Sie will Gold und Obama

Von Interview: Florian Regelmann
Michaels-Beerbaum, Reiten
© Getty

München - Sie ist die sicherste Gold-Hoffnung, die man sich nur vorstellen kann: Meredith Michaels-Beerbaum.

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Die 38-Jährige wird bei den Olympischen Spielen unter normalen Umständen nicht zu schlagen sein. Meredith und Shutterfly ergibt Sieg - eigentlich eine ganz einfache Rechnung.

Bevor es zu Olympia geht, spricht Michaels-Beerbaum bei SPOX über den hohen Erwartungsdruck, Ihre Beziehung zu Shutterfly und Ihren Kindheitstraum.

SPOX: Olympia steht quasi vor der Tür. Wie groß ist die Vorfreude?

Meredith Michaels-Beerbaum: Es ist ja schon seit einigen Monaten klar, dass ich dabei sein werde. Ich freue mich sehr und ich bin sehr gespannt auf Olympia. Es sind meine ersten Spiele und man merkt, wie wichtig das ist. Nicht nur für mich, sondern für alle Leute, die dazugehören. Für das gesamte Team, für die Pfleger zum Beispiel. Die Aufmerksamkeit ist riesengroß.

SPOX: Sie bereiten sich sehr intensiv auf Olympia vor. Viele würden es bei Reitern gar nicht vermuten, aber Sie haben auch ein umfangreiches Fitness-Programm.

Michaels-Beerbaum: Ich mache das schon seit ein paar Jahren, in den letzten Monaten habe ich es noch mal intensiviert. Ich bin fitter als je zuvor. Ich gehe joggen, wann immer ich Zeit habe. Außerdem habe ich einen eigenen Kraftraum bei mir zu Hause, den ich regelmäßig nutze. Ich habe aber keinen Personal Trainer oder so.

SPOX: Deutschland erwartet von Ihnen fast die Goldmedaille. Wie fühlt man sich als große Gold-Hoffnung?

Michaels-Beerbaum: Ich fühle mich wohl als Favoritin. Ich würde mir mehr Sorgen machen, wenn ich nicht zu den Favoriten gehören würde (lacht). Ich habe mit diesem Druck über die letzten Jahre gelebt und weiß, wie ich damit umgehen muss. Meine beiden Pferde sind gut in Schuss und ich bin auch gut drauf. Ich habe viel Erfolg gehabt über die letzten Monate. Das gibt mir unheimlich viel Sicherheit und Vertrauen. Natürlich benötigt man ein bisschen Glück, das gehört im Sport immer dazu, aber ich habe ein gutes Gefühl.

SPOX: Sie sind die Nummer 1 der Welt. Da muss der Anspruch ja sein zu gewinnen.

Michaels-Beerbaum: Das stimmt, aber ich versuche, mich auf meine eigene Leistung zu konzentrieren. Nicht auf irgendwelche Platzierungen. Ich versuche, mein Bestes zu zeigen. Das ist mein Weg. Ich will die beste Leistung zeigen, die ich zeigen kann. Am Ende schauen wir, was dabei herauskommt. Gold wäre natürlich ein Traum.

SPOX: Kommt die größte Konkurrenz aus dem eigenen Lager?

Michaels-Beerbaum: Ich konzentriere mich überhaupt nicht auf die Konkurrenz. Ich fokussiere mich auf meine Leistung, mein Reiten, mein Pferd. Viele fragen mich nach den größten Konkurrenten, aber ich kann die Frage nicht richtig beantworten. Ich beschäftige mich nicht groß damit. Sicher ist die deutsche Mannschaft stark, aber es gibt auch noch andere gute Paarungen. Alle, die in den Top-10 sind, sind stark.

SPOX: Was macht ihr Top-Pferd Shutterfly so besonders?

Michaels-Beerbaum: Shutterfly ist ein außergewöhnliches Talent. Für mich ist er das beste Pferd der Welt. Er hat unheimliches Sprungtalent und er ist ein ganz sensibles Pferd. Er hat über die Jahre so konstant gute Leistungen gezeigt, viele Championate und Große Preise gewonnen. Er hat Erfahrung und ist einfach ein ganz besonderes Pferd. Vom Talent, aber auch vom Mentalen her - auf ihn kann man sich total verlassen.

SPOX: Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Shutterfly beschreiben?

