Ein Leben für Adrenalin und Kaiserschmarrn

Von Bärbel Mees
Lindsey Vonn, hier mit Ehemann Thomas, ist kein Dauergast auf roten Teppichen
© Getty

Lindsey Vonn ist die derzeit beste Rennläuferin im Skizirkus und die große Hoffnung der Amerikaner für die Olympischen Spiele in Vancouver. Und Vonn selbst hat Großes vor, schließlich träumte sie schon als kleines Mädchen im bergarmen Minnesota von einer Karriere auf der Piste.

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Lindsey Vonn gibt immer alles. Vor allem aber Vollgas. Egal ob auf der Piste oder im Leben. Halbe Sachen kommen für sie nicht in Frage. Mit Ehrgeiz und Sturheit wurde aus dem kleinen Mädchen aus dem bergarmen Minnesota die derzeit beste Rennläuferin im Skizirkus.

Ihre Liste der Erfolge ist lang. Zweimal in Folge den Gesamt-Weltcup gewonnen, zweimal WM-Gold, 24 Weltcupsiege - zwei davon am vergangenen Wochenende in Lake Louise. Gewonnen hat sie schon fast alles. Was fehlt, ist eine Medaille bei Olympia. Und die Amis erwarten von ihr nicht nur eine, sondern fünf.

Verrückt macht sie sich deswegen nicht. Sie fährt immer so gut sie kann. Und meistens reicht das. "Ich träume von den Olympischen Spielen, seit ich ein kleines Mädchen bin. Ich freue mich wirklich auf Vancouver. Die Vorbereitungen laufen gut, und ich habe so hart gearbeitet, wie ich konnte."

Ehemann Thomas ist eine große Hilfe

Zweimal hat sie an Olympia schon teilgenommen, beide Male ohne Medaille, beide Starts kamen zu früh. Inzwischen ist sie 25, technisch gereift und fährt mittlerweile nicht nur nach Gefühl, sondern mit einer Strategie. Früher riskierte sie oft zuviel und schied in Führung liegend aus. Seit sie mit Kopf fährt, ist sie vor allem in den Speed-Disziplinen kaum noch zu schlagen.

Grund ist ihr Ehemann Thomas, selbst ehemaliger Skirennläufer: "Ich kann mich dank ihm ganz auf den Sport konzentrieren. Er kommt zu all meinen Rennen, er tröstet mich, motiviert mich oder lenkt mich ab, wenn es mal nicht so gut läuft."

Er hat ihr auch beigebracht, mehr mit Kopf und weniger mit Herz zu fahren. Nicht volles Risiko zu gehen, sondern auf Taktik zu setzen. Und vor allem die Ideallinie zu finden. "Zuerst fand ich es schwierig, die gesteckten Rennen zu lesen und die Ideallinie zu finden. Thomas war eine Riesenhilfe beim Inspizieren der Kurse", gibt sie zu.

Mit neun steht ihr Berufsziel fest

Skifahren hat Lindsey Vonn gelernt, wie andere Kinder auch: Durch Hinfallen und wieder Aufstehen. Aber im Gegensatz zu anderen beschloss sie im Alter von neun Jahren, Profi-Skifahrerin zu werden und ihrem Vorbild Picabo Street nachzueifern.

Im selben Jahr startet sie erstmals bei internationalen Rennen und gewinnt mit 14 das Trofe Topolino Rennen. Ein Jahr später wird sie amerikanische Vizemeisterin in der Abfahrt. Ab da ist sie nicht mehr zu halten.

Mit 16 gibt sie ihr Weltcup-Debüt, doch die ersten beiden Jahre fährt sie nur einmal in die Weltcup-Punkte. Aber Lindsey Vonn bleibt stur und gibt nicht auf. Sie fährt immer schneller, wird vielseitiger, zeigt Konstanz und gewinnt endlich ein Rennen nach dem nächsten.

Vonn: "Gebe mein Leben für den Sport"

Aber auch ihr fällt der Erfolg nicht in den Schoß. Sie trainiert hart, ohne Kompromisse, ohne Ausreden. Oft steht sie morgens um sechs im Kraftraum und stemmt Gewichte. Sechs bis sieben Stunden pro Tag verwendet sie im Sommer für das Krafttraining auf. Weil sie weiß, dass sich alles, was sie im Sommer reinsteckt, im Winter auszahlen wird.  "Ich gebe mein Leben für den Sport. Ich arbeite so hart, um meine Ziele zu erreichen. Ich will es so sehr, mehr als alles andere."

Sie ist ehrgeizig, aber nicht verbissen. Anders als bei anderen geht es bei ihr nicht um Leben und Tod. Rückschläge sieht sie als Chance, nicht als Krise. Fällt sie hin, steht sie auf, fliegt sie aus dem einen Rennen, gewinnt sie eben das nächste.

Und sie liebt die Schnelligkeit. Auf der Straße genauso wie auf der Piste. Zweimal hat sie in den USA deshalb bereits ihren Führerschein verloren. Die Schnelligkeit liegt ihr im Blut. Angst? Kennt sie nicht.

"Ich habe keine Angst vor der Geschwindigkeit. Ich liebe sie. Die Geschwindigkeit und das Adrenalin  - dafür lebe ich!"

Titel der Speed-Queen bleibt bei Götschl

Trotzdem, den Titel Speedqueen will sie nicht tragen. "Renate Götschl ist die Speed-Queen, diesen Titel will ich ihr nicht wegnehmen. Sie hat so viel erreicht in ihrer Karriere. Ich bewundere sie für alles, was sie geschafft hat."

So kennt man Lindsey Vonn: Bescheiden, auf dem Boden geblieben und das trotz Medienzirkus, trotz Hype um ihre Person. Statt Stilettos trägt sie Sneakers, statt auf Galas zu gehen, liegt sie auf ihrer Couch und schaut "Law&Order". Vor den Rennen spielt sie Nintendo und geht nach dem Sieg mit dem Preisgeld shoppen.

Und sie liebt Kaiserschmarrn. "Den könnte ich täglich essen. Täte ich es, würde ich bald über die Pisten rollen, nicht mehr fahren. Ich habe in den USA versucht, für meine Eltern Kaiserschmarrn zu machen, aber es ist total schiefgegangen. Immerhin mache ich sehr gut Wiener Schnitzel".

Weihnachten bei den Rieschs

Zeit, ihre Familie in den USA zu besuchen, hat sie selten. Selbst an Weihnachten bleibt sie in Europa. Die paar freien Tage bis zum nächsten Rennen verbringt sie mit ihrem Mann Thomas bei ihrer Ersatzfamilie: Den Rieschs.

"Die Rieschs sind meine zweite Familie geworden. Marias Mutter ist großartig, sie fragt: "Kann ich dir die Wäsche machen? Irgendetwas abnehmen? Magst du einen Kaffee?" Sie ist wie meine Mutter, und es ist schön, eine solche Beziehung zu haben."

Lindsey Vonn und Maria Riesch sind auf der Strecke Konkurrenten, aber im Leben beste Freunde. Selten im Profisport. "Es gibt doch Wichtigeres auf der Welt als sportlichen Erfolg", sagt Vonn dazu nur.

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