Neuner: "Das war totaler Weltuntergang"

Von Interview: Alexander Mey
Magdalena Neuner ist WM-Titelverteidigerin in Massenstart, Staffel und Mixed-Staffel
© Imago

Magdalena Neuner hat bei der Biathlon-WM in Südkorea ab Samstag eine unglaubliche Serie von jeweils drei Goldmedaillen bei den vergangenen beiden Titelkämpfen zu verteidigen. Gleichzeitig muss sie aber auch ihr Debakel beim Stehendschießen in Antholz verkraften und sich mit den neuesten Dopingfällen bei der russischen Konkurrenz auseinandersetzen.

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Im Interview mit SPOX macht Neuner keinen Hehl aus ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung über den Betrug ihrer Gegnerinnen und liefert Erklärungen für den Massenstart in Antholz, bei dem sie vor dem letzten Schießen haushoch führte und dann alle fünf Scheiben im Stehendschießen verfehlte.

Außerdem äußert Neuner Urlaubswünsche und enthüllt, welche Promis sie gerne einmal auf der Couch bei "Wetten dass...?" treffen würde.

SPOX: Erste Frage: Wonach soll ich auf keinen Fall fragen?

Magdalena Neuner: Nach dem Schießen vielleicht. Wenn ständig darauf rumgehackt wird, ärgere ich mich schon. Viele Leute, die mich danach fragen, haben nämlich wenig Ahnung davon, weil sie noch nie an einem Schießstand standen.

SPOX: Dank Bundeswehr stand ich dort schon einmal. Trotzdem müssen Sie mir erklären, warum Sie in Antholz beim Stehendschießen alle fünf Scheiben verfehlt haben.

Neuner: So etwas ist schon vielen Biathleten passiert. Irgendwie war in dieser Situation totaler Weltuntergang. Ich hatte eigentlich jede Menge Zeit und war auch total ruhig. Dann haben mich aber die ersten beiden Fehlschüsse aus dem Konzept gebracht. Als dann der dritte Fehler dazukam, schoss das Adrenalin in meinen Körper, ich habe angefangen zu zittern und war total verkrampft. Ab dann ging gar nichts mehr.

SPOX: Vor der Saison waren Sie froh, endlich die Angst beim Stehendschießen besiegt zu haben. Ist diese Angst jetzt wieder da?

Neuner: Nein. Ich habe keine Angst vorm Schießen, die hatte ich auch in Antholz nicht. Ich weiß schließlich, dass ich es kann, sonst hätte ich vorher nicht dreimal null Fehler geschossen. Ich muss das jetzt abhaken. Für irgendetwas war es vielleicht sogar gut, möglicherweise macht es mich noch stärker. Auch solche Erfahrungen gehören dazu.

SPOX: Damit ist die Sache erledigt?

Neuner: Ich habe mir selbst viele Gedanken über mögliche Gründe gemacht.  Sicher lag es auch an der enormen Belastung durch die Wettkämpfe in Oberhof, Ruhpolding und Antholz kurz hintereinander. Mental war ich beim ersten Rennen in Oberhof sicher stärker als beim letzten in Antholz.

SPOX: Machen Sie das alles mit sich selbst ab oder berät Sie ein Sportpsychologe?

Neuner: Wir haben keinen Sportpsychologen. Ich habe aber auch so genug kluge Ratschläge bekommen, gegen die ich mich irgendwann nicht mehr wehren konnte. Dagegen bin ich mittlerweile sehr allergisch, denn ich mache mir schon selbst genug Gedanken darüber.

SPOX: Also an dieser Stelle keine weiteren Ratschläge.

Neuner (lacht): Danke!

SPOX: Dafür müssen wir aber über Doping reden. Vor der WM 2008 gab es letztlich haltlose Vorwürfe gegen die Deutschen. Nun wurden drei russische Top-Athleten positiv getestet, darunter Medienberichten zufolge Ihre Konkurrentinnen Jekaterina Juriewa und Albina Achatowa.

Neuner: Zwischen den beiden Vorfällen gibt es einen großen Unterschied. Im Gegensatz zu uns damals ist bei den Russen offenbar definitiv etwas im Busch. Das ist auf der einen Seite schädlich für das Ansehen des Sports, auf der anderen Seite ist es aber gut, dass es herausgekommen ist. Dafür muss man die WADA und die NADA loben. Endlich ist mal jemand erwischt worden.

SPOX: Sind Sie sauer auf die beschuldigten Kolleginnen?

Neuner: Sauer und auch enttäuscht. Man geht nach einem Rennen zu ihnen und gratuliert ihnen auf dem Siegerpodest ehrlich und sie lächeln einem ins Gesicht. Da hat man danach schon ein mulmiges Gefühl im Bauch.

SPOX: Kommen wir zurück zum Sportlichen. Ihre Zielsetzung für die WM haben Sie klar formuliert - mindestens einmal Gold.

Neuner: Das Ziel steht noch. Ich hatte in Ruhpolding eine sehr gute Vorbereitung. Läuferisch bin ich topfit und auch das Schießen hat wieder sehr gut funktioniert. Die Strecken in Korea sind sehr anspruchsvoll, das sollte mir eigentlich liegen. Ich freue mich drauf.

SPOX: Nur auf die Wettkämpfe oder auch auf Land und Leute?

Neuner: Bisher habe ich noch nicht viel von Korea gesehen. Beim Weltcup im vergangenen Jahr war außer Hotel und Wettkampfstätten nicht mehr drin. Dieses Mal haben Kathrin Hitzer und ich schon abgemacht, dass wir uns ein bisschen mehr ansehen wollen. Ich bin sehr offen und freue mich darauf. Die Leute waren schon im vergangenen Jahr sehr freundlich.

SPOX: Ist Südostasien ein Traumziel von Ihnen oder gibt es andere Lieblings-Urlaubsorte?

Neuner: Ich bin eher für die andere Richtung zu haben. Amerika und Kanada interessieren mich mehr als Asien.

SPOX: Ein Ziel für den diesjährigen Sommerurlaub? 2008 ging es auf die Seychellen.

Neuner (lacht): Das verrate ich nicht. Ich wollte es auch im letzten Jahr schon für mich behalten, habe mich dann aber verplappert.

SPOX: Geht es denn bei erfolgreicher WM vorher wieder zu "Wetten dass...?" auf die Couch?

Neuner: Noch haben wir keine Einladung.

SPOX: 2008 haben Sie auf besagter Couch neben Paris Hilton gesessen. Welchen Promi würden Sie denn im Fall einer Wiederholung gerne treffen?

Neuner: Ich habe eigentlich keinen Lieblings-Promi. Aber ich habe gerade neulich einmal "Wetten dass...?" gesehen, und bei dieser Sendung hätte ich auch gerne auf der Couch gesessen.

SPOX: Weil wer da war?

Neuner: Tom Cruise war da. Und Til Schweiger, den finde ich auch nicht schlecht. Mit dem kann ich mich wenigstens auf Deutsch unterhalten (lacht).