So ein "Teufels-Karl"! Geiger wird zum König der Flieger

SID
Karl Geiger hat bei der Skiflug-WM den Titel gewonnen - mit hauchdünnem Vorsprung!
© getty

Karl Geiger ist dank sagenhafter Nervenstärke in Planica Weltmeister im Skifliegen geworden - und war dabei in Gedanken bei seiner hochschwangeren Frau. Es könnte der Winter des Oberstdorfers werden.

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Bei einem kühlen Bierchen mit den Kollegen im Teamhotel Kompas kam Karl Geiger am vielleicht aufwühlendsten Tag seines Lebens endlich zur Ruhe. Bei der WM in Planica war er Stunden zuvor in einem wahren Schanzen-Thriller zum Skiflug-König geworden, daheim in Oberstdorf könnte jederzeit sein erstes Kind zur Welt kommen - ein solches Übermaß an Gefühlen machte selbst den coolen "Karle" sprachlos.

"Es ist alles einfach unglaublich", sagte der 27 Jahre alte Allgäuer nach seinem ersten großen Einzeltitel: "Und das im Fliegen, das hätte mir wohl keiner zugetraut - der Kleinschanzen-Karle wird Skiflug-Weltmeister."

Unglaublich war, wie Geiger - von seiner Anlage her eher ein Mann für die kompakten, kurzen Bakken - auf der riesigen Letalnica sein Meisterstück ablieferte, wie er die beiden Topfavoriten - den Norweger Halvor Egner Granerud und seinen besten Springer-Kumpel Markus Eisenbichler - gnadenlos cool auf den Silber- und Bronzerang verwies. "Wenn es zählt, drücke ich drauf und riskiere Vollgas. Das kann schiefgehen", sagte Geiger grinsend, "aber meistens geht es gut."

Planica gehörte zur Kategorie "meistens", doch es war sagenhaft knapp. Mit dem vorletzten Sprung der Konkurrenz auf gewaltige 243,0 m hatte Granerud den Druck auf den seit dem ersten von vier Durchgängen führenden Geiger ins Unermessliche gesteigert. Doch Geiger konterte bei seinem Flug-WM-Debüt (vor zwei Jahren daheim in Oberstdorf hatte er betrübt als Ersatzmann zusehen müssen) punktgenau, segelte 231,5 m - und lag mit einem halben Punkt vorne.

Karl Geiger: 40 Zemtimeter Vorsprung nach vier Flügen

Nach insgesamt 936,5 Metern in der Luft machten Geiger also umgerechnet 40 Zentimeter Vorsprung zum Weltmeister. Bei Ehefrau Franziska, die Geiger im September geheiratet hatte und die mit der gemeinsamen Tochter hochschwanger ist, dürfte in der Heimat der Puls bedrohlich gestiegen sein. "Kann schon sein", sagte Geiger im ZDF lachend.

"Den Titel gönne ich dem Karle von Herzen", meinte derweil der langjährige Zimmerkollege Eisenbichler. Am Samstag lag der Großschanzen-Weltmeister im Springen - den Titel holte er 2019 in Innsbruck vor Geiger, gemeinsam gewannen sie damals im Team-Wettbewerb - rund 15 Meter zurück: "Aber da ist mir scheißegal, ob ich Dritter, Vierter oder Fünfter werde. Ich freue mich mega für Karle."

Dieser "Teufels-Karl", wie ihn seine Allgäuer Heimatzeitung taufte, verblüffte auch Stefan Horngacher. "Wir sind hergefahren mit einem Eisenbichler in Topform, die er als Dritter auch bestätigt hat. Aber dann kommt der Karl aus der Kiste und holt den Weltmeistertitel - da fehlen einem ein bisschen die Worte", sagte der Österreicher.

Geiger hatte bei der "Doppelbelastung" als werdender Papa und Skisprung-Hoffnungsträger von Horngacher Entscheidungsfreihet erhalten, den Weltcup-Trip nach Russland sparte er sich zuletzt, um bei seiner Frau zu sein. "Karl ist jetzt frei im Kopf", stellte der Coach danach fest. In Planica zog Geiger aus dem familiären Rückhalt Kraft, auf der Schanze "kann ich mich voll fokussieren, komme da in einen Tunnel rein".

Skiflug-Weltmeister ist er nun, Papa wird er bald sein - es könnte der Winter des Karl Geiger werden, zumal zwei Highlights in Oberstdorf warten: der Auftakt zur Vierschanzentournee am 29. Dezember und die Nordische WM ab dem 23. Februar. Soweit wollte er an diesem großen Abend in Planica aber noch nicht denken: "Im Moment bin ich einfach unglaublich happy."

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