Michaels-Beerbaum: Shutterfly und ich sind schon so lange zusammen. Ich reite ihn jetzt acht Jahre. Wir sind wie ein altes Ehepaar. Ich kenne jede Laune von ihm. Wenn er gut drauf ist, bin ich auch gut drauf. Wenn er schlecht drauf ist, bin ich auch schlecht drauf. Wenn er krank ist, merke ich das sofort. Manchmal noch vor dem Tierarzt. Wir sind ein perfekt eingespieltes Paar.

SPOX: Wie würden Sie jemandem die Faszination des Springreitens erklären?

Michaels-Beerbaum: Springreiten ist etwas ganz Besonderes, ganz einfach schon deswegen, weil ein Sportler mit einem Tier arbeitet. Das ist kein Schläger oder Automobil. Es ist ein Tier, das lebt, das Launen hat. Der Sportler muss sich nicht nur auf seine eigene Leistung konzentrieren, sondern braucht auch Aufmerksamkeit und Gefühl für das Pferd.

SPOX: Wie verständigt man sich?

Michaels-Beerbaum: Wir können ja nicht miteinander sprechen. Es braucht deshalb eine besondere Vereinbarung zwischen Reiter und Pferd, um über diese Hindernisse zu kommen. Es erfordert jahrelanges Training und großes Vertrauen, dass das alles klappt. Ich finde, dass Springreiten sehr spannend ist. Kleinigkeiten können entscheiden. Eine leichte Touchierung kann schon eine Medaille kosten.

What a girl! Meredith Michaels-Beerbaum im Video bei SPOX.TV

SPOX: Sie sind als ganz junge Frau nach Deutschland gekommen. Wenn Sie zurückblicken...

Michaels-Beerbaum: Ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommt. Ich bin einfach mit großen Augen nach Deutschland gekommen und war sehr begeistert von dem Springsport hier. Es ist ganz anders als in Amerika. Ein Zuschauersport, der im Fernsehen übertragen wird, viele Fans sind da. Das hat mich sehr begeistert, aber ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages die Nummer 1 der Welt sein würde. Dass ich die erste Frau sein würde, die für Deutschland in einem Championat reitet. Die erste Frau, die für Deutschland bei Olympia reiten wird. Und dann auch noch als Favoritin. Das ist unglaublich. Ich hätte mich ehrlich gesagt nicht einmal getraut, davon zu träumen. Ich habe immer nur probiert, die beste Meredith zu sein, die ich eben sein kann. Manchmal schaue ich mich ein bisschen um und bin überrascht, dass es soweit gekommen ist.

SPOX: Sie wollten ja auch eigentlich gar nicht Springreiterin werden. Sie wollten Präsidentin werden.

Michaels-Beerbaum (lacht): Das stimmt. Das war mein Kindheitstraum. Ich habe dann auch in Princeton Politik studiert, weil ich nie gedacht habe, dass ich Springreiten beruflich machen kann. Ich glaube, wenn ich in Amerika geblieben wäre, hätte ich das auch nicht geschafft.

SPOX: Hätten Sie sich über eine Frau als amerikanische Präsidentin gefreut. Wären Sie für Hillary Clinton gewesen?

Michaels-Beerbaum: Hillary Clinton ist eine sehr intelligente Frau und könnte sicherlich auch eine super Präsidentin sein, aber ich muss gestehen, dass ich ein großer Fan von Barack Obama bin. Ich glaube, er steht für einen Neuanfang. Er bringt Hoffnung zurück in Amerika, die über die letzten Jahre etwas verloren gegangen ist. Ich hoffe, dass er gewinnt.

SPOX: Wenn Sie sich einordnen müssten, sind Sie Deutsche, sind Sie Amerikanerin?

Michaels-Beerbaum: Ich bin halb deutsch, halb amerikanisch. Ich bin eine 50-50-Mischung. In mir ist immer noch das California Girl, ich mag immer noch die Sonne und vermisse das hier in Deutschland oft. Aber ich mag auch mein Leben in Deutschland sehr. Mit meinem Mann (Markus Beerbaum, Anm. d. Red.), unserer Anlage und den Leuten hier. Es gefällt mir super. Ich bin stolz, für Deutschland reiten zu dürfen.

SPOX: Wenn Sie einen Tag ohne Pferde auskommen müssten, wäre das schlimm?

Michaels-Beerbaum (lacht): Nein, das geht schon mal. Ich genieße auch mal einen Urlaub am Meer, in dem ich schwimmen oder tauchen gehen kann. Das geht auch ohne Pferde.

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