Die grantige Lindsey und die goldige Lena

Von Matthias Kohlmaier
Haben sich jetzt nicht mehr lieb: Maria Riesch (r.) und Lindsey Vonn
© Getty

In der Niederlage zeigt sich das wahre Gesicht eines Menschen - das hat wohl auch Maria Riesch jetzt gemerkt. Deutschlands Rodel-Damen kassierten eine historische Pleite und die Österreicher flogen mal wieder allen davon. Außerdem verneigen wir uns vor Magdalena Neuner und den unglaublichen Langläufern aus Norwegen. Hier sind die Tops und Flops des Sportwinters 2010/11.

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+ Unsere Gold-Lena

Was soll man noch über sie sagen, was nicht schon irgendwann gesagt wurde? Welchen Superlativ gebrauchen, den nicht schon ein anderer Journalist vorher gebraucht hat?

Am besten, wir bleiben einfach bei den Fakten: Mit gerade mal 24 Jahren ist sie zehnfache Weltmeisterin - es wären elf Titel, wenn Michi Greis die Mixed-Staffel in Chanty Mansijsk nach Hause gelaufen hätte - und Doppelolympiasiegerin. SPOX verneigt sich hiermit ehrfurchtsvoll vor Magdalena Neuner!

- Die Lindsey gewinnt eben gern

Das eins von vornherein klar ist: Lindsey Vonn ist mit Sicherheit kein sportlicher (und auch kein optischer) Flop. Die kleinen Kristallkugeln in Abfahrt, Super-G und Super-Kombination und die Diashow unter diesem Absatz sprechen da eine deutliche Sprache. Aber man kann eben nicht immer gewinnen!

Denn wenn sie mal verliert, zeigt die hübsche Lindsey plötzlich ein ganz anderes Gesicht. Bei der WM war die Piste ja angeblich viel zu gefährlich, hinzu kamen auch noch die Nachwirkungen von einem Sturz direkt vor den Titelkämpfen. Zu einer Silbermedaille in der Abfahrt hat's ja immerhin noch gereicht.

Viel schlimmer eigentlich: In der Niederlage kennt Vonn scheinbar auch keine Freunde mehr. Nach Absage des Riesenslaloms beim Weltcupfinale in Lenzerheide und dem damit verbundenen Gesamtsieg von Maria Riesch gratulierte Vonn ihrer langjährigen Freundin nicht mal - schon seltsam bei zwei Menschen, die sogar Weihnachten zusammen feiern. "Für sie zählt nur der Sieg", erkannte auch Ex-Intimfreundin Riesch. Menschlich also ein klarer Flop!

+ Bob-Rookie Manuel Machata

Dass Deutschland eine absolute Weltmacht im Bobsport ist, war auch vor der Saison schon klar. Ob der Rücktritt des viemaligen Olympiasiegers und achtmaligen Weltmeisters Andre Lange so leicht zu verkraften sein würde, war trotzdem nicht sicher.

Aber dann kam Manuel Machata und fuhr einfach allen davon. In seiner ersten Weltcupsaison wurde er mal eben Welt- und Europameister sowie Gesamtweltcupsieger im Viererbob, nebenbei noch Vizeweltmeister im kleinen Schlitten.

Bis zu den Erfolgen von Andre Lange ist es natürlich noch ein Stück, aber mit seinen 26 Jahren wird Manuel Machata den Bobsport bestimmt noch ein paar Jahre auf Trab halten.

- Der alte Mann und die Schanze

Waren das noch Zeiten: Martin Schmitt ganz oben auf dem Siegerpodest, daneben Andi Goldberger und Kazuyoshi Funaki. Leider wird sich Deutschlands Schanzen-Oldie Schmitt wohl nie mehr bei einem Einzelspringen auf dem Stockerl platzieren können.

Bezeichnend war Schmitts Saisonausklang. Das Skifliegen in Planica sagte er kurzerhand ab: "Auf dieser Schanze ist es schwierig zu springen. Da muss man seine Sachen zusammen haben. Das ist bei mir nicht der Fall." Beim Zuschauen hat man bei jedem Sprung, bei jedem Interview das Gefühl, Schmitt würde einfach nur noch unter seinem Leistungssportlerdasein leiden.

Martin, die Liebe zum Sport in allen Ehren, aber lass uns und Dir doch einfach die Erinnerungen an großartige Triumphe und sag dem Skispringen langsam und in Würde Lebewohl! Und erfreu Dich mit allen Fans an Deutschlands neuem Siegspringer Severin Freund!

+ Langlaufmacht Norwegen

Bei den Langläufern haben die Norweger in dieser Saison mal wieder alles in Grund und Boden gerannt. Als logische Konsequenz holten Marit Björgen und Petter Northug zusammen fünf WM-Goldmedaillen. Insgesamt standen die Norweger bei zwölf WM-Rennen siebenmal ganz oben auf dem Treppchen.

Nicht überraschend also auch die tolle Stimmung bei der WM in Oslo. "Als Trainer habe ich so ein Volksfest wie hier noch nie erlebt. Es war gerade an der Strecke eine Stimmung, wie sie nirgendwo anders besser sein kann", sagte Deutschlands Bundestrainer Jochen Behle nach den Titelkämpfen.

- Zweimal Bronze also?!

Die alpine Ski-WM in Garmisch war eine toll organisierte Veranstaltung - aber das sind ja alle von den Deutschen gewöhnt - und mit Sicherheit eine Stütze für die Olympiabewerbung Münchens. Der Deutsche Ski-Verband hat durch Maria Riesch zwei Bronze-Medaillen geholt, mit leeren Händen musste man die (kurze) Heimreise also auch nicht antreten.

