Respekt vor Herrn Klein

SID
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Peking - Das erste Training der deutschen Kunst- und Turmspringer in Peking dauert fünf Minuten. Dann kommt Hiroko Iida, Medien-Expertin des Organisationskomitees BOCOG für diese Sportart, und stellt die Frage, "ob Herr Klein denn danach Zeit für ein Interview hat".

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Herr Klein hat, klar. Denn in China, das hat Sascha Klein längst festgestellt, ist der Sportler aus Aachen bekannter als in Deutschland. "Das ging schon direkt nach der Landung los, hier ein Autogramm, da ein kurzes Gespräch."

Seitdem der 22-Jährige im Februar im futuristischen Olympia- Wasserwürfel den Weltpokal gewann und als einziger Ausländer Chinas Salto- und Schraubenkünstler besiegte, erlebt das 1,72 Meter große und 71 Kilo schwere Kraftpaket einen enormen Popularitätsschub im Gastgeberland der Olympischen Spiele.

Klein der Gold-Favorit

Sein Erfolg macht ihn nach Ansicht der Fachleute des US-Magazins "Sports Illustrated" zum Gold-Favoriten. In allen anderen sieben Entscheidungen gelten Chinesen als Sieg-Anwärter.

Sascha Klein stört sich nicht an der Favoritenbürde. "Ich versuche, den Druck beiseite zu schieben." Sicher, er spüre ihn schon, "aber ich werde nicht viel drüber nachdenken". Das Training ist ihm wichtiger.

Doch seine Körpersprache erlaubt Rückschlüsse: Als er sich seiner Oberbekleidung entledigt, lässt er nicht nur eine Menge Muskeln und ein Tattoo auf dem linken Oberarm sichtbar werden.

Da sind auch die in die Seite gestemmten Hände, der kesse Blick - das ist keiner, der Muffensausen vor seiner Olympia-Premiere hat. "Versagensängste kennt er nicht", sagt Cheftrainer Lutz Buschkow.

"Chinesen-Schreck" aus Deutschland

Das ist für einen, der die olympische Welt im Sturm erobern möchte, eine gute Voraussetzung. Doch Sportsoldat Klein hat nach Einschätzung von Menschen, die ihn näher kennen, noch mehr Eigenschaften, um Großes erreichen zu können: Bescheidenheit, Höflichkeit, gute Umgangsformen, Entschlossenheit, Belastbarkeit - er wird als "guter Typ" beschrieben, der auch ein angenehmes Maß an Zurückhaltung an den Tag legt.

Doch wenn es um das Springen geht, ist Schluss mit lustig. Dann ist er zwar locker, aber auch entschlossen, höchst konzentriert: "Ich bin sehr ehrgeizig, ich habe mir viel vorgenommen", sagt Klein, als er das intensivste Trainingsprogramm der 14 deutschen Athleten hinter sich gebracht hatte.

Aus drei Metern springt er, in hellblauer Badehose, lässt höflich Älteren den Vortritt. "Verbaut" einen Versuch völlig, schaut vom Beckenrand zu seinen Trainern Buschkow und Boris Rozenberg, die ihm Tipps geben, wie es besser geht.

Aufmerksamer Blick, mehrfaches Kopfnicken - ja, Sascha Klein hat verstanden. Der nächste Sprung gelingt perfekt. Und draußen warten zwei Helferinnen von Frau Iida auf das Gespräch: China will aus erster Hand erfahren, wie es dem "Chinesen-Schreck" aus Deutschland geht.

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