Geisterjäger, Säufer & die Presswurst

Michael Edwards (l.) war eine der schrillsten Personen im Wintersport
© getty

Mit dem Beginn der Wintersport-Saison kommen auch die Erinnerungen an die kuriosen Typen wieder, die sich im Schnee oder im Eiskanal versucht haben. SPOX hat sich auf die Suche begeben und eine Auswahl getroffen. Mit dabei: Ein Doper, der vergeblich gegen böse Geister kämpft, zwei völlig durchgeknallte Finnen zwischen Alkoholeskapaden und Sex-Orgien, ein Skifahrer mit Pistolengurt und natürlich Eddie the Eagle.

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Johann Mühlegg

Beim DSV hatten sie von Langläufer Johann "Juanito" Mühlegg 1998 endgültig die Nase voll. Der fühlte sich vom damaligen Bundestrainer Georg Zipfel "spiritistisch verfolgt", er sei verhext worden. Mühleggs Mittel gegen die bösen Geister: Er schleppte eine Ration Wasser mit sich herum, das von seiner portugiesischen Putzfrau Justina Agostino, die Mühlegg "meine Gnade" nannte, geweiht worden war. Es kam zur Trennung.

Mühlegg ging neue Wege und startete für Spanien. 2002 bei den Spielen in Salt Lake City sorgte er schließlich für einen der größten Dopingskandale überhaupt. Auf "wundersame" Weise lief der heute 45-Jährige alles in Grund und Boden, holte drei Goldmedaillen über 30-km-Freistil, in der 10-km-Verfolgung und im klassischen 50-km-Lauf. Selbst König Juan Carlos feierte den Deutsch-Spanier begeistert.

Im Überschwang der Gefühle brüllte der gebürtige Allgäuer nach seinen Siegen "Viva Espana" in die Kameras. Er sang auch noch "O Sole Mio". Das ist zwar italienisch, doch das war ihm egal.

Allerdings platzte die Blase noch während der Spiele, Mühlegg wurde des Dopings überführt. Seine Schuld gestand der Marktoberdorfer nie ein, stattdessen kam er mit immer abenteuerlicheren Ausreden um die Ecke. Beispielsweise habe die Höhenlage oder eine besondere Diät seine Blutwerte völlig verändert.

Trotzdem wurde er gesperrt, beendete seine Karriere und verschwand. 2014 berichtete die Bild, Mühlegg sei in Brasilien wieder aufgetaucht, betreibe eine Immobilienfirma und wirke "verwirrt wie immer".

Michael Edwards

"Eddie! Eddie! Eddie!" An welcher Schanze Michael "Eddie the Eagle" Edwards auch auftauchte, dem Briten flogen die Herzen der Fans nur so um die Ohren. Dabei waren es nicht die Leistungen des aufgrund seiner extremen Weitsichtigkeit mit einer riesigen und oft beschlagenen Brille ausgestatteten Skispringers, die für Aufsehen sorgten.

Im Gegenteil: Edwards kam kaum über den Schanzentisch hinaus, galt als schlechtester Skispringer der Welt. Aber er liebte das, was er tat - und ging deshalb an die Grenzen. Weil sich Edwards anfangs kein Hotel leisten konnte, übernachtete er während der Wettkämpfe im Auto, in Kuhställen und einmal sogar in einer Irrenanstalt.

Bald hebelte der Mann aus Cheltenham die Gesetze des Leistungssports aus und wurde als Loser zur Legende. Während die Großen Siege einheimsten, wurde Eddie in Talkshows eingeladen und war der Liebling der britischen Klatschpresse. "Ich war anders als die anderen Springer. Die waren immer ernst, ich habe ständig gelacht. Die waren ausgehungert, ich ganz gut genährt", sagte der 51-Jährige.

In der Tat: In seinem Anzug glich er einer Presswurst. "Fett fliegt nicht", konstatierte sein Trainer deshalb resigniert. Aber der gelernte Maurer gab nie auf. Er fand, nachdem er sich jahrelang selbst finanziell irgendwie durchgeschlagen hatte, mit Eagle Airlines sogar einen Sponsor.

Letztlich erfüllte er sich seinen großen Traum, in dem er 1988 an den Olympischen Winterspielen in Calgary teilnahm. "Für mich war es schon eine Goldmedaille, überhaupt dabei sein zu dürfen", meinte Edwards, dessen Geschichte in "Sprung in die Ewigkeit" verfilmt wurde.

Seine Berühmtheit hat ihm nach der Laufbahn übrigens sogar dabei geholfen, sein Problem mit den Augen zu lösen. Gegen drei PR-Termine für einen russischen Arzt bekam Eddie einmal Augenlasern gratis. Heute ist er wieder auf dem Bau beschäftigt.

Hubertus von Hohenlohe

"Lieber Prinz wir bitten Dich, komm nach Haus bei Tageslicht." Manchmal wird Hubertus von Hohenlohe auf Transparenten von Fans ein wenig verspottet. Er ist nun einmal nicht gerade schnell wie ein Blitz. Die Mehrzahl freut sich aber stets, wenn der in Mexico City geborene Adlige, der auch die Staatsbürgerschaft Liechtensteins besitzt, bei Großveranstaltungen für einen Farbtupfer sorgt.

1981 gründete er den mexikanischen Skiverband und nahm seither an sechs Spielen und 16 Weltmeisterschaften teil. Um eine gute Platzierung ging es ihm dabei nie. "Mein Ziel ist es, unter den drei bestgekleideten Teilnehmern zu landen", sagte von Hohenlohe.

Mal ging der Fotograf und Sänger in einem Rennanzug mit einem Pistolengurt an den Start, mal als Mariachi-Sänger oder in kurzer Lederhose. Und es kam auch vor, dass er in seinen schrillen Outfits unbeholfen einen Hang rückwärts hinunterrutschte.

Die Konkurrenz beäugt den Ski-Prinz teilweise kritisch. "Als Abfahrer ist er ein potenzieller Selbstmörder", sind sich die Experten einig. Von Hohenlohe war und ist es völlig egal. 2017 will der 56-Jährige erneut bei der WM in St. Moritz starten.

Jamaikas Bobfahrer

So ziemlich jeder kennt den Film "Cool Runnings". Der Streifen basiert zumindest teilweise auf einer wahren Begebenheit. Gut: Die Truppe, die 1988 in Calgary tatsächlich an Olympia teilnahm, küsste kein Glücks-Ei. Und sie schrie vor dem Start auch nicht auf Schweizerdeutsch "eis, zwo, drü."

Aber es gab sie wirklich. Die Jamaikaner erreichten 1988 im Zweierbob den 30. von 41 Plätzen, im Viererbob belegten sie mit einem satten Abstand den letzten Rang.

Die Idee zum Aufbau eines Teams soll von den beiden US-Geschäftsmännern George B. Fitch und William Maloney gekommen sein. Die hatten sich bei einem Jamaika-Besuch ein Seifenkistenrennen angesehen und die Parallelen zum Bob-Sport erkannt.

Cool Runnings: Die wahre Geschichte

Sie wandten sich ans jamaikanische Militär und wurden fündig. Die Soldaten Devon Harris, Dudley Stokes, Michael White und Samuel Clayton machten einen auf Bobfahrer und begannen das Training unter der Leitung des Amerikaners Howard Siler.

"Ich hielt das damals für die beknackteste Idee aller Zeiten", erzählte Harris Jahre später. Immerhin nimmt Jamaika seither regelmäßig an großen Wettbewerben teil und es entstand ein legendärer Film. Was will man mehr?

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