Aber sind wir mal ehrlich: Toll war das doch auch nicht! Natürlich kam auch Pech dazu: Maria Riesch war krank und landete im Slalom zudem noch auf dem undankbaren vierten Platz, Mitfavoritin Kathrin Hölzl konnte wegen Rückenproblemen den Riesenslalom nicht beenden. Über die Leistung der deutschen Männer breiten wir an dieser Stelle einfach mal den Mantel des Schweigens.

Alles in allem: Von der Ski-Nation Deutschland wäre einfach mehr zu erwarten gewesen.

+ Deutschlands Kombinierer-Nachwuchs

Langlauf: nein. Skispringen: naja. Aber wenn man beides zusammenmischt, ist Deutschland wieder eine Weltmacht. Die nordischen Kombinierer haben uns in diesem Winter wirklich viel Freude gemacht.

Bei der WM in Oslo holten die Jungs von Bundestrainer Hermann Weinbuch inklusive zweier Staffeln sechs von acht möglichen Medaillen und feierten damit das beste Abschneiden eines deutschen Kombinierer-Teams in der WM-Geschichte. Auf den Plätzen vier, sechs, sieben und neun klassierten sich zudem vier DSV-Athleten in den Top Ten des Gesamtweltcups.

Für den Bundestrainer war es übrigens die letzte Saison im Amt, doch er hinterlässt für seinen Nachfolger ein bestelltes Feld. Der könnte übrigens Ronny Ackermann heißen. Der Routinier beendet seine Karriere. Aber mit Frenzel, Edelmann, Rydzek und Kircheisen muss uns um die Zukunft nicht bange sein.

- Langlaufentwicklungsland Deutschland

Man muss sich ja nicht unbedingt mit den übermächtigen Norwegern vergleichen, aber zumindest eine einzige WM-Medaille wäre schon schön gewesen. Aber nein, die DSV-Damen liefen völlig unter ferner liefen, bei den Männern war zumindest Tobias Angerer mit Platz sechs über 50 km nah dran am begehrten Edelmetall.

Am Ende sprechen Bundestrainer Behle und seine Athleten von Problemen mit Verletzungen und Krankheiten und natürlich von falschen Saisonvorbereitungen. Einer hat aus dem letzten Punkt schon seine Konsequenzen gezogen. Tobi Angerer kündigte an, seine Vorbereitung auf die nächste Saison selbst gestalten zu wollen. Ob's was hilft?

+ Die österreichischen Adler

Vor den Leistungen der österreichischen Skispringer kann man dieser Tage nur den Hut ziehen. Nicht nur, dass mit Thomas Morgenstern der Sieger von Gesamtweltcup und Vierschanzentournee aus dem Land der Berge kommt. Auch bei der Weltmeisterschaft stand bei allen vier Entscheidungen Österreich auf dem Podest ganz oben.

Angesichts so einer Dominanz darf man sich als deutscher Fan ruhig auch mal über Kleinigkeiten freuen. Durch den Sieg des Norwegers Tom Hilde in Bischofshofen gibt es nach wie vor nur einen einzigen Athleten, der sämtliche Springen der Vierschanzentournee in einem Winter gewonnen hat: Ex-DSV-Adler und Neu-Rennfahrer Sven Hannawald.

- Pleite der deutschen Rodel-Damen

Am 12. Februar gewann die Kanadierin Alex Gough den Rodel-Weltcup im russischen Paramonowo. Nichts Besonderes, dachte sich vielleicht mancher nicht so rodel-affine Zuschauer - von wegen.

Goughs Sieg bedeutete die erste Niederlage der deutschen Schlitten-Damen seit rund 13 Jahren und 106 Rennen. Schämt euch, Mädels!

Ihr braucht auch gar nicht denken, dass Tatjana Hüfners vierter Gesamtweltcupsieg in Serie oder ihr WM-Titel diese Blamage so ohne weiteres vergessen lassen. Sowas wollen wir nicht nochmal erleben!

+ Stehaufmännchen Claudia Pechstein

Was wirklich war, wird man wohl nie erfahren. Hat Claudia Pechstein nun (wissentlich) gedopt, oder nicht? Hat sie vielleicht wirklich eine Blutanomalie, wie eine Untersuchung der vergangenen Wochen beweisen soll?

Fakt ist: Sollte sie gedopt haben, hat sie ihre Sperre abgesessen und jeder hat eine zweite Chance verdient. Und dass sie immer noch eine Weltklasse-Eisschnellläuferin ist, hat sie bei der Einzelstrecken-WM in Inzell eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Bronze über 5000 m ist schon stark, interessanter noch, dass vorher noch nie eine 39-Jährige bei einer WM eine Einzelmedaille geholt hat. Mit 54 Medaillen bei Olympia, WM und EM ist Claudia Pechstein die erfolgreichste Athletin aller Zeiten. Chapeau!

- Die Sturzserie der Alpinen

Zum Abschluss ein ernsteres Thema, aber ein extrem wichtiges. Die vielen schweren Stürze bei den alpinen Skirennläufern im vergangenen Winter geben nämlich doch ein bisschen zu denken. Ist das Maximum erreicht? Müssen Sprünge über 60 oder 70 Meter in einer Herren-Abfahrt wirklich sein? Geht im Zweifel nicht die Sicherheit der Athleten vor dem Spektakel für die Zuschauer?

Stürze wie den von Hans Grugger in Kitzbühel oder von Mario Scheiber in Chamonix wollen bestimmt weder die Ski-Fans noch die Verantwortlichen und schon gar nicht die Läufer im nächsten Winter wieder erleben müssen.

Also, liebe Herren bei der FIS, denkt doch bitte mal drüber nach!

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