"Keine Sorgen um Olympia"

SID
Thomas Bach und der IOC weisen alle Kritik gegen das Bewerbungsverfahren zurück
© getty

Das Aus von Oslo als Bewerber um die Olympischen Winterspiele 2022 hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) schwer getroffen. Norwegische Zeitungen spekulieren bereits über das "historische Ende" der Olympischen Winterspiele. Doch IOC-Präsident Thomas Bach hält dagegen.

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"Niemand muss sich Sorgen um die Olympischen Spiele machen", sagte Bach, nachdem sich am Mittwochabend Oslo als sechster und letzter europäischer Kandidat aus dem Kreis der möglichen Bewerber um die Ausrichtung der Winterspiele 2022 verabschiedet hatte: "Wir sehen weltweit, wie diese Spiele mehr denn je als Premiumprodukt wahrgenommen werden. Es würden sonst nicht sehr kühl kalkulierende Firmen oder TV-Anstalten Verträge bis ins Jahr 2032 abschließen."

Die norwegische Zeitung Aftenposten hatte das IOC zuvor als großen Verlierer abgestempelt: "Sie haben Oslo nie die Hand gereicht. Jetzt wird das IOC zugrunde gehen - und die Winterspiele nähern sich ihrem historischen Ende."

Hart ging auch die Tageszeitung Dagens Næringsliv mit dem IOC ins Gericht: "Exit Oslo. Aber ist es etwa total in Ordnung, an einem Fest teilzunehmen, solange eine Diktatur wie Kasachstan oder China die Bonzen versorgt?"

Kasachisches Almaty als Favorit

In dem nun favorisierten Almaty, das unter der Herrschaft des kasachischen Autokraten Nursultan Nasarbajew steht, und Peking gibt es nur noch zwei Bewerber. "Wir haben zwei Kandidaten, und das ist nicht neu für das IOC", sagte Bach. Almaty stehe für die Wiederbelebung eines Wintersportzentrums aus Zeiten der Sowjetunion, Peking könne auf das Erbe der Spiele von 2008 zurückgreifen und entwickle ein neues Skigebiet.

Dass dort die Menschenrechte im Jahr 2022 und auf dem Weg dorthin nicht ausreichend beachtet werden könnten, glaubt Bach nicht: "Wir nehmen es sehr ernst, dass während der Olympischen Spiele die Olympische Charta Anwendung findet, das heißt, dass hier keinerlei Diskriminierung stattfindet, dass Meinungsfreiheit in Pressekonferenzen, Interviews und überall herrscht." Ende Juli 2015 wird in Kuala Lumpur entschieden, welche Stadt den Zuschlag erhält.

Alle europäischen Bewerber raus

Das Oslo-Aus ist aber auf jeden Fall Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die sagen, Olympia könne nur noch in autokratisch geführten Staaten ausgetragen werden. Vor Norwegens Hauptstadt hatten bereits Graubünden (Schweiz), München, Stockholm (Schweden) und Krakau (Polen) ihre Bewerbungsinitiativen eingestellt, vor allem, weil es nicht genug Unterstützung in der Bevölkerung gab. Zudem verzichtete die ukrainische Stadt Lwiw wegen der politischen Unruhen im Lande.

Persönlich zeigte sich Bach enttäuscht von Oslo. "Zunächst mal bin ich traurig für die norwegischen Athleten und den norwegischen Sport, weil sie diese Bewerbung wirklich großartig unterstützt haben", sagte der 60-Jährige: "Es war eine politische Entscheidung und dem Fakt geschuldet, dass ein Regierungsbündnis eine Koalition aufs Spiel setzt für ein Projekt, dessen positive Auswirkungen sich erst nach dem nächsten Wahltag zeigen."

Die norwegische Regierungspartei Høyre hatte sich am Mittwoch gegen die Bewerbung ausgesprochen, auch in der mitregierenden rechtspopulistischen Fortschrittspartei FRP gab es Gegenwehr. "Die Unterstützung im Volk war einfach zu gering", sagte Regierungschefin Erna Solberg. Bach kritisierte, dass sich bei einem IOC-Treffen am Vorabend kein Vertreter der norwegischen Regierung gezeigt habe.

Eine Frage des Geldes

Knackpunkt war vor allem das liebe Geld. Die Olympia-Befürworter hatten in Oslo zuletzt noch ein sparsameres Konzept vorgelegt. Die Ausgaben hätten sich für die öffentliche Hand um 4,3 Milliarden Kronen (525 Millionen Euro) reduziert. Doch auch das half nichts, am Ende waren der Regierungspartei die Staatsgarantien von mindestens 24,9 Milliarden Kronen (3,04 Milliarden Euro) zu hoch.

Bach weiß um das Problem. "Auf diese Fragen wollen wir Antwort geben mit der olympischen Agenda 2020", sagte der Ober-Olympier. Das betreffe die Fragen, wie Spiele und Bewerbungen in Zukunft kostengünstiger und nachhaltiger gestaltet werden können. Auf der IOC-Session Mitte Dezember in Monaco soll die Agenda von den IOC-Mitgliedern bestätigt werden.

In Norwegen gab es auch Reaktionen des Bedauerns. Wintersport-Legende Ole Einar Björndalen meinte: "Oslo und Norwegen hätten die besten Spiele aller Zeiten ausrichten und Olympia wieder zu einem Volksfest machen können." Das IOC hatte bis zuletzt um Oslo gekämpft und so viel Geld wie noch nie versprochen.

Die Ausrichter-Stadt sollte 880 Millionen US-Dollar (696 Millionen Euro) als "Stütze" erhalten. Sotschi hatte für 2014 trotz immenser Gesamt-Investitionen von 50 Milliarden Euro "nur" 750 Millionen US-Dollar (593 Millionen Euro) erhalten. Zudem implementierte das IOC zuletzt erhöhte Anforderungen an Menschenrechtsfragen in die Bewerberverträge. Oslo überzeugte dies alles nicht mehr.

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