immer einer der beiden ins Mikrofon spricht. Diese Regel gilt aber nur für den Normalfall. Und sie gilt bestimmt nicht, wenn Dieter Baumann - von der Schwäbischen Alb - Olympiasieger wird.

Wer 1992 vor dem Fernseher saß, der wird sich für immer und ewig an Baumann und den legendären Kommentar des Duos Adler/Rubenbauer erinnern.

Der Weg bis zu diesem glorreichen Moment in der deutschen Sport-Geschichte war dazu absolut bemerkenswert.

13 Minuten, 12 Sekunden, 52 Hundertstel

"Wir, die Läufer des 5.000-Meter-Finales, warteten in den Katakomben des Olympiastadions in Barcelona darauf, dass es rausgeht, auf die Bahn. Plötzlich hörten wir die Zuschauer laut und wild schreien. Wir lugten aus einer Tür hinaus ins Stadionrund, und just in diesem Augenblick gewann der Spanier Fermin Cacho die 1500 Meter und wurde Olympiasieger. Ich drehte mich um, tauchte beide Hände in einen Eimer Wasser und schüttete mir das kühle Nass über den Kopf."

So blickte Dieter Baumann für "Runner's World" auf die Momente vor seinem Olympiasieg zurück. Es war um genau 20.40 Uhr, als Baumann im Estadi Olimpic Lluis Companys auf Bahn 5 stand. Exakt 13 Minuten, 12 Sekunden und 52 Hundertstel vom Triumph entfernt.

Ein Triumph, dessen Geburtsstunde aber nicht der 8. August 1992 war. Sondern der 8. September 1991. Warum? Ganz einfach: An diesem Tag fand in Köln ein besonderes Leichtathletik-Meeting statt.

Baumann schlägt Ondieki in Köln

Baumann trat über die 3000 Meter an und besiegte den kenianischen Superstar Yobes Ondieki, der sich erst zwei Wochen vorher nach einer beeindruckenden Soloflucht zum 5000-Meter-Weltmeister in Tokio gekrönt hatte.

Ondieki war ein sogenannter "Unter-13-Minuten-Läufer". Dass man ihn schlagen könnte, galt allgemein als völlig unmöglich. Als es Baumann an diesem Tag in Köln dennoch schaffte, wusste er, zu welcher Leistung er imstande war.

Der Weg zum Olympiasieg ein Jahr später war mit diesem Sieg geebnet. Wobei: Der Glaube an den Sieg mag zwar dagewesen sein, gerade nach einem sehr überzeugenden Sieg im Vorlauf, aber eigentlich sah es dann im Rennen alles andere als gut aus für Baumann.

Der Weg war nicht geebnet - er war versperrt. Stichwort: Einkesselung ersten Grades.

Bitok macht den entscheidenden Fehler

"Die Afrikaner direkt vor mir, ich habe sie gespürt, gesehen. Dann war da diese schwierige Situation, in der ich innen lief und alle anderen außen. Ich hatte großes Glück, das Heft des Handelns noch mal in die Hand zu bekommen: Die Lücke ging auf zwischen den Jungs - ansonsten hätte ich das Ding nicht mehr gewonnen", sagte Baumann später einmal in einem Interview mit "achim-achilles.de".

Dass es nicht zum Zweikampf zwischen dem Kenianer Paul Bitok und dem Äthiopier Fita Bayisa um die Goldmedaille kam, lag an einem bitteren Fehler Bitoks. Nur durch seinen Schritt in die Mitte ging für Baumann die entscheidende Lücke auf. Die Lücke ins Glück.

"Ich wusste, dass ich gewinne. Kurz vor dem Ziel spurtet jeder mit voller Kraft, man kann die Geschwindigkeit der anderen gut einschätzen. Ich habe sofort gespürt, ich bin der Schnellste", erklärte Baumann.

154.000 Klicks auf YouTube

Der als weißer Kenianer gelabelte Schwabe ließ Bitok stehen und ging dann auch auf der Innenbahn an Bayisa vorbei. Bayisa konnte es gar nicht fassen, dass ihm dieser Deutsche da noch um die Ohren lief.

Auch Baumann konnte es erst mal nicht fassen, was er da geleistet hatte. "Als ich die Ehrenrunde lief und die Kulisse sah, dachte ich mir schon: 'Hoppla, das ist ja schon ein größeres Sport-Festle, das du gerade gewonnen hast.' Ich brauchte einige Wochen, um das alles einordnen zu können, auch den großen Medien-Hype", beschrieb Baumann seine Gefühlswelt.

20 Jahre sind seit Barcelona vergangen. Inzwischen war Baumann als Kabarettist (Bühnenprogramm: "Körner, Currywurst, Kenia") unterwegs, aber auch 20 Jahre nach Barcelona kann man sich das Video seines Gold-Laufs immer wieder anschauen. Immer und immer wieder. Und man bekommt trotzdem noch Gänsehaut. Der Beweis: Über 154.000 Klicks auf YouTube...

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