Langlauf-Rebell Jochen Behle tritt ab

SID
Jochen Behle erklärte nach zehn Jahren seinen Rücktritt als Bundestrainers der Langläufer
© spox

Die Ära Behle im deutschen Skilanglauf ist nach 32 Jahren zu Ende. Mit seinem logischen Rücktritt als Bundestrainer zog Jochen Behle den Schluss-Strich unter seine Laufbahn im Deutschen Skiverband (DSV), die 1980 bei den Olympischen Spielen in Lake Placid begann, mit einem zur Legende gewordenen Ausruf von ZDF-Reporter Bruno Moravetz ("Wo ist Behle?"). Und sie endete mit diversen Meinungsverschiedenheiten.

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"Ausschlaggebend für diese Entscheidung, die ich in Abstimmung mit der Sportführung getroffen habe, ist die derzeitige Situation im Langlauf", ließ Jochen Behle mittels DSV-Aussendung mitteilen ohne seine Enttäuschung zu verbergen. "Ich hatte in den vergangenen Jahren immer den Eindruck, etwas bewegen zu können. Dieses Gefühl habe ich nicht mehr und es ist daher Zeit für einen Neuanfang im deutschen Langlauf."

Stress mit Frauen-Team

Hauptärgernis im mehr und mehr strapazierten Verhältnis zwischen Jochen Behle und den Verbands-Bossen war der Umstand, dass der Coach insgesamt acht Läuferinnen aus seinem Kader zum Probetraining im Biathlon freigeben sollte. Noch ist längst nicht klar, ob überhaupt eine der Kandidatinnen den Umstieg zur Skijagd wagen wird.

Behle aber kritisierte den drohenden Aderlass in seinem ohnehin seit Jahren nicht üppig besetzten Frauen-Team. Daraufhin wurde er von Sportdirektor Thomas Pfüller mit dem Verweis auf die Wichtigkeit des Sponsoren-Zugpferdes Biathlon in die Schranken gewiesen.

Mit seinem Frauenteam war der ehemalige Weltklasse-Langläufer ohnehin seit Jahren immer wieder über Kreuz, kritisierte mangelnde Leistungen oft sehr harsch und legte sich mit Olympiasiegerinnen wie Claudia Nystad und Evi Sachenbacher-Stehle an. Sachenbacher mochte nicht mehr unter Behles Leitung üben und will selbst als 31-Jährige noch den Umstieg zum Biathlon wagen. Zuletzt lag er auch mit dem Männerteam im Streit.

Ex-Weltmeister Axel Teichmann, Jens Filbrich und Tobias Angerer trainierten in der sogenannten Ü-30-Gruppe auf eigene Faust. Und als Behle im Februar verkündete, wegen des zu kalten russischen Winters zum Weltcup in Rybinsk bei Moskau nicht antreten zu wollen, fuhr Angerer trotzdem hin.

Vancouver 2010 als Höhepunkt

Als Aktiver nahm Jochen Behle zwischen 1980 und 1998 sechsmal an Olympischen Spielen teil, eine Medaille blieb dem Spezialisten der Klassischen Technik aber versagt. Einmal war er WM-Fünfter (1993 in Falun), einen Weltcup in Kanada gewann er im Dezember 1989.

In dieser, seiner besten Zeit als Aktiver, bildete der damalige "Rebell" mit seinem Trainer und Berater Fritz Becker ein Privatteam abseits der deutschen Mannschaft, kehrte aber nach mehreren Aussprachen und überwundenen Diskrepanzen in den 90er Jahren in das DSV-Team zurück.

Nach dem Ende seiner Karriere 1998 begann er, als Trainer zu arbeiten, stieg zum Disziplintrainer und 2002 nach den Olympischen Spielen in Salt Lake City zum Cheftrainer auf. Unter seiner Führung avancierte Teichmann als erster deutscher Langläufer nach fast 30 Jahren 2003 zum Weltmeister. Die Olympischen Spielen in Vancouver waren der Höhepunkt in Behles Trainer-Karriere, als das Duo Sachenbacher/Nystad Gold im Teamsprint gewann.

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