"Drecksau würd' ich mich nicht nennen"

Simon Schempp ist einer der Favoriten bei der anstehenden WM
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SPOX: Wie sehen Sie das deutsche Team im Hinblick auf die WM generell aufgestellt und wem trauen Sie noch große Leistungen zu?

Schempp: Wir sind mannschaftlich gut aufgestellt. Es gibt einige Athleten, die dazu in der Lage sind, an einem guten Tag weit nach vorne zu kommen. Zum Beispiel Arnd Peiffer. Er zeigte zuletzt in Oslo starke Leistungen und bewies, dass mit ihm auf jeden Fall zu rechnen ist.

SPOX: Derzeit läuft es für Sie. Das war nicht immer so. Nach WM-Gold mit der Mixed-Staffel 2010 gerieten Sie in ein echtes Tief. Ihr Körper streikte, nichts ging mehr. Was war damals los?

Schempp: Es war seltsam. Ich konnte keinen Sport mehr machen. Mein Gefühl sagte mir: Wenn du dich bewegst, tust du dir nichts Gutes. Ich war nicht mehr belastbar, als ob ich überhaupt nicht trainiert hätte. Wenn ich die Treppen hoch lief, hatte ich sofort einen hohen Puls und musste extrem atmen. Das war eine schlimme Zeit. Gott sei Dank legte sich das irgendwann und ich bekam wieder Vertrauen zu meinem Körper. Aber ganz ehrlich: Das brauch ich nicht noch mal.

SPOX: Gab es zu dieser Zeit den Gedanken, alles hinzuschmeißen?

Schempp: Wenn mein Körper nicht irgendwann wieder funktioniert hätte, wäre mir gar nichts anderes übrig geblieben, als die Karriere zu beenden. Leistungssport wäre einfach unmöglich gewesen. Ich habe damals aber nicht den Teufel an die Wand gemalt und irgendwie immer Hoffnung gehabt. Das lag vielleicht auch daran, dass ich noch andere Interessen im Leben habe als Biathlon.

SPOX: Reisen beispielsweise. Die Malediven sollen es Ihnen angetan haben.

Schempp: Genau. Nach der Saison am Strand zu entspannen, tut mal ganz gut. Wobei ich ein Mensch bin, der nicht lange faulenzen kann. Ich habe auf den Malediven meinen Tauchschein gemacht. Und Schnorcheln gehe ich genauso gern. Dafür sind die Malediven ja auch ideal.

SPOX: Sie scheinen alles Mögliche auszuprobieren. Auch Triathlon war schon mal an der Reihe. Haben Sie eine Wiederholung geplant?

Schempp: Nein. Das war eine Sache, die wir einfach mit ins Training eingebunden hatten. Radfahren und Joggen machen wir im Sommertraining sowieso. Zwischenzeitlich haben wir dann noch Schwimmen dazugenommen. Das war aber nur eine Zwischenetappe. Es ging darum, noch bewusster zu trainieren. Mit dem Triathlon hatten wir ein kurzfristigeres Ziel, auf das wir hinarbeiten konnten, um nicht bis zum Winter warten zu müssen. Triathlon war praktisch unser Biathlon-Training. Eine neue Karriere wollte ich damit jedenfalls nicht starten (lacht).

SPOX: Ihr Vorbild ist Ole Einar Björndalen. Was zeichnet Ihn außer seiner unglaublichen Erfolge aus?

Schempp: Über so viele Jahre zur absoluten Weltspitze zu gehören, ist einfach unglaublich. Kein anderer versteht es wie er, genau zum richtigen Zeitpunkt, also wenn die Highlights einer Saison anstehen, in Topverfassung zu sein. Er ist mit 40 Jahren noch mal Olympiasieger geworden. Das muss man sich mal vorstellen! So lange hat auf diesem Niveau noch keiner durchgehalten, davor habe ich höchsten Respekt.

SPOX: Wie ist er als Mensch?

Schempp: Er kommt abseits des Biathlons oder auch im Training immer sympathisch rüber. Er hat nicht nur den Tunnelblick, sondern ist locker unterwegs und gesprächig. Trotz seiner Erfolge scheint er auf dem Boden geblieben zu sein. Bei einem Rennen ist er natürlich ganz anders. Da verfolgt er ausschließlich seine eigenen Interessen (lacht).

SPOX: Björndalen äußerte sich kürzlich zum Thema Doping. Er mache sich Sorgen um seinen Sport. Wie sehen Sie das?

Schempp: Jeder Dopingfall wirft Schatten auf eine Sportart. Das ist logisch. Aber wir tun alles dafür, dass die guten Aspekte - saubere Hochleistungen - im Vordergrund bleiben. Gerade die letzten Rennen waren in dieser Hinsicht eine tolle Werbung für den Biathlon.

SPOX: Björndalen kritisierte zudem, sich aufgrund vereinzelter Dopingfälle dem Generalverdacht ausgesetzt zu sehen. Nehmen Sie das ähnlich war?

Schempp: Nein, dieses Gefühl hatte ich eigentlich nie.

Seite 1: Schempp über Fußball, Kaltschnäuzigkeit und Druck

Seite 2: Schempp über ein Tief, die Malediven und Björndalen

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