Teddy Riner stand in triumphaler Feldherrenpose wie ein riesiger Napoleon inmitten der Marsfeld-Arena, ohrenbetäubender Jubel von 8500 Fans ließ fast das Dach wegfliegen: Frankreichs Judo-Superstar hat das bestellte Gold bei den Heimspielen geliefert, und eine ganze Nation wollte danach ihren gewaltigen Lieblings-Teddy knuddeln. Mit seinem historischen vierten Olympiasieg hat Riner für den nächsten ganz großen Moment der Gastgebernation gesorgt.
"Die Goldmedaille hier war das Ziel für so viele Jahre, daran habe ich immer geglaubt", hatte Riner gesagt. Am Freitagabend um genau 17.56 Uhr war der erfolgreichste Judoka der Geschichte am Ziel: Während aus Tausenden Kehlen "Allez, Teddy!" dröhnte, legte der 35-Jährige den südkoreanischen Weltmeister Kim Min Jong aufs Kreuz und krönte seine sagenhafte Karriere.
An einem Ort, der symbolischer kaum sein könnte: Das 2021 fertiggestellte Grand Palais Ephemere liegt 500 Meter Luftlinie vom Invalidendom entfernt, der allerletzten Ruhestätte Napoleons. Und spätestens jetzt dürfte der Bekanntheitsgrad des Riesen Riner, der als erster Judoka zum vierten Mal Olympiasieger wurde, jenem des körperkleinen Bonapartes nahekommen.
Vom Beliebtheitsgrad ganz zu schweigen: Riner, der 2016 bei Olympia die französische Flagge getragen und in Paris eine Woche vor seinem Gold-Coup mit Leichtathletik-Ikone Marie-Jose Perec das Olympische Feuer entzündet hatte, ist einer der größten Sportstars Frankreich. Definitiv sehr groß: 2,04 Meter lang, 150 austrainierte Kilogramm schwer - ein menschliches Zentralmassiv, ein Jahrhundertathlet.
"Ich hatte das Pech, dass es einen Riner ausgerechnet in meiner Altersklasse gab, sonst wäre ich vielleicht zweimal Weltmeister", sagte Andreas Tölzer, der 2011 bei der WM in Paris im Finale gegen den jungen Riner und 15.000 fanatische Franzosen verlor. Mit seinen 1,92 m und 140 kg wirkte der rheinische Brocken gegenüber Riner einigermaßen winzig.
13 Jahre später ist Riner immer noch das Maß aller Dinge, gewann sein drittes Einzelgold nach 2012 und 2016. 2008 und 2021 hatte der elfmalige Weltmeister zudem Bronze, 2021 auch Team-Gold geholt.
Dass Riner überhaupt noch dabei ist, wundert: Eigentlich war er vor einigen Jahren, als er alles und alles zudem mehrfach gewonnen hatte, bereits satt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Nach der WM 2017 genoss Riner das Leben, futterte sich auf fast 170 kg hoch. "Ich sah aus wie ein Panzer", sagte Riner, damals mehr Panda als Teddy.
Doch Riner kam zurück, alles mit dem Traumziel Paris vor Augen. Und jetzt soll es auch weitergehen, bis Los Angeles 2028. "Ich möchte keine Reue empfinden, dass ich nicht alles aus meiner Karriere rausgeholt habe", sagte Riner. Und schließlich gibt es für einen wie Riner keinen passenderen Ort als Hollywood.