IOC greift hart gegen russische Sportler durch

SID
Das IOC sperrte den russischen Skilangläufer Alexander Legkov lebenslang
© getty

Die Oswald-Kommission des IOC greift gegen Russlands Dopingsünder hart durch und weckt bei den Befürwortern eines Komplett-Ausschlusses neue Hoffnungen.

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Das IOC bleibt im Urteil gegen Russlands Dopingsünder hart - kommt jetzt auch der Komplett-Ausschluss? Für den Sportrechtsexperten Michael Lehner kann es keine andere Entscheidung geben, nachdem die Oswald-Kommission am Montagabend mit fünf weiteren lebenslangen Olympiasperren gegen russische Athleten und einer Erklärung ein Zeichen gesetzt habe.

Für Lehner hat die Oswald-Gruppe das systematische Doping in Russland mit Beteiligung des Verbandes bestätigt. Das müsse Konsequenzen haben. "Wenn der Athlet lebenslang gesperrt wird, dann muss die Schuld des Systems mindestens genauso groß sein. Das wäre nur logisch", sagte der Experte dem SID und forderte den Ausschluss der Sportgroßmacht von den Winterspielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar).

Whistleblower Rodchenkov spielt große Rolle

Oswald und sein Team hatten am Montagabend erstmals auch eine Urteilsbegründung veröffentlicht, die sich auf den zuvor gesperrten Skilanglauf-Olympiasieger Alexander Legkov bezog. Daraus ging hervor, dass man Whistleblower Grigorij Rodchenkov und Ermittler Richard McLaren großen Glauben schenkt. Beide hatten Russland ein über Jahre hinweg funktionierendes Dopingsystem mit Unterstützung der Institutionen attestiert.

Rodchenkov sei ein "glaubwürdiger Zeuge", hieß es. Das von ihm dargestellte System vom Austausch der Dopingproben während der Winterspiele in Sotschi sei nachvollziehbar. Auch gebe es Hinweise, dass Flaschen - wie von Rodchenkov beschrieben - illegal geöffnet wurden, um Inhalte zu vertauschen. Eine Probe von Legkov soll Kratzer aufgewiesen haben, die beim Öffnen der Behälter entstanden sind. Auch sei es sicher, dass Athleten in das Betrugssystem eingeweiht waren.

Oswald-Kommission: "Verschwörung auf Olympia"

Oswald sprach von einer "Verschwörung", die die Olympischen Spiele auf "die schlimmstmögliche Weise infiziert und untergraben" habe. Bislang seien allerdings noch nicht die "adäquaten Konsequenzen" gezogen worden.

Das wiederum könnte als Hinweis darauf gewertet werden, dass die Kommission für den 5. Dezember ein hartes Durchgreifen für richtig hält. Dann wird auf Grundlage der Ergebnisse einer weiteren Untersuchungsgruppe die Frage beantwortet, inwieweit russische Politiker und Behörden an dem Betrugssystem beteiligt waren und ob das Riesenreich komplett von den Winterspielen ausgeschlossen wird.

Etliche russische Medaillengewinner gesperrt

Zu den fünf Athleten, die am Montag lebenslang für Olympia gesperrt wurden, gehörten die Biathletinnen Olga Viluchina (Olympia-Silber in Sotschi im Sprint und mit der Staffel) und Jana Romanova (Staffel-Silber). Außerdem waren die Bobfahrer Alexej Negodailo und Dimitrij Trunenkov (beide Gold im Vierer) sowie Skeleton-Pilot Sergej Tschudinov (Platz fünf) betroffen.

Alle Athleten kündigten prompt an, die Entscheidung des IOC anzufechten und vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS zu ziehen. "Was jetzt passiert, ist eine schreckliche Ungerechtigkeit. Andere Athleten haben schon viel darüber gesagt, man will nur schreien", sagte Romanowa.

Lehner: Lebenslange Strafen sind "hart"

Auch Lehner empfindet die lebenslange Strafen für die Athleten als "hart", zumal es sich auch um Ersttäter handele und die Beweislage nicht immer ganz klar sei. In den letzten Wochen wurden gegen insgesamt 19 russische Sportler lebenslange Olympiasperren ausgesprochen.

Der Heidelberger Wissenschaftler ahnt nichts Gutes. Er könne sich gut vorstellen, dass das IOC in den Einzelfallentscheidungen extra eine harte Hand zeigen wolle, um dann in der Frage des Komplett-Ausschlusses am Dienstag milde gestimmt zu sein. Eine solche Konzessions-Entscheidung wäre laut Lehner aber "genauso schlimm wie das Doping-Vergehen an sich".

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