Diskus-Weltmeisterin Dietzsch kämpft um Teilnahme

SID

Kienbaum - Diese Scheibe ist derzeit kein Hit für Franka Dietzsch. Eher ein UFO, ein unidentifiziertes Flugobjekt, 1000 Gramm Metall und Holz wie vom anderen Stern.

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Kurze Drehung, ein Schrei: Der Diskus plumpst an der 52-Meter-Marke ins trockene Gras. Noch einmal. Über 55 Meter, schon besser. Doch längst nicht gut genug für die dreimalige Weltmeisterin, die das klassische Sportgerät schon 69,51 Meter weit geschleudert hat.

Seit zwei Wochen quält sich die 40- Jährige vom SC Neubrandenburg im Bundesleistungszentrum Kienbaum, trainiert für ihr Comeback, kämpft um die letzte Olympia-Chance.

Langersehnte Olympia-Medaille

"Ich fahre nur nach Peking, wenn ich dort eine Medaille gewinnen kann. Der DLV freut sich zwar auch über Platz sieben und Punkte für die Nationenwertung. Aber da wäre ich gefrustet, das ist nicht mein Anspruch. Eigentlich wollte ich nur fahren, wenn ich vorher 65 Meter werfe", sagt Dietzsch.

Vielleicht spürt sie schon, dass es nicht ihre Saison ist. Doch für Peking und die langersehnte Olympia-Medaille, die ihr bei vier Sommerspielen nie vergönnt war, will sie noch einmal alles geben.

"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." Das Motto auf ihrer Homepage spornt an. Aber: "Mit 40 sieht alles anders aus." Im Spätherbst ihrer Karriere fällt eben alles dreimal so schwer, dazu kam Anfang Juni die schockierende Diagnose: akuter Bluthochdruck. Als es wieder aufwärts ging, bekam ihr linker "Problemfuß" im Training einen Schlag ab.

Glaube an ein kleines Wunder

Obwohl sie vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) einen "Freifahrtschein" nach Peking hat und auch ohne Norm (61,00 Meter) nominiert würde, läuft ihr langsam die Zeit davon. "Noch ist nichts verloren, ich hab' schon noch was in der Hinterhand. Und ich glaube an ein kleines Wunder", meint die zehnmalige deutsche Meisterin.

Die zwei Frühjahrs-Trainingslager liefen optimal, doch das Saisondebüt am 17. Mai in Versmold (Nordrhein-Westfalen) ging daneben: Die "Trainingsweite" von 59,47 Meter war ein Offenbarungseid, am 6. Juni folgte die Hiobsbotschaft: Wegen akuten Bluthochdrucks musste Franka Dietzsch eine Pause einlegen und dann praktisch bei null anfangen.

Ihr Trainer Dieter Kollark warf die gesamte Saisonplanung über den Haufen. "Ich schreibe jetzt für jeden Tag einen neuen Plan. Acht Wochen ging gar nichts - wir müssen jetzt alles auf eine Karte setzen", fordert der Coach.

Ob Franka Dietzsch schon am Wochenende bei den deutschen Meisterschaften in Nürnberg antritt, ist - zumindest offiziell - noch nicht entschieden. Kollark weiß aber: "Ihr Start in Nürnberg ist gefährdet."

Die WM schon im Blick

Und Peking? Der Trainer sieht die Chance auf eine Teilnahme "bei 50:50. Aber es geht nicht nur um Olympia. Ich muss auch schon an die WM 2009 denken. Und wenn sie gefrustet aus Peking zurückkommt, dann kriege ich sie im Herbst beim Training schwer in die Gänge."

In diesem Jahr sollten die magischen 70 Meter fallen, doch bisher fällt nur der Diskus zu früh vom Himmel. "Bis Mitte April hätte ich Stein und Bein schwören können, dass ich dieses Jahr die 70 Meter werfe", versichert Dietzsch.

"Doch dann kam das kleine Teufelchen: Ich war plötzlich wie ausgebrannt. Da konnte man zugucken, wie es im freien Fall immer weiter abwärts ging." Sie weiß, dass sie sich nun durchboxen muss - und das beste Beispiel dafür wohnt im Nachbar-Bungalow: Der russische Riese Nikolaj Walujew trainiert für seinen nächsten Kampf auch in Kienbaum.