Azubis auf der große Bühne

SID
Trainer Christoph Langen macht sich keine Illusionen für die Heim-WM in Winterberg
© getty

Ein Jahr nach dem Olympia-Debakel treten die deutschen Bobs mit einer sehr jungen Mannschaft ab Donnerstag zur Heim-WM in Winterberg an. Siege sollen her, aber Wiedergutmachung für die Schmach von Sotschi ist kaum möglich.

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Christoph Langen macht sich keine Illusionen. Ziemlich genau ein Jahr liegt das Olympia-Debakel der deutschen Bobs nun zurück, am Donnerstag startet mit der Heim-WM in Winterberg der Höhepunkt dieser Saison - die Chance also zur Wiedergutmachung? Da lacht der Bundestrainer nur trocken.

"Das ist eine ganz andere Kategorie", sagt Langen im Gespräch mit dem "SID", "Olympia ist gegessen. Das können wir mit einer WM nicht wieder zurückholen." Siege und Medaillen sollen im Sauerland natürlich her, offiziell ist für den deutschen Verband BSD aber der Weg zu den nächsten Spielen 2018 in Pyeongchang das Ziel - und auf diesem Weg liegt Winterberg.

"Deshalb starten wir eigentlich mit einer Junioren-Mannschaft, das muss man so deutlich sehen", sagt Langen, und daher seien auch die Ergebnisse schwierig vorauszusagen: "Es ist alles drin, das hat die Saison gezeigt. Wir können ganz vorne dabei sein und den Titel holen - wir können aber auch am Podest vorbeifahren."

Bei WM mit "Junioren-Mannschaft"

Vierer-Weltmeister Maximilian Arndt ist mit 27 Jahren der älteste Pilot, neben dem Oberhofer gehen Zweier-Titelverteidiger Francesco Friedrich (24/Oberbärenburg), Nico Walther (24/Riesa) und Johannes Lochner (24/Stuttgart) bis zum 8. März in die Eisbahn, dazu Christoph Hafer (22/Bad Feilnach) und Richard Oelsner (20/Riesa). Bis auf Arndt wären sie alle noch bei den Junioren startberechtigt - Azubis auf der großen Bühne also.

Die Frauen sind mit Europameisterin Anja Schneiderheinze (36/Erfurt), Cathleen Martini (32/Oberbärenburg), Stefanie Szczurek (28/Oberhof) und Miriam Wagner (25/Riesa) deutlich erfahrener aufgestellt. Besonders von den Champions Arndt und Friedrich werden jedoch Siege erwartet, das weiß auch Langen.

Von Arndt und Friedrich Siege erwarten

"Von den beiden wollen wir das auch sehen", sagt der 52-Jährige, und man wisse ja: "Wenn man keine Medaille holt, dann geht es sehr schnell in Deutschland - wenn ein wichtiger Wettkampf schlecht läuft, dann ist gleich alles schlecht gewesen."

Wenn Langen das sagt, schwingt immer verletzter Stolz mit, denn nach Olympia war er es, der im Zentrum der Kritik stand. Zweifel gab es nach den schwachen sportlichen Leistungen auch an seiner Menschenführung, ein offen ausgetragener Materialstreit mit dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) bot weitere Angriffsfläche.

Langen durfte letztlich bleiben, seine Kompetenzen wurden jedoch beschnitten. Er ist nicht mehr erster Ansprechpartner für die FES-Ingenieure, das Alphatier musste zudem die Heimtrainer in die Maßnahmen der Nationalmannschaft einbinden.

Acht Weltcup-Siege bei Männern und Frauen in dieser Saison haben nun zwar gezeigt, dass die deutschen Bobs der Weltklasse-Konkurrenz um den herausragenden Gesamtsieger Oskars Melbardis (Lettland) die Stirn bieten können - allerdings muss dazu auch alles stimmen.

Deutschland mit Problemen bei niedrigen Temperaturen

"Wir sind noch nicht konstant schnell, sondern nur punktuell. Da sind Melbardis und die Amerikaner weiter, deren Material läuft bei jeder Witterung", sagt Langen, dessen Bobs etwa bei besonders niedrigen Temperaturen Probleme hatten: "Wir sind auch da auf dem richtigen Weg, aber Leistungssport ist eben kein Lichtschalter, den man anknipsen kann."

In Winterberg hoffen die deutschen Bobs nun auf vorteilhafte Bedingungen, und zumindest für die Athleten ist es wohl doch deutlich mehr als eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Pyeongchang. "Man hat gemerkt, dass sie angespannt sind", sagte Langen, "der Druck bei einer Heim-WM ist eben doch belastend."